Blackout - Kein Entrinnen
aufzublicken. Ihre Finger huschten mit der Geschicklichkeit einer Künstlerin über den Bildschirm, ich konnte allerdings nicht sehen, was sie tat. »Wenn ich gewettet hätte, hätte ich verloren.«
»Wir sind wegen unserer Ausweise hier«, sagte Becks. »Wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt.«
»Oh, ich weiß. Das wusste ich gleich, als die Wanze die ersten Daten übermittelt hat. Es sind furchtbar böse Jungs und Mädchen in der Seuchenschutzbehörde. Das wird ihnen noch leidtun, wenn sie die Rechnung dafür bekommen. Leute umbringen, Leute klonen, Seuchen ausbrechen lassen … es wäre sie billiger gekommen, wenn sie ihre Schulden auf zivilisierte Weise beglichen hätten.«
Mir wurde eiskalt. Blind tastete ich nach Georges Hand und fragte: »Was meinst du damit? Welche Rechnung?«
Die Katze sah auf. Kurz erkannte ich an ihrem selbstzufriedenen, beinahe fremdartigen Gesichtsausdruck, wie sie zu ihrem Spitznamen gekommen war. »Wir sind nicht angestellt, Mason. Du kannst es mir nicht verübeln, dass ich mein Geld dort verdiene, wo ich es bekommen kann.«
»Du warst es.« In Mahirs Stimme schwang aufkeimendes Entsetzen. Ich wandte mich zu ihm um. Er starrte sie an, seine Augen traten hervor. »Eine Sache kam mir auf den Bändern aus Oakland immer komisch vor. Dr. Connolly ist mit einem von deinen Ausweisen gereist. Damit hätte sie eigentlich sicher sein müssen. Man hätte sie gar nicht verfolgen können. Wie kam es dann, dass der Seuchenschutz sie bereits weniger als zwei Stunden nach ihrer Ankunft geortet hat? Und weshalb hat man ihre Spur verloren, nachdem dieser erste Ausweis in Flammen aufgegangen war?«
»Ich weiß nicht«, sagte die Katze. »Warum sagst du es mir nicht? Du bist der Reporter. Du bist doch anscheinend der Schlaumeier.«
»Warte.« Becks wandte sich zu Mahir um. Die Schärfe in ihrem Ton gefiel mir gar nicht. »Willst du damit sagen, dass diese Frau Dave auf dem Gewissen hat?«
»Wenn du diese Frage beantwortest, bekommt ihr keine neuen Ausweise. Denk darüber nach.« Die Katze richtete den Blick wieder auf das Tablet, als ginge sie das alles nichts an. »Ihr seid hierhergekommen, weil ihr Ausweise für ein neues Leben wollt. Ihr habt Hochverrat begangen, weil ihr für diese Ausweise zu allem bereit wart. Wollt ihr jetzt wegen einer Sache aus der Vergangenheit das aufs Spiel setzen, wofür ihr bezahlt habt?«
»Vermutlich hängt das sehr stark davon ab, ob das, wofür wir bezahlt haben, uns zu Zielen eines Luftangriffs macht«, sagte ich.
Plötzlich drang eine leise, verblüffte Stimme von der Treppe herüber. »Kitty, was hast du getan?« Ich sah hinüber. Die Füchsin kam aus dem zweiten Stock herunter. Mit ihrer verwirrten Miene wirkte sie fast wie ein Kind, als wäre das, was gerade vorging, so weit außerhalb ihres Erfahrungshorizonts, dass es ans Unmögliche grenzte. »Hast du noch etwas Böses getan? Du weißt, was der Monkey gesagt hat. Was er mit dir tun wird, wenn du wieder etwas Böses anrichtest. Und du weißt doch noch, was er mit dem Wolf getan hat.«
»Geh wieder hinauf, Foxy«, sagte die Katze ruhig. »Schau dir in deinem Zimmer einen Film an. Ich bringe dir nachher Kekse rauf.«
Die Füchsin runzelte die Stirn. »Du hast mir nicht geantwortet.«
»Weil ich dir keine Antworten geben muss.«
»Nein, aber du musst dich vor mir verantworten.« Wir wirbelten alle zu der neuen Stimme herum, wobei Becks unwillkürlich nach der Waffe griff, die sie nicht bei sich hatte. Kurz verharrte ihre Hand an der Hüfte, dann ließ sie sie sinken.
Der Mann, der aus dem kurzen Gang hinter der Küche getreten war, sah uns milde an, als würden jeden Tag fremde Besucher in seinem Wohnzimmer sitzen. In seiner Branche war das vielleicht auch so.
»Mr. Monkey, nehme ich an?«, sagte ich.
»Nein, nein, Mr. Monkey war mein Vater.« Seine Stimme war so ausdruckslos, dass ich nicht sagen konnte, ob er scherzte oder nicht. »Sie müssen die Journalisten sein.«
»Ja, das sind wir«, sagte Mahir. »Leiten Sie dieses Unternehmen?«
»Ich bin nicht sicher, ob überhaupt jemand die Hirnschale leitet, aber wenn, dann bin das vermutlich ich.« In seinen Blick trat eine gewisse Schärfe, als er unseren zusammengewürfelten Haufen musterte. Ein Blick, der die vorige Zurückhaltung Lügen strafte. »Was soll ich jetzt mit Ihnen anfangen?«
Der Monkey sah so durchschnittlich aus, dass ich sein Gesicht bereits vergaß, während ich es noch betrachtete. Ein Weißer von durchschnittlicher
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