Blackout - Kein Entrinnen
damit, dass die Masons ihr Sicherheitssystem aufgerüstet hatten, und ich irrte mich nicht. Die beiden Testeinheiten waren immer noch am alten Platz. Auf beiden prangten die Standardwandtafeln für die Blutproben und die etwas teureren Anzeigebildschirme für die akustische Bestätigung. Becks und ich nahmen unsere Position ein. Über der Eingangstür leuchtete ein rotes Licht auf.
»Bitte identifizieren Sie sich«, sagte die farblose Computerstimme der Hausanlage.
»Shaun Phillip Mason mit einem Gast«, sagte ich.
»Rebecca Atherton, Gast«, sagte Becks. Ihre Worte wurden von Georgia übertönt, die sagte: Georgia Carolyn Mason.
Das Licht über der Tür blinkte ein paar Mal, während das System mein Stimmmuster mit seiner Datenbank abglich. Seit meinem sechzehnten Lebensjahr hatte ich die Erlaubnis, Gäste mitzubringen, hatte dies allerdings nicht oft getan. In mir regte sich die lächerliche Angst, die Anlage hätte Georges Phantomstimme vernommen und würde uns den Eintritt verweigern, solange sie nicht auf Virenvermehrung getestet war.
Ich wurde langsam nervös, weil das Licht immer noch blinkte, aber dann meldete die Stimme: »Stimmmuster und Gastautorisierung bestätigt. Bitte lesen Sie den Satz auf Ihrem Bildschirm.«
Auf dem Bildschirm erschienen Worte. »Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er«, las ich, worauf die Schrift verschwand.
Neben mir rezitierte Becks: »Er rüttelt sich, er schüttelt sich, er wirft sein Säckchen hinter sich.« Wieder blinkte das Licht über der Tür. Becks sah nervös zu mir herüber, was ich mit einem ebenso nervösen Lächeln beantwortete. Das Gefühl von Georges Phantomfingern, die sich um meine schlossen, half mir nicht so sehr, wie ich gehofft hatte. Jede Berührung von ihr war nur eine weitere Erinnerung daran, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb, bis ich vollkommen überschnappen würde.
Das Licht wechselte von Rot zu Gelb.
»Legen Sie Ihre rechten Hände auf die Testpads«, verlangte die Anlage. Ich tat wie geheißen und drückte die Handfläche auf das kühle Metall. Kurz darauf wurde sie eisig kalt, und etwas stach mich in den Zeigefinger, ein kurzer Schmerz, der sogleich von wohltuendem Schaum gelindert wurde. Das Licht wechselte zwischen Rot und Gelb hin und her.
»Lustig, was?«, sagte ich mit aufgesetzter Heiterkeit.
Becks funkelte mich böse an. Auch dann noch, als die Lichter nicht mehr blinkten.
Zischend ging die Tür auf. »Willkommen, Shaun«, sagte das Haus. »Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, Rebecca.«
»Ähm, danke«, sagte Becks, und weil sie nicht wusste, was sie als Nächstes tun sollte, sah sie mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern, lächelte und ging hinein.
Die Küche hatte sich nicht verändert, seit Georgia und ich bei den Masons gelebt hatten. Dasselbe bräunliche Linoleum bedeckte den Boden, und die Wände zierte dasselbe fröhliche gelbe Blumenmuster. Der Kühlschrank hing voll mit Zetteln und Ausschnitten aus der Studentenzeitung der U. C. Berkeley – die auf richtigem Papier gedruckt wurde, wenn auch Hanfpapier und keines aus Holz. Das Verlangen, ihn zu öffnen, mir etwas zu essen herauszunehmen und damit hinauf auf mein Zimmer zu gehen, überfiel mich so machtvoll wie unerwartet. In die Küche zu gehen war, als ginge ich in der Zeit zurück und in eine Phase meines Lebens, in der meine größte Sorge gewesen war, ob das neue T-Shirt-Motiv in meinem Shop sich gut genug verkaufen würde, damit sich die Druckkosten rechneten.
In eine Phase meines Lebens, als Georgia noch am Leben war und nicht nur eine Stimme in meinem Kopf und eine geisterhafte Hand an meinem Arm.
»Shaun?«, sagte Becks kaum lauter als ein Flüstern. »Alles okay mit dir?«
»Bestens.« Ich schüttelte die Vergangenheit ab, stieß sie, so kräftig es ging, von mir. »Komm.« Ich bedeutete ihr mit einer Handbewegung mir zu folgen, als ich aus der Küche in den Flur trat, denn ich wollte im Wohnzimmer warten, bis die Masons aufwachten und zum Frühstück herunterkamen. Das war ein guter Plan. Denn er sollte dazu dienen, sie unvorbereitet zu treffen und sie zu genau dem Zeitpunkt abzupassen, als sie am wehrlosesten waren.
Doch der Plan war dahin, als wir um die Ecke bogen und meiner Adoptivmutter Stacy Mason in die Arme liefen. Sie trug einen Morgenmantel über einem Baumwollpyjama und hielt einen Revolver. Er war direkt auf meine Brust gerichtet. Ich blieb stehen. Becks blieb stehen. Niemand sagte etwas.
Ich korrigiere
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