Blackout - Kein Entrinnen
Teammitglieder, Kelly Connolly, hatten wir meistens »Doc« genannt. Das war meine Idee gewesen, nicht ihre. Jetzt ist sie tot, wie so viele andere von uns. »Und wenn wir nicht am letzten Checkpoint vorbeikommen?«, fragte ich.
»Wenn man den Toten etwas abnimmt, ist das nicht plündern«, sagte Nathan unerbittlich. Er machte die Tür zum Gastraum auf und ging hinein.
»Das sind ja liebliche Töne …«, murmelte Becks.
In dem Fall Durno gegen Wisconsin war entschieden worden, dass die Toten mit dem Zeitpunkt ihres Todes das Anrecht auf Habseligkeiten, die sie am eigenen Körper führten oder die sich in ihrer unmittelbaren Nähe befanden, verloren, sodass man einem Zombie ganz legal sein Auto abnehmen und es zum eigenen erklären konnte. Im Lauf der Zeit ist dieses Urteil schon ein paar Mal ausgenutzt worden. Noch immer wird es, und vollkommen zu Recht, als die beste gerichtliche Entscheidung seit dem Erwachen angesehen. Ich meine, wer hat schon die Zeit, inmitten eines Zombieaufstands etwas schriftlich anzukündigen?
»Immerhin gibt es Kaffee.« Ich hielt die Schwingtür auf, die wieder zuzufallen drohte, und wie es mit einer schwungvollen Geste auf die Tür. »Ladys first.«
»Was, und Arschlöcher danach?«, fragte Becks – doch sie lächelte, als sie hineinging, und das war es, was ich hatte erreichen wollen. Ich folgte ihr in den erstaunlich hellen Innenraum. Die Fenster mussten getönt worden sein, damit man nicht so leicht sah, dass das Haus noch immer benutzt wurde. Das war naheliegend. Die Infizierten erkennen Licht zwar nicht als ein Zeichen für menschliche Behausungen, die Polizei tut das aber sehr wohl.
Das letzte Denny ’ s in Kalifornien hatte bereits vor Jahren geschlossen, als die neuen Hygienevorschriften für die Gastronomie gerade erst angeglichen worden waren. Die Einrichtung dieses Restaurants war wohl inzwischen stark verändert worden, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Gastraum eines »Familienrestaurants« Regale voller Munition und Krankenhausbetten gegeben haben soll. Ein paar der Sitznischen waren noch intakt, nur die kirschroten PVC-Polster hatte man teilweise mit Klebeband ausgebessert. Die meisten Sitzecken waren jedoch entfernt und durch zweckmäßige Metallregale ersetzt worden. Ungefähr die Hälfte der Regale war leer. Auf den anderen lagerten Snackkonserven, Erste-Hilfe-Kästen und Artikel des täglichen Bedarfs wie Toilettenpapier, Tampons und billiger Fusel.
Die Theke des ehemaligen Restaurants war auch noch zu sehen. Dahinter stand eine hochgewachsene Afroamerikanerin, die sich leuchtend rote Bänder in die Dreadlocks geflochten hatte und argwöhnisch dreinschaute. In jeder Hand hielt sie eine Pistole, und mit einiger Erleichterung stellte ich fest, dass die Läufe nach unten wiesen und nicht auf uns gerichtet waren. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sie keine Sekunde zögern würde, uns abzuknallen.
»Indy, das sind die Typen, die uns die Kameras gezeigt haben, als sie die alte Poststraße entlanggefahren sind«, sagte Nathan. »Sie behaupten, der Doc würde sie schicken. Sie müssen tanken.«
»Hi«, sagte ich. »Einen netten Laden hast du hier.«
»Hallo«, sagte Becks.
Indy runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen. »Wie lautet das Passwort?«, fragte sie.
Becks blinzelte. »Es gibt keins.« Dann erstarrte sie, verkrampfte sich. Mir ging es genauso. Falls diese Leute nach einem Vorwand gesucht haben sollten, uns abzuknallen, dann lieferten wir ihnen mit unserer Unwissenheit wahrscheinlich einen.
Jetzt mal langsam , sagte George. Schau dir ihr Gesicht an.
Indy lächelte. So sah sie weit weniger bedrohlich aus. »Da habt ihr’s. Wenn ihr nicht vom Doc kommen würdet, hättet ihr versucht, es zu raten. Willkommen in Shantytown.«
»Heißt dieser Ort so?«, fragte Becks.
»Quatsch, natürlich nicht. Sie heißen alle Shantytown. So kann niemand unsere Position verraten. Nathan meint, ihr braucht Benzin?«
»Was zu beißen wäre fein, aber Benzin ist unser dringendstes Anliegen«, sagte ich. Dann hielt ich meine Kiste in die Höhe. »Wir haben Verhütungsmittel mitgebracht.«
»Und Giftsumachcreme.«
Indy lachte. »Diese Dinge brauchen wir hier draußen meistens gleichzeitig. Kommt her, Kinder. Schauen wir uns eure Spielsachen mal an und sehen, ob wir uns über den Preis einigen können.«
Becks und ich wechselten einen erleichterten Blick und gingen zur Theke. Indy streckte die Hände nach der Kiste aus. Kurz spielte ich mit dem
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