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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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klingelte, und er warf einen Blick auf das Display, bevor er Delveckio zunickte und aufstand. »Sie sind nicht unser Partner. Sie sind nicht mal ein Polizist. Sie sind ein beschissener Schriftsteller. Und nach Ihrem
ersten
Urteil sind Sie sogar ein Mörder. Wenn wir Ihre Hilfe benötigen sollten, werden wir uns an Sie wenden.«
    Als sie mir den Rücken zudrehten und so zwischen mir und der verspiegelten Wand standen, dass eventuelle Beobachter im Nebenzimmer mich nicht sehen konnten, wischte ich schnell eine Handvoll Fotos vom Tisch in meinen Schoß. Eine bizarre Eingebung, aber rein instinktiv.
    Beweismaterial aus einem Verhörzimmer im Parker Center stehlen. Ich verlieh dem Begriff »schlechtes Urteilsvermögen« wahrlich ganz neue Dimensionen.
    An der Tür blieb Kaden stehen und kam wieder zurück, um seine vergessenen Fotos einzusammeln, von denen jetzt leider ein paar fehlten. Und sein ganzer glorioser Abgang war damit dummerweise auch dahin. Dann trat er mit Delveckio in den Flur hinaus und nickte einem ihrer Untergebenen zu, den ich von drinnen nicht sehen konnte. »Nehmen Sie seine Aussage auf. Und dann befördern Sie ihn wieder hier raus.«
    Die Tür knallte hinter ihnen zu, und ich blieb alleine mit meinem Spiegelbild und den Tatortfotos in meiner Hosentasche zurück.

[home]
    11
    C hic setzte mich vor meiner Haustür ab, nickte und tippte sich an den Mützenschirm. »Wär das dann alles, Miss Daisy?«
    »Bist ja wirklich wunderbar wohlerzogen.« Ich stieg aus dem Auto.
    Meine Mülltonne war neben dem Haus ausgeleert worden, und die Abfälle lagen überall verstreut. Unter meinen Turnschuhen knirschten die Glasscherben, als ich den Flur betrat. Zwei Nächte zu Hause, zweimal ungebetene Besucher. Im Geiste ging ich noch einmal durch, wie ich das Haus abgesucht hatte, nachdem ich benommen mit dem Schnitt am Fuß aufgewacht war. War der Eindringling mit mir im Haus gewesen? Oder hatte er es zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen? War er von der Straße her gekommen oder den Abhang hinten hochgestiegen? Ich untersuchte die Glasschiebetür nach Abdrücken, die mir in der Dunkelheit vielleicht entgangen waren. Dann ging ich auf die Veranda und spähte über das Geländer, als könnte ich allen Ernstes zertrampelten Efeu von unzertrampeltem Efeu unterscheiden. Im Haus ging ich noch einmal den ausgewaschenen blutigen Fußspuren nach. Die Aufzeichnungen aus meinem digitalen Camcorder fehlten natürlich – was mich ein bisschen enttäuschte, denn nur zu gerne hätte ich für die Nachwelt meinen heillos verdatterten Gesichtsausdruck bewahrt, als ich von neunundsiebzig Männern eines Sturmtrupps aus dem Bett gescheucht wurde. Schätzungsweise mussten sich zukünftige Vertreter des Danner-Geschlechts wohl mit den Wiederholungen von
Der betende Jäger
im Spätprogramm begnügen.
    In meinem Büro hatte man meine Schubladen offenstehen lassen, Akten und Rechnungen an der falschen Stelle wieder hineingestopft oder gleich auf den Boden geworfen. Mein Stapel mit der ungelesenen Post hatte auch dran glauben müssen, und netterweise hatten die Herren für mich auch noch die Umschläge geöffnet, zu denen ich noch nicht vorgedrungen war.
    Ich nahm erst einmal eine dampfend heiße Dusche und versuchte, mit dem Wasserstrahl Kasey Broachs bleiches Gesicht so gut wie möglich aus meiner Erinnerung zu spülen. Ihre nackten Arme mit den roten Flecken von den Insektenbissen. Was hätte sie gedacht, wenn sie jemand in der dritten oder zehnten Klasse beiseite genommen und ihr gesagt hätte, dass sie eines Tages unter einer Autobahnauffahrt in Rampart enden würde? Ich dachte über meinen sogenannten harten Morgen nach und verglich ihn mit dem Morgen, den ihre Familie noch immer durchlebte, und auf einmal wurde mir klar, dass ich wirklich keinen Grund hatte, mich zu beklagen. Ich dachte an das heiße Wasser, das ich immer noch auf der Haut fühlen, die Luft, die ich immer noch atmen konnte. An Chic und Angela und Preston. Dass ich das Recht hatte zu schweigen und das Recht auf einen Anwalt und intelligente Geschworene, die über meine Schuld nachdachten und sich berieten. Ich war am Leben. Ich war frei. Ich war gesund. Ich fühlte keine Schuld, sondern seltsamerweise Dankbarkeit. Und außerdem hatte ich die dunkle Ahnung, dass ich mich mit Hilfe dieser Dankbarkeit eher wieder aus meiner unguten Situation hinausmanövrieren konnte als durch Wut oder auch Schuldgefühle.
    Ich trocknete mich ab. Auf meinem Spiegel klebte ein Post-it, auf

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