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Blackout - Kein Entrinnen

Blackout - Kein Entrinnen

Titel: Blackout - Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
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wieder auf die Ohren und wartete.
    Jedes Zeitgefühl entglitt mir, wurde vom anhaltenden Sirenengeplärr ausradiert. Hin und wieder drangen Geräusche durch den Spiegel – einmal das Rattern eines Maschinengewehrs, das so lange anhielt, dass mir die Nackenhaare zu Berge standen; kurz darauf ein anschwellendes Kreischen, schrill wie eine Kreissäge, das bald wieder verklang und im allgemeinen Lärm unterging. Doch den Großteil der Zeit über hörte ich nur die Sirene. Nicht gerade die beste Unterhaltung.
    Es traf mich wie ein Schock, als das Geräusch plötzlich abbrach. Ich fuhr auf und merkte jetzt erst, dass ich teilweise in einen halb meditativen Dämmerzustand geraten war. Erschrocken streckte ich die Beine aus, rutschte vom Bett und blieb stehen, den Blick auf die Tür gerichtet. Sie ging nicht auf. Vorsichtig machte ich einen Schritt auf sie zu. Sie ging nicht auf.
    »Na, das ist ja mal fantastisch«, grummelte ich.
    Das Klicken der Sprechanlage erfüllte mich mit Erleichterung, die mich so machtvoll durchflutete, dass mir für ein paar Sekunden die Knie weich wurden. »Hallo Georgia«, sagte Dr. Thomas in seinem gewohnt sanften Tonfall. »Wie fühlen Sie sich?«
    Mit offenem Mund starrte ich eine Weile auf die Wand. Dann erst sagte ich: »Haben Sie mich eben gefragt, wie ich mich fühle ? Im Ernst jetzt? Was ist geschehen? Gab es einen Ausbruch? Sind wir alleine in dem Gebäude?« Da kam mir ein ganz neuer, in seiner Plausibilität erschreckender Gedanke. »Bin ich allein in dem Gebäude?« Er hätte auch von außerhalb auf die Sprechanlage zugreifen können, um mir eine Gelegenheit zu geben, mich zu verabschieden, bevor die Einrichtung sterilisiert wurde.
    Und tatsächlich: Dr. Thomas lachte. In diesem Moment erstarb in mir jeder Rest von Sympathie, den ich vielleicht noch für ihn hätte aufbringen können. »Oh, nein, Georgia! Das tut mir leid. Da sie so besonnen reagiert haben, dachte ich, Sie wüssten Bescheid.«
    »Sie dachten, ich wüsste Bescheid? Worüber?« Ich ballte die Fäuste und starrte böse auf die Lautsprecher. Zu spät erst fiel mir ein, dass man mir das als unangebrachte Aggressivität auslegen könnte. Zumindest nach den Maßstäben des Seuchenschutzes. Shaun hätte gesagt, dass ich genau die richtige Dosis Aggressivität zur Schau stelle. Doch ich versuchte, meine Fäuste hinter dem Rücken zu verbergen.
    »Das war ein Test. Wir wollten herausfinden, wie Sie auf eine extreme Stresssituation reagieren würden – insbesondere auf eine, die dem ähnelte, die Sie bereits durchlebt haben.« Dr. Thomas zögerte ein wenig zu lange, bevor er hinzusetzte: »Davor, meine ich.«
    Ich starrte unverwandt auf die Lautsprecher. Ich sagte kein Wort.
    »Georgia?«
    Ich schwieg.
    Diesmal kam es etwas strenger: »Georgia?«
    Ich sagte kein Wort.
    Nun klang er verärgert, aber in seinen Worten schwang auch Sorge, als wäre mein Schweigen ein Zeichen, dass der Bogen überspannt war. »Georgia, bitte. Seien Sie nicht kindisch.«
    »Ich soll nicht kindisch sein?«, gab ich zurück. Für einen Augenblick riss ich die Augen noch weiter auf, dann kniff ich sie zu schmalen Schlitzen zusammen. »Haben Sie mir eben tatsächlich gesagt, ich soll nicht kindisch sein?«
    »Nun, Georgia …«
    »Sie haben einen Seuchenausbruch vorgetäuscht, um herauszufinden, wie ich auf Stress reagiere, und nun sagen Sie im Grunde nichts anderes als: ›Reingelegt!‹, als wäre damit alles gut! Ich bin während eines Ausbruchs krepiert, Sie Schwein! Dass ich nicht in der Ecke sitze und heule, sollte als Beweis dafür reichen, dass ich nicht kindisch bin. Wenn hier jemand kindisch ist, dann sind Sie es. Sie sind das Arschloch, das mir Streiche spielt und hinterher beleidigt ist, wenn ich das nicht lustig finde.«
    Es herrschte einige Sekunden lang Schweigen, bevor Dr. Thomas sagte: »Ich denke, Sie sind irrational.«
    »Und ich denke, Sie sind ein Arschloch. In der Tat sind vier von fünf geklonten Journalistinnen der Meinung, dass Ihr Verhalten mies ist.« Ich verschränkte die Arme. »Und? Habe ich bestanden?«
    »Was?«
    »Habe. Ich. Bestanden?«, wiederholte ich und zog jedes einzelne Wort so sehr in die Länge, dass es für sich alleine fast schon ein Satz war. »Sie sagten, dies sei ein Test, um zu sehen, wie ich auf Stress reagiere. Nun? Habe ich bestanden? Bin ich ein voll funktionsfähiger Mensch?«
    Wieder folgte Schweigen. Dann sagte Dr. Thomas fast schon kleinlaut: »Wir gehen die Testergebnisse morgen durch. Bald wird

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