BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
sie vor Dieben gewarnt.
Der Lärm weckte die anderen.
»Dieb!«, brüllte Manzano. »Helft mir!«
Jemand stürzte sich auf seinen Widersacher, aber auch an Manzanos Armen zerrten Hände. Das Licht der Taschenlampe blendete ihn kurz, fuhr wild durch den Raum. Manzano fühlte sich wie gefesselt, während der andere mit dem Seesack durch den Vorhang hinausstürmte.
»Bleiben Sie stehen! Hilfe!«, rief er. Mit einem dumpfen Geräusch lockerte sich der Griff um seinen Körper, hinter ihm fiel jemand zu Boden, Shannon stürzte an ihm vorbei, die Taschenlampe in der Hand.
Im Zimmer wurde es wieder stockdunkel.
So schnell wie möglich folgte er Shannon. Zurück ließ er ihre grölenden, schimpfenden, feixenden Zimmergenossen.
Manzano wurde schlecht vor Zorn, während er sich durch den Flur zum Ausgang tastete. Diesen Menschen hier ging es ohnehin schon so dreckig. Sie mussten doch wissen, was es bedeutete, wenn einem noch die letzten Habseligkeiten geklaut wurden! Nicht ahnen konnten sie natürlich, dass der Computer in Shannons Seesack womöglich die einzige Spur zu den Verursachern der ganzen Katastrophe beinhaltete.
Shannon kam ihm entgegen.
»Wo ist er?«, keuchte sie.
»Keine Ahnung«, antwortete Manzano. »Ich dachte, du warst hinter ihm her.«
»Verdammt!«, fluchte sie. »Verdammt! Da drin war mein ganzes Zeug! Und dein Computer! Aber er ist nicht raus, das hätte ich gesehen. Das heißt, er muss sich in einem der anderen Kabuffs versteckt haben.«
Sie lief bis zum Eingang, riss dort den ersten Vorhang zur Seite und leuchtete in den Raum. Beim Durchgang gegenüber dasselbe Spiel. Und weiter. Den nächsten Raum durchsuchte Manzano mit ihr. Shannon leuchtete mit der Lampe unter jedes Bett. Aus einem sprang ein Mann auf sie zu, stieß sie zu Boden, rempelte Manzano um, der aus den Augenwinkeln noch erkannte, dass der Typ unter einem anderen Bett ein Bündel hervorzog, das Shannons Seesack sein konnte.
Shannon hatte sich schon wieder hochgerappelt und rannte ihm hinterher. Manzano brauchte etwas länger, dafür hatte er jetzt die Lampe.
Auf dem Flur erblickte er von Shannon nur noch einen Schemen in der Tür, durch die sie sich warf. Wirklich, sie sprang kopfüber hinaus! Manzano hörte einen Schrei, humpelte, so schnell er konnte. Auf der Straße fand er ein Menschenknäuel über den Bürgersteig rollen. Manzano stürzte dazu, packte den Dieb bei den Haaren und riss ihn daran hoch. Mit einem Schrei ließ der Shannon los. Manzano schlug und trat auf ihn ein, spürte nichts mehr, nur die rasenden Bewegungen seines Körpers, bis ihn jemand von hinten umklammerte und ankeuchte: »Ist genug! Es reicht!«
Shannon musste ihn noch fester drücken, bevor er sich in den Griff bekam. Vor ihm auf dem Boden lag der Mann, wollte sich hochstemmen, knickte ein, robbte langsam davon, fluchte, spuckte, röchelte, hustete. Shannon ließ Manzano los und schnappte sich den Seesack.
Von der Eingangstür des Asyls her kam der Laternenträger, im Schlepptau zwei andere. Sie beugten sich zu dem Davonkriechenden.
»Er wollte uns ausrauben!«, rief Manzano.
»Verpisst euch«, forderte der Heimleiter. Und zu dem Verletzten, der jetzt an die Hauswand gelehnt saß: »Du auch. Ich will keinen von euch mehr hier sehen.«
Sprach’s, verschwand im Haus und schloss die Tür hinter sich.
Tag 9 – Sonntag
Aachen
Vereinzelte Schneeflocken schmolzen in ihren Gesichtern. Ratlos schlichen sie durch die eisigen Straßen.
»Wie spät ist es?«, fragte Manzano. Wenigstens fühlte er sich etwas besser.
Shannons Armbanduhr zeigte Viertel vor vier.
»Lass uns zurück zum Bahnhof gehen«, schlug sie vor. »Von dort sehen wir, wie wir weiterkommen.«
»Wir sollten zur Polizei«, sagte Manzano. »Vielleicht haben die einen Internetanschluss.«
»Wegen dieser IP -Adresse auf deinem Laptop?«
»Wahrscheinlich finde ich dahinter nichts. Aber ich muss es wenigstens versuchen.«
»Glaubst du, sie geben dir die Chance, wenn sie herausfinden, dass du auf der Flucht bist?«
»Nein.«
»Eben. Wir müssen zu deinem Kontakt nach Brüssel oder in eine der Strominseln kommen.«
»Von denen wir nicht wissen, wo sie liegen. Oder ob sie nicht überhaupt ein Mythos sind. Wie Atlantis. Oder der Garten Eden. Verdammt, ist das kalt!!!«
Die Flocken fielen jetzt dichter.
Sie erreichten den Bahnhof. Umrundeten ihn. Im überdachten Bahnsteigbereich lagerten Dutzende Menschen, nebeneinander in Schlafsäcke und Decken gewickelt. Die Unterführungen zu den
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