Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackout - Kein Entrinnen

Blackout - Kein Entrinnen

Titel: Blackout - Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
Vom Netzwerk:
Unschuld weniger. »Ich war noch nie eine gute Lügnerin.«
    Diese kleine Spitze saß. Dr. Thomas zuckte zusammen. Meinen Ruf als Newsie hatte ich mir aufgrund meiner Weigerung zu lügen erarbeitet. Zu Beginn meiner Karriere war ich wegen dieser Weigerung mehrmals gefeuert worden, weil man mich an Orten geschnappt hatte, an denen ich nicht hätte sein sollen, und ich keine auch nur halbwegs brauchbare Ausrede über den Grund meines Dortseins hatte vorbringen können. Im Ausdenken von Ausreden war ich nicht besser geworden. Ich ließ mich lediglich leichter von Shaun überreden, über Zäune mit der Aufschrift KEIN ZUTRITT zu klettern.
    Meine Erinnerungen an diese Jugendstreiche waren ungenau, als hätte ich sie so oft erlebt, dass sie ineinander verschwammen. So ging es mir mit vielen meiner frühen Erinnerungen, und zwar seit ich wieder aufgewacht war. Ich hatte versucht, mir einen Reim darauf zu machen. Nach dem, was Gregory mir in der Nacht zuvor gezeigt hatte, war ich einigermaßen sicher, die Erklärung zu kennen.
    Die Erinnerungen waren nicht etwa deshalb ungenau, weil die Dinge schon so lange her waren oder weil es eine Störung bei der Übertragung meines Bewusstseins in einen frisch geklonten Körper gegeben hatte. Die Erinnerungen waren ungenau, weil die Dinge niemals passiert waren. Zumindest nicht mir. Ich erinnerte mich an ein implantiertes Ereignis, das aus dem Geist einer Toten stammte. Ein gewisser Vertrauensverlust war da nur zu erwarten.
    In gewisser Weise wurde ich nun leichter mit Dr. Thomas fertig, da ich wusste, dass ich nicht wirklich die war, die ich zu sein glaubte. Und da ich wusste, dass Georgia Mason endgültig tot war und nie wieder zurückkehren würde. Ich lüge nicht gern. Das mochte ich noch nie. Und als ich noch ich selbst war, konnte ich es auch nicht gut. Nun aber, da ich eine andere war, die lediglich glaubte, sie wäre ich, erscheint mir Lügen als etwas, was sich zu lernen lohnen könnte. Damit handelte ich nicht gegen meine Prinzipien, denn in Wahrheit schuf ich meine eigenen und missachtete die einer Toten.
    Und wenn ich mir das oft genug einredete, glaubte ich es vielleicht am Ende sogar.
    Schließlich räusperte sich Dr. Thomas und sagte: »Bisher waren Ihre Untersuchungsergebnisse gut. Ich glaube, Sie werden stabiler.«
    »Schön für mich.«
    »Die Kollegen, die Ihren Fall aus der Ferne überwachen, sind sehr optimistisch. Sie erhalten hohe Bewertungen.«
    Nach Gregorys Enthüllung, dass ich nur als Ausstellungsmodell gebraucht wurde, hätte ich bei dieser Bemerkung am liebsten etwas in Stücke geschlagen. Ich kämpfte gegen das Bedürfnis an und fragte kühl: »Wird mich einer dieser Kollegen auch mal persönlich treffen?«
    Dr. Thomas schmunzelte in gespielter Belustigung. Das passte so wenig zu seiner üblichen Nervosität, dass ich ihn am liebsten in den Schauspielunterricht geschickt und ihm gleichzeitig eine gescheuert hätte. »Vizepräsident Cousins ist zu beschäftigt, um die Seuchenschutzbehörde wegen eines Klons zu besuchen, selbst wenn es sich um eine alte Freundin handelt.«
    Ich richtete mich gespannt auf, als ich die Bedeutung seiner Worte erfasste – alter Journalisteninstinkt. » Vizepräsident ? Rick? Mein Rick? Von Nach dem Jüngsten Tag ?«
    »Ah …« Dr. Thomas wirkte plötzlich unbehaglich, als ihm auffiel, dass er zu viel gesagt hatte. »Ja. Gouverneur Tate war ein weiteres unglückliches Opfer des Zwischenfalls, der Ihren vorzeitigen … Ich wollte sagen, der Zwischenfall, bei dem Sie …« Er geriet endgültig ins Stocken und wirkte noch verlegener.
    »Gestorben sind?«, schlug ich vor. »Ermordet wurden? Zur Märtyrerin gemacht?« Das war heute schon meine zweite Lüge. Ich hatte nämlich niemals eine Märtyrerin werden wollen. Ich hatte lange genug leben wollen, um Shaun zu Grabe zu tragen, wie lange er auch immer leben mochte, und ich hatte selbst entscheiden wollen, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise ich starb.
    »Ja.« Dr. Thomas nickte erleichtert. »Nach dem Tod des Gouverneurs wählte Präsident Ryman Ihren Kollegen, um ihn zu unterstützen. Er meinte, das sei das Mindeste, was er tun konnte, um Ihr Andenken zu ehren und der Bloggergemeinde zu zeigen, dass sie noch immer eine Stimme hatte.«
    Meine Schultern spannten sich noch mehr. Er sprach »Bloggergemeinde« so aus, wie andere »tote Ratte« sagen würden. Ich wählte meine Worte mit Bedacht und fragte: »Dann hat Ryman die Wahl gewonnen?«
    »Mit beträchtlichem Vorsprung.

Weitere Kostenlose Bücher