Blackout - Kein Entrinnen
ganz Georgia Mason.« Er drückte auf einen Schalter. Bevor sich der Mechanismus in Bewegung setzte, ertönte ein leiser Piepton, worauf das beruhigende tiefe Summen der Metallblende zu hören war, die sich wieder absenkte. Ich würde sie nicht länger ansehen müssen. Gott sei Dank.
»Aber ich bin auch nicht ganz Georgia Mason, oder?« Ich sah zu ihm auf. »Das kann ich nicht sein. Ich bin bereit zu glauben, dass der Seuchenschutz Menschen klonen kann. Verdammt, ich wusste seit Jahren, dass der Seuchenschutz Menschen klonen kann. Aber es gab doch keinen Speicher für meine … für ihre Erinnerungen. Also, wer bin ich?«
»Sie sind Georgia Mason.« Gregory trat von der Wand zurück und wieder in mein Blickfeld. »Das alles sollte beweisen, dass die Seuchenschutzbehörde den Tod besiegen kann. Den ganzen Wissenschaftskram verstehe ich nicht. Meine Gebiete sind Virologie und Industriespionage, nicht das Klonen von Menschen und Erinnerungstransfer. Aber ich habe Ihre Akten gesehen, und wenn Sie auch keine vollkommene Kopie Ihrer selbst sind, haben Sie doch eine Übereinstimmung von siebenundneunzig Prozent. Näher wird die Wissenschaft dem Ziel nicht kommen, Leute von den Toten zurückzuholen.«
»Aber wie ?«
»Durch neurale Momentaufnahmen.«
Ich musste eingestehen, dass es, soweit ich es verstand, – was nicht viel hieß –, Sinn ergab. Gedanken, Erinnerungen, alles, was einen Menschen ausmacht, besteht aus Elektrizität. Winzige Funken und Blitze, die im grauen Hirnschmalz als Code eingeschrieben werden. Das Kellis-Amberlee-Virus übernimmt uns zwar, konserviert das Hirn aber weit über den Punkt hinaus, der den Tod bedeutet. Es löst diese elektrischen Impulse immer wieder von Neuem aus. Sollte der Seuchenschutz einen Weg gefunden haben, Bilder dieser elektrischen Muster aufzunehmen und sie irgendwie auf ein unbeschriebenes Gehirn zu übertragen … könnte es funktionieren.
Ich schüttelte den Kopf und sah Gregory mit einem Stirnrunzeln an. »Wie können Sie nur so ruhig bleiben?«
»Wie können Sie es?«, konterte er. »Sie sind nicht die erste Georgia, die ich hierhergeführt habe, auch wenn Sie die mit der höchsten Übereinstimmung sind. Die höchste Übertragungsquote vor Ihnen war fünfundsiebzig Prozent. Sie fing an zu schreien, als sie den Klon sah, und hörte nicht mehr auf damit. Sie sind die Erste, die nicht geheult hat.«
»Das tue ich später, versprochen«, sagte ich und meinte es ernst. So etwas musste ich erst einmal verarbeiten, bevor ich richtig entsetzt sein konnte. »Wie nah ist sie dran? Wenn ich das Siebenundneunzig-Prozent-Mädchen bin, was ist sie dann?«
»Proband 8b wurde mithilfe eines modifizierten Konditionierungsverfahrens erstellt, das, sollte es volle Wirkung zeigen, zu einer Rate von vierundvierzig Prozent im Vergleich zum Original führen sollte. Allerdings mit einigen Änderungen im Verhalten«, sagte Gregory. »Sie wird so aussehen wie Sie. Sie wird sich so benehmen wie Sie …«
»Sie wird nie wie ich sein«, vollendete ich. »Wozu ist sie dann gut?«
Zum ersten Mal, seit wir das Labor betreten hatten, sah Gregory mich so an, als hätte ich etwas Falsches gesagt. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie das nicht wissen?«, fragte er.
»Nein. Woher sollte ich das …« Ich brach mitten im Satz ab, da ich plötzlich von einer schrecklichen Gewissheit erfüllt wurde. »Das würden sie nicht wagen.«
»Sie würden was nicht wagen?«
Seltsamerweise war das eine Wort, das ich herausbringen musste, schwerer als alle anderen. »Shaun?«
Gregory nickte. »Das ist ihr Plan. Sie bleiben so lange hier, wie Sie ihnen nützlich sind, während die andere dort platziert wird, wo er sie finden kann. Mr. Mason ist in letzter Zeit nicht sonderlich stabil, und sie sind einigermaßen überzeugt, dass er alles glauben wird, was man ihm sagt, solange er der Meinung ist, dass er sie dadurch zurückbekommt. Er wird keine Fragen stellen. Er wird kein falsches Spiel wittern. Er wird ihr einfach die Tür aufmachen und sie hereinlassen.«
Ich presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Vielleicht war ich nicht wirklich diejenige, die ich zu sein glaubte. Vielleicht war ich überhaupt niemand, wenn ich nicht Georgia Mason war. Doch ich teilte die DNS mit ihr und siebenundneunzig Prozent ihrer Persönlichkeit. Wer sonst sollte ich sein? Eines aber wusste ich mit absoluter Gewissheit: dass all das keine Rolle spielte, da diese Schweinehunde nicht meinen Gencode benutzen würden, um den
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