Blackout - Kein Entrinnen
Nein. Ich habe nur …« Ich ließ den Satz unvollendet und sah zu, wie Berkeley draußen an uns vorbeiglitt. So verdammt oft hatte ich auf dieser Strecke auf dem Beifahrersitz gesessen. Jedes Mal, wenn wir irgendwohin mussten und George es wegen des Wetters nicht riskieren konnte, mit dem Motorrad zu fahren. Oder wenn wir dort Parkgebühren zahlen mussten. Nach Sonnenuntergang bestand sie darauf, selbst zu fahren, denn sie sagte, dass sie mit ihrem retinalen KA gegenüber meinen erbärmlichen, gesunden Augen einen Vorteil hatte. Deshalb saß ich immer auf dem Beifahrersitz und betrachtete Berkeley, wie es an uns vorbeirauschte. Müde, griesgrämig und vollkommen zufrieden mit der Welt. Vielleicht war es nur Nostalgie, aber ich konnte mich an keine Heimfahrt erinnern, bei der ich nicht glücklich gewesen war, neben Georgia im Wagen zu sitzen, wir beide noch am Leben, wir beide zusammen.
Schließlich sagte ich langsam: »George wusste so gut wie ich, wer die Masons waren – was sie waren. Aber sie wünschte sich, dass sie anders wären. Ich denke, dass sie geglaubt hat, sie würden über Phillip, ihren verunglückten Sohn, hinwegkommen und uns endlich lieben, wenn sie nur erst mit einer richtig großen Story, mit einer großen Wahrheit nach Hause kam.«
»Und du hast das nicht geglaubt?«
»Sie hätten uns nie geliebt. Deswegen mussten wir einander so sehr lieben, wie wir es getan haben.«
»Oh.«
Danach verfiel Becks in Schweigen, und ich war froh darum. Denn ich wollte den letzten Teil unserer Fahrt in Stille verbringen.
Das Navi führte uns nicht über die Straßen, die ich genommen hätte, denn es wählte die kürzeste Route, nicht die Strecke, die ein Einheimischer aufgrund seiner Kenntnis der Verkehrsverhältnisse und Ampeln fahren würde. Aber in gewisser Hinsicht war das gut so, denn es schadete mir nicht, eine andere Route zu nehmen. Ich lebte ohnehin zu sehr in der Vergangenheit, und ich brauchte meiner Neigung, mich für immer darin zu verkriechen, nicht noch zusätzlich Nahrung zu geben. Die Betriebe, die sich um Shattuck und Ashby zusammenballten, wichen den ausgelagerten Gebäuden der Universität von Berkeley, und schließlich sahen wir die niedrigen, dicht gedrängten Umrisse der Wohngegenden. Becks fuhr in die Einfahrt eines mir vertrauten Hauses. Die Fensterläden waren geschlossen, keine Außenbeleuchtung brannte.
»Und jetzt?«, fragte sie.
»Hier.« Ich kramte in meiner Tasche und zog die Schlüsselkarte hervor, die ich bei mir getragen hatte, seit wir von Dr. Abbeys Labor losgefahren waren. Ironischerweise war es nicht meine eigene. Mein Identifikationsschlüssel zum Haus der Masons war verloren gegangen, als Oakland gebrannt hatte. Dieser hier gehörte Georgia und war in ihrer kleinen schwarzen Kiste gewesen – das Einzige, was ich gerettet hatte, bevor die Bomben gefallen waren. Ich legte mir die Kette um den Hals, und indem ich mir die Scheibe auf die Haut drückte, schaltete ich sie ein. Ein zweimaliges Piepen zeigte an, dass die Scheibe in unmittelbarer Nähe ein Antwortsignal geortet hatte.
Über der Garage der Masons ging ein Licht an und blinkte zweimal als Antwort auf den Ortungsimpuls der Scheibe. Ohne weiteres Brimborium glitt das Tor sanft nach oben.
»Fahr hinein«, sagte ich auf Becks erstaunten Gesichtsausdruck hin. »Das Haus wurde schon vor Jahren darauf programmiert, diesen Wagen auch mit mehreren Insassen hineinzulassen. Diese Aufrüstung war so teuer, dass sich sicher niemand die Mühe gemacht hat, sie wieder aus dem Sicherheitsprogramm zu löschen.«
Es sei denn, sie waren richtig, richtig angepisst, als du dich geweigert hast, ihnen meine Dateien zu geben , sagte George. Es wäre ihnen zuzutrauen, dass sie es aus lauter Trotz getan hätten.
»›Hätten‹ ist nicht ›haben‹«, sagte ich.
Becks sah mich erneut stirnrunzelnd an und ließ den Motor an. »Könntest du bitte versuchen, nicht mit den Toten zu reden, solange wir hier sind? Ich will nicht, dass du erschossen wirst, nur weil es so aussieht, als würden die Viren dich verrückt machen.«
»Wegen der Virenvermehrung fängt man nicht an, Selbstgespräche zu führen.«
»Aber wenn du einmal infiziert bist, wird das auch nicht besser. Es gibt für alles ein erstes Mal.«
»Guter Einwand.« Als wir drin waren, fuhr das Garagentor wieder herab. Ich schnallte mich los. »Komm. Wir müssen an der Sicherheitsanlage vorbei, wenn wir ins Haus wollen.«
»Das dachte ich mir schon.«
Ich rechnete nicht
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