Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
Vom Netzwerk:
Du bist ganz normal ins Bett gegangen …«
    Der unausgesprochene Teil des Satzes hing in der Luft.
Und bist als Mörder wieder aufgewacht.
    Sie stellte die Beine, die sie übereinandergeschlagen hatte, wieder nebeneinander, überkreuzte sie wieder, legte sich die verschränkten Hände aufs Knie und lehnte sich zurück. »Ich bin um vier Uhr morgens allein in deinem Bett aufgewacht, als die Polizei kam.«
    Sie hatte einen tiefen Schlaf und war nur schwer wach zu bekommen. Ich stellte mir vor, wie verwirrt sie gewesen sein musste, als sie den Platz neben sich leer fand. Vielleicht war sie ins Bad gegangen und hatte nach mir gerufen. Das aufdringliche zweite Läuten der Türglocke. Aus der Verwirrung wurde Sorge, aus der Sorge Angst. Ihre bloßen Füße auf dem Teppich, als sie sich durch die Dunkelheit in den Flur tastete. Die Lichter der Polizeiwagen fielen durch die Milchglasscheibe meiner Haustür ins Innere und tauchten die Decke in blau-rotes Licht. Wie lang dieser Weg über die geschwungene Treppe für sie gewesen sein musste!
    »Du erinnerst dich nicht zufällig, ob irgendwann spätnachts ein Telefon geklingelt hätte? Und ich habe auch nicht mit dir geredet, nachdem ich angeblich Genevièves Nachricht abgehört hatte?«
    »Ich erinnere mich an nichts.«
    »Das Gefühl kenne ich nur zu gut«, erwiderte ich. »Danke, April. Für alles.«
    Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, als wären sie zu lange aufgestaut gewesen. »Wenn du ehrlich zu mir gewesen wärst und mit mir über diesen Gehirntumor geredet hättest, hätten wir das alles verhindern können.«
    Ich versuchte zu antworten, aber meine Kehle war wie ausgetrocknet, und ich musste noch einmal neu ansetzen. »Ich hatte Angst.«
    »Richtig. Du hattest Angst. Und deswegen hast du beschlossen, mir nichts davon zu erzählen. Das sagt etwas über das aus, war wir beide
nicht
hatten.«
    Ich hätte ihr nicht ansatzweise klarmachen können, wie sehr ich mir wünschte, die Zeit zurückdrehen zu können. Also nickte ich nur einmal ganz langsam. Sie stand auf, und ich verstand den Wink. Nachdem ich mich bei ihr bedankt hatte – ich musste mich für so einiges bei ihr bedanken –, umarmte sie mich auf dem Flur noch einmal, drückte mich fest an sich, doch dann wandte sie sich schnell ab, damit ich ihr Gesicht nicht sah. »Pass gut auf dich auf, Drew.«
    »Ich tu mein Bestes«, sagte ich.

[home]
    7
    I ch lag auf meinem Bett und versuchte verzweifelt einzuschlafen und mich durch schiere Willenskraft in ein weiteres Fragment verlorener Zeit zu manövrieren. Aber meine innere Uhr hatte Aufwachen angeordnet, denn immerhin war es schon elf Uhr morgens. Ich ging nach unten, setzte mich mit meinen alten Räuchermandeln und einem Glas Granatapfelsaft an den Küchentisch und betrachtete die Aussicht. Ich musste mich noch daran gewöhnen, wie sich die Tageszeiten anfühlen, wenn sie nicht durch Gitterstäbe gefiltert werden.
    Nach meinem Besuch bei April hatte ich mich zum ersten Mal wieder im Tageslicht in die Öffentlichkeit gewagt: Ich ging zu Whole Foods, um ein paar Lebensmittel einzukaufen, und war überrascht, wie warmherzig mir die Leute begegneten. Eine alte Frau mit einer Schirmmütze, die beim Regal mit dem Trockenobst stand, reckte mir mehrmals die Fäuste mit ausgestrecktem Daumen entgegen. Der Mann hinter der Theke, der meine Einkäufe in recycelbare Tüten schaufelte, lehnte sich vor, als wir auf den Kassenbon warteten, und sagte leise: »Ich freue mich für Sie.« Ich wusste, dass diese Leute mir ein verzerrtes Beispiel von der Realität gaben – diejenigen, die mich nicht für einen geifernden Wahnsinnigen hielten, kamen natürlich viel eher auf mich zu als die anderen. Aber diese stillen, freundlichen Bemerkungen glichen die Prügel wieder aus, die ich von meinen Lieblingsmoderatoren im Radio einzustecken hatte.
    Mein Handy klingelte.
    »Was tust du gerade?«, erkundigte sich Chic.
    Ich holte eine Mandel aus einer Falte in meinem Hemd und steckte sie in den Mund. »Schreiben.«
    »Wie wär’s mit einem Barbecue? Damit du nicht ständig über die verfluchte menschliche Existenz nachgrübelst?«
    »Nein danke.«
    »Gut. Ich hol dich in zwanzig Minuten ab.«
    »Alles klar«, sagte ich zum Freizeichen, »das wäre echt klasse.«
     
    Chic fährt einen kirschroten Chevy-Pick-up, der so riesig ist, dass man sich darin vorkommt wie ein Playmobil-Männchen. Ich bin offiziell 1 Meter 82 groß, seitdem ich im Alter von sechzehn Jahren auf der

Weitere Kostenlose Bücher