Blackout - Kein Entrinnen
in das Allerheiligste ihres geistesgestörten Experiments vorzulassen? Andrerseits musste jedem, der mich sah, klar sein, dass ich ein Klon war. Vielleicht befand ich mich auch in einem Gebäudeflügel, zu dem niemand Zutritt hatte, der nicht eine entsprechende Erlaubnis besaß. Ich durchquerte das Zimmer und blieb dicht vor dem langen Vorhang stehen. Wollte ich es wirklich wissen?
Hatte ich eine Wahl? Ich streckte die Hand aus, fasste den Stoff und zog den Vorhang auf.
Probandin 8c schwamm friedlich in ihrem Becken, schlafend und ahnungslos. Das Fenster zum Zimmer von 8b war offen. Sie lag auf ihrem Bett und hatte Kopfhörer auf. Sie waren noch dabei, sie zu konditionieren, und implantierten ihr vermutlich die unterbewussten Erinnerungen, die sie aus dem geschädigten Gehirn der ursprünglichen Georgia Mason nicht hatten extrahieren können – vielleicht implantierten sie ihr aber auch ganz neu geschaffene Erinnerungen als Ersatz für die, die sie nicht bewahren wollten. Wut kitzelte mich im Rachen und verscheuchte die Reste meiner Furcht. Sie war mein Ersatz. Dies war der Grund, weshalb ich abgeschaltet werden sollte. Ihre steuerbare Georgia Mason.
»Scheiß drauf«, murmelte ich und wandte mich ab, um das Labor in Augenschein zu nehmen.
Ich bin nicht das Technikgenie, das Buffy gewesen ist. Ich bin noch nicht einmal auf dem Niveau von Alaric oder Dave. Aber immerhin bin ich das Mädchen, das mit der ersten Irwin der Welt als Mutter und mit einem selbstmörderischen Idioten als bestem Freund und Bruder aufgewachsen ist. Da bekommt man zwangsläufig etwas vom Irwin-Geschäft mit, unter anderem die Kunst, Sprengstoffe zu improvisieren. Es ist erstaunlich, wie viele Dinge aus der Grundausstattung eines biochemischen Labors explosiv sein können, wenn man sich entsprechend Mühe gibt und nicht Schiss hat, seine Finger zu verlieren.
Niemand kam herein, während ich in einem Becher ein paar instabile Chemikalien zusammenmixte. Darüber war ich erleichtert, denn ich wollte niemanden erschießen. Nicht wegen des Menschenlebens – da ich im Begriff stand, massive Löcher in das Gebäude zu sprengen, wären Skrupel wegen einiger Pistolenschüsse albern gewesen –, sondern weil ich keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen wollte. Im Gegensatz zu unserem Freund, dem Scharfschützen, hatte ich nämlich keinen Schalldämpfer. Aus zerrissenen Tüchern machte ich mir Zündschnüre, und in einem der Schränke fand ich altmodische Streichhölzer. Manche Dinge werden einfach weiterhin gelagert, ganz gleich, wie sehr die Wissenschaft fortschreitet.
Am Ende hatte ich acht Sprengsätze, die ohne einen Funken keine Wirkung zeigen würden. Zwei platzierte ich am Fuß des Beckens und zwei weitere am Fenster zu dem Zimmer, in dem 8b schlief. Ich hätte mich dabei gern schlecht gefühlt. Ich würde ihnen das Leben nehmen, obwohl sie niemandem Unrecht getan hatten. Aber es war nicht ihr Leben. Es war meines, denn ich war Georgia Mason ähnlicher, als sie es jemals sein würden. Es mochte egoistisch sein, aber wenn ich schon sterben musste, dann würde ich es wenigstens im Bewusstsein tun, dass keine Kopie von mir auf ihren Einsatz wartete.
Die restlichen vier Sprengsätze verteilte ich in den vier Ecken des Labors, wo sie hoffentlich ein paar Wände einreißen und für weiteres Chaos sorgen würden. Verdammt, es war den Versuch einfach wert, und ich hatte nicht mehr viel zu verlieren.
»Das war’s dann mit euch«, sagte ich und zündete das erste Streichholz an.
Es existiert keine Anleitung, wie man aus den Utensilien in einem Labor der Seuchenschutzbehörde eine Zündschnur baut. Ich hatte keine Ahnung, wie lange sie brennen würden – oder ob sie überhaupt brennen würden. Vielleicht würde es statt des großen Knalls nur ein sachtes Puffen geben. Doch ich wollte nicht hierbleiben, um das herauszufinden. Nachdem ich die dritte Zündschnur in Brand gesteckt hatte, drehte ich mich um und stürmte zur Tür.
Zur geschlossenen Tür.
»Ach du Scheiße«, sagte ich. »Das darf doch nicht wahr sein. Das darf nicht wahr sein!« Mit den Handballen trommelte ich gegen die Tür. »Lass mich raus, du beknackte Maschine!«
»Bitte erläutern Sie die Art ihres Anliegens«, sagte die Sicherheitsanlage.
»Äh …« Ich erstarrte für einige kostbare Sekunden, bevor ich herausplatzte: »Das Becken wurde beschädigt. Ich muss Dichtungsmittel holen, dringend, sonst bedeutet dies das Ende des Experiments.«
»Bitte nennen Sie die Art der
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