Blackout - Kein Entrinnen
gut geschlafen, und vielleicht werde ich das auch nie mehr.
Buch 4
Reserven
Okay, das war’s. Schluss mit dem netten Kerl von nebenan, los geht’s mit dem schwer bewaffneten, stinksauren Journalisten.
SHAUN MASON
Das Gefährliche an der Wahrheit ist die Art und Weise, in der sie sich je nach Blickwinkel verändert. Des einen gottgegebene Wahrheit ist des anderen ketzerische Lüge. Das Gefährliche an uns Menschen hingegen ist unsere Neigung, jeden zu töten, dessen Wahrheit sich nicht mit unserer verträgt. Und das Gefährliche an mir ist, dass ich schon einmal gestorben bin und einen Scheiß drauf gebe.
GEORGIA MASON
Hast du mich vermisst?
Aus Unschöne Bilder , dem Blog von Georgia Mason,
2. August 2041. Nur intern veröffentlicht.
Ja.
Aus Anpassen oder Sterben , dem Blog von Shaun Mason,
2. August 2041. Nur intern veröffentlicht.
Shaun: 26
Die Wachleute des Agora lächelten beflissen, als sie uns entgegenkamen. »Willkommen zurück im Agora«, sagte derjenige vor Becks’ Fenster und hielt ihr eine Bluttesteinheit hin. »Wenn Sie so freundlich wären …«
»Wir brauchen eine vierte Einheit«, sagte ich und reckte den Hals, um zwischen den Sitzen hindurch durchs Fenster schauen zu können. George schlief noch immer in meinen Armen, die Finger fest in den Stoff meines Hemds gekrallt.
»Oder wir erschießen sie einfach schnell«, sagte Becks ausgesucht freundlich.
Mahir hob die Hand, bevor ich etwas erwidern konnte. »Niemand mit sauberem Testergebnis wird erschossen. Könnten wir bitte eine vierte Testeinheit haben?«
»Selbstverständlich, Sir«, sagte der Wachmann unbeeindruckt. Offenbar fuhren hier öfter Leute mit schmutzigen, in Mitleidenschaft gezogenen Frauen in OP-Klamotten der Seuchenschutzbehörde vor.
»George.« Ich rüttelte sie an der Schulter, aber sie reagierte nicht darauf. Ich schüttelte sie erneut, diesmal ein bisschen kräftiger. »Georgia, wach auf.«
»Gibt es Probleme, Mason?«, fragte Becks.
»Nichts, was ich nicht im Griff hätte«, erwiderte ich. Ich beugte mich hinab, bis mein Mund nur wenige Zentimeter von Georges Ohr entfernt war, und sagte: »Wenn du nicht sofort aufwachst, nehme ich eine Flasche Wasser aus dem Reisekühlschrank und schütte sie dir über den Rücken. Das wird dir nicht gefallen, aber das ist mir egal. Nur falls du noch Zweifel hast.«
Sie schlug die Augen auf. Mir blieb Zeit für den fast klugscheißerischen Gedanken, dass mein Wahnsinn trotz allem nützlich war. Meine Halluzinationen hatten mich an eine George ohne retinales KA gewöhnt, und nun hatte ich es tatsächlich mit einer zu tun. Dann lächelte sie, und all meine Gedanken waren wie weggeblasen außer dem einen: dass ich sie festhalten und nie wieder loslassen wollte.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich deine Drohungen beim Wecken vermisst habe.« Sie löste die Finger von meinem Hemd, setzte sich auf und sah sich im Wagen um. Als sie die bewaffneten Wachleute durchs Fenster schauen sah, die geduldig warteten, bis wir soweit waren, versteifte sie sich. »Shaun? Wo sind wir?«
»Vor unserem Hotel. Es ist eine lange Geschichte. Kannst du dich aufsetzen, damit sie einen Bluttest machen können?« Als ich den alarmierten Ausdruck in ihren Augen sah, fügte ich rasch hinzu: »Dieses Hotel hat eine Sicherheitsanlage, die Buffy tagelange Orgasmen beschert hätte. Sie werden die Ergebnisse nicht weitergeben. Sie wollen lediglich sicherstellen, dass wir sauber sind, bevor sie uns durchs Tor lassen.«
»Wenn du meinst«, sagte sie zögerlich.
»Versprochen.« Ich küsste sie auf die Stirn, bevor ich die seitliche Hintertür aufmachte. Dort wartete ein weiterer Wachmann, der in jeder Hand eine Testeinheit hielt. Ich schenkte ihm ein Lächeln, das er nicht erwiderte. »Hallo, mein Freund! Ist es Zeit zu beweisen, dass wir die anderen Gäste nicht auffressen wollen?«
»Im Agora herrscht strenger Antikannibalismus«, erwiderte er und hielt uns die Einheiten hin. Sein Blick wanderte kurz zu Georges blutigen Füßen. Er bemerkte sie zwar, sagte aber kein Wort. Falls wir uns in Gefahr begeben wollten, durften wir das ruhig tun, solange wir nur keine Infektion einschleppten. Diese Einstellung konnte ich respektieren.
»Wir sind gut darin«, sagte ich und beugte mich vor, um eine Testeinheit zu nehmen. George griff nach der anderen. »Auf drei?«
Die Andeutung eines Lächelns huschte über Georges Züge. »Auf drei«, bestätigte sie. »Eins.«
»Zwei.«
Keiner von uns beiden
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