Blackout - Kein Entrinnen
Leibwächter?«
»Das ist einer der Gründe, weshalb ich Ihnen einen Besuch abstatte. Wir sind die Untersuchungsergebnisse durchgegangen und zu dem Schluss gekommen, dass ich in Ihren Räumen keine Wärter mehr brauche.« Dr. Thomas’ Lächeln wirkte so echt wie mein eigenes. Wer auch immer beschlossen hatte, ihn ohne Schutzmaßnahmen in mein Zimmer zu schicken, hatte ihn wohl nicht danach gefragt, was er davon hielt. Und ganz offensichtlich hielt er es für keine so gute Idee.
»Bedeutet das auch, Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass ich keine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle?«
»Nicht so hastig, Georgia. Das heißt lediglich, wir sind der Meinung, dass keine Gefahr einer spontanen Virenvermehrung besteht. Noch bleibt uns einiges zu tun, bevor wir sicher sein können, dass Ihr Körper auch außerhalb unserer Laborbedingungen vollkommen funktionstüchtig ist.« Mit einer Hand rückte Dr. Thomas seine Brille zurecht. Inzwischen wusste ich, dass das eine nervöser Tick von ihm war. »Auch wenn Sie sich womöglich nicht sonderlich geschützt fühlen, das ist die sauberste und sicherste Umgebung, in der Sie sich jemals aufgehalten haben dürften, das kann ich Ihnen versichern.«
»Auf jeden Fall ist es die langweiligste«, pflichtete ich ihm bei und drehte mich zu ihm um. Nach dem langen Sitzen im Schneidersitz taten mir bei der Bewegung die Beine weh. Das war gut. Denn auch wenn es so aussah, als täte ich nichts, spannte und entspannte ich in Wirklichkeit meine Muskeln, um sie zu trainieren, so gut es ging. Ein paar Mal hatte ich schon darum gebeten, in einen Fitnessraum gehen zu dürfen oder wenigstens ein Laufband zu bekommen. Bisher ohne Erfolg. Deshalb trainierte ich eben, wann und wie es unter den gegebenen Umständen ging.
Nie hätte ich gedacht, ich würde es Buffy noch einmal danken, dass sie Shaun und mich zu diesem dämlichen virtuellen Pilateskurs angemeldet hatte.
Schon der kurze Gedanke an Shaun war schmerzhaft. Ich verdrängte ihn. Noch immer klammerte ich mich fest an die Überzeugung, dass er lebte, doch das fiel mir immer schwerer, zumal Dr. Thomas mir brauchbare Informationen nach wie vor vorenthielt. Aber ich musste daran glauben, dass Shaun noch am Leben war. Ohne diesen Glauben hätte ich den Verstand verloren.
Vorausgesetzt, der Seuchenschutz raubte mir nicht vorher schon den Verstand.
»Ich dachte, man hätte Ihnen etwas zum Lesen gebracht?« Dr. Thomas warf einen bedeutungsvollen Blick auf mein Buch. »Danach haben Sie doch verlangt, oder nicht?«
»›Etwas zum Lesen‹ stand auch auf der Liste, ja. Aber ich habe auch verschiedene Autoren und Titel genannt, und nichts von dem, was man mir gegeben hat, ist auch nur annähernd das, was ich wollte.« Ich blies eine verirrte Haarsträhne aus meinem Gesicht. »Um einen Haarschnitt hatte ich ebenfalls gebeten. Irgendeine Ahnung, wann ich den vielleicht bekomme? Falls Sie Mühe haben, unter ihren Mitarbeitern jemanden zu finden, der schon einmal Haare geschnitten hat, können Sie mir auch einfach eine Schere in die Hand drücken, dann mache ich es selber.«
»Nein, ich fürchte, ich kann Ihnen keine Schere geben, Georgia, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie künftig keine derartigen Vorschläge mehr machen würden, es sei denn, Sie möchten ihre Privilegien gleich wieder verlieren.« Bestimmt sollte Dr. Thomas’ Stirnrunzeln väterliche Sorge ausdrücken. In letzter Zeit hatte er sich oft daran versucht und so getan, als sei er wie ein Vater an meinem Wohlergehen interessiert. Vielleicht hätte ich es ihm sogar abgenommen, wenn mein eigener Vater jemals ein solches Interesse an mir gezeigt hätte. So aber erreichte er damit nur, dass ich genervt war. »Um potenzielle Waffen zu bitten, ist kein Zeichen geistiger Stabilität.«
»Verzeihen Sie, dass ich widerspreche, Dr. Thomas, aber ich bin ein Klon, der im Amerika nach der Zombieplage lebt. Von daher bin ich ziemlich sicher, dass es ein schlimmeres Zeichen wäre, wenn ich nicht um potenzielle Waffen bitten würde. Und außerdem verlange ich keine Waffe, sondern einen Haarschnitt, und ich zeige Handlungsmöglichkeiten auf, falls sich niemand finden sollte, der bereit ist, mir die Haare zu schneiden.« Ich lächelte unentwegt. Das war besser, als zu schreien.
Dr. Thomas seufzte. »Ich sehe zu, was sich machen lässt. In der Zwischenzeit müssen Sie etwas für mich tun.«
Ich versteifte mich. »Was genau meinen Sie?«, fragte ich argwöhnisch.
»Zusätzlich zum üblichen
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