Blackout
sanften Kurven und einem Lächeln auf dem Gesicht, die immer schwanger war oder ein Kind stillte oder Maisbrot auf einen frisch gewischten Tisch legte. Wir aßen. Eimerweise Süßkartoffeln, Maiskolben und aufgeschnittenes Sauerteigbrot.
»Ich bin schon ganz geschwollen«, verkündete Angela irgendwann und drückte sich gegen die Brüste. »Ich brauche einen Mund.«
»Was schaust du mich an?«, gab ich zurück.
Sie runzelte die Stirn, war aber doch amüsiert, als sie sich ein Handtuch über die Schulter warf und das Baby von Jamaal entgegennahm.
Chic arbeitete sich durch einen Teller voll Spareribs, wobei die Abfälle nur so hinabregneten. Er legte eine Pause ein, um zu rülpsen, und Asia, die mit dem Kinn gerade eben über die Tischplatte reichte, sagte: »Vergiss nicht, das musst du dir abgewöhnen, wenn du in den Kindergarten kommst.«
»Okay, Schätzchen.« Chic zeigte auf Ronnies Teller. »Isst du das alles auf?«
Ronnie legte schützend seine Arme um den Teller. »M-hm.«
»Alles klar. Wenn du ihn aber nicht leerisst, dann lass ich dich mit deiner Zahnbürste die Klos putzen.«
»Nein!«
»Wart’s nur ab.«
Ronnie stocherte weiter auf seinem Teller herum. Schließlich schob er ihn zu seinem Vater hinüber, der den Kopf seines Sohnes mit dem Ellbogen einklemmte und ihn auf die Stirn küsste, wobei er einen Fettfleck hinterließ. Die anderen Kinder stöhnten auf. Unterdessen saß Angela mit dem Baby auf dem Schoß da, biss ihm die Fingernägel ab und spuckte sie in die Bougainvillea. Die Luft war kühl, und es roch nach Jasmin. Ich blickte zu ihr hinüber und sagte: »Danke schön.«
Sie zwinkerte mir zu und stand auf – das Signal für die Aufräumphase. Die herumlaufenden Kinder halfen ihr, bevor sie in ihre Zimmer geschickt wurden, damit sie ein Schläfchen hielten oder lasen oder ein Feuerchen anzündeten.
Chic und ich blieben am Campingtisch sitzen, tranken unser alkoholfreies Bier und zählten die vorüberfahrenden Autos. Wir kamen bis fünfzehn, bis ein Typ mittleren Alters in einem Baustellenfahrzeug herüberbrüllte: »Bales, du bist ein Scheißversager!«
Ein paar Jahre, bevor ich Chic kennenlernte, hatte in San Francisco das entscheidende Baseballspiel der Saison stattgefunden. Bei dem alles den Bach runterging. Ich hatte es auch angeschaut und geflucht, und Tausende von Wiederholungen sorgten dafür, dass es mir seit damals genauso frisch im Gedächtnis geblieben ist. Zweiter Teil des achten Zeitabschnitts. Die Dodgers verteidigen und liegen einen Punkt in Führung. Die Läufer stehen an den Ecken bereit. Robbie Thompson schlägt den Ball, der in einer extrem steilen Kurve nach oben steigt. Chic Bales ist direkt unter dem Ball. Eine halbe Ewigkeit scheint der Ball dort oben mit den Luftwirbeln des Candlestick-Stadions zu kämpfen. Uribe hat schon die halbe Strecke an der Linie der dritten Base zurückgelegt – da prallt der Ball an Bales’ Handschuh ab, trifft noch seinen Oberschenkel und rollt zur Spielerbank der Dodgers. Die Dodgers haben auch im ersten Teil des neunten Zeitabschnitts Pech und verlieren schließlich das Entscheidungsspiel.
Und Chic geht los und lässt sich volllaufen und kommt zwei Jahre nicht mehr zurück.
»Immerhin«, meinte ich, »jetzt kann ich dir zumindest Gesellschaft leisten in den Reihen der Verachteten. Ich komme mir vor wie der Tubaspieler in der Highschool.«
Chic lächelte. »Highschool. Die schlimmsten sechs Jahre meines Lebens.«
»Trifft es dich nie?«
»Nö.«
»Wirklich nicht?«
»Natürlich, Drew-Drew. Aber dann denk ich einfach dran, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat. Es kommt nur darauf an, wie würdevoll du es trägst. Liest du denn gar nicht in der Bibel?« Er kicherte und pulte sich etwas zwischen den Zähnen heraus. »Mein Päckchen besteht darin, dass ich erst haufenweise Kohle mache und dann zu einem der größten Ärsche in der Geschichte des Erstliga-Baseball werde. Gut, dann hab ich mich eben vor zwanzig Millionen zum Deppen gemacht. Von denen ich neunzehn Millionen und ein paar Zerquetschte nicht kenne und niemals kennen werde.« Er zuckte die Achseln. »Immer noch um einiges besser, als in einem Folterlager in Ruanda pausenlos vergewaltigt zu werden.«
In diesem Punkt musste ich ihm recht geben.
»Was ich getan habe, war keine richtige A-r-b-e-i-t. Bei dir ist es genauso. Unsere sogenannten Dienste werden nicht wirklich
gebraucht;
kein krankes Baby wird jemals von einem superspannenden Buch oder einem perfekt
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