Blacksoul - In den Armen des Piraten
Herz blutete, und allein das Atmen erschien ihr eine unlösbare Aufgabe. Stumpf trottete sie zwischen den beiden Seeleuten her, ohne darauf zu achten, wohin sie gingen. Erst als der Maat seine Säbel zog, wurde sie aus ihren düsteren Gedanken gerissen. Sie sah auf und folgte dessen Blick in Richtung des eng umschlungenen Paares, welches auf sie zu torkelte.
Josie erstarrte. Ihr entfuhr ein spitzer Schrei, als sie erkannte, wer sich da mitten auf der Straße amüsierte.
„Non“, flüstere sie und presste sich die Hände vor den Mund. Smithes derben Fluch bemerkte sie nicht.
Wohl aber Adam. Er hob seinen Kopf, und Josies Anblick riss die Wunde, die er den ganzen Tag zu betäuben versucht hatte, erneut auf. Er wollte sie nicht verlieren. Wollte sie in seine Arme reißen, wieder auf sein Schiff verschleppen und nie wieder gehen lassen. Aber er tat es nicht. Ihr Blick, voller Verachtung und Ekel, zeigte ihm deutlich, was er für sie war – und auch immer sein würde.
„Kommt, Mademoiselle, gehen wir weiter“, forderte Smithe Josie zaghaft auf.
Mit mehr Würde, als sie sich selbst zugetraut hätte, antwortete sie ihm so laut, dass Adam es hören konnte:
„Mais oui. Bitte, bringt mich endlich nach Hause. Ich bin froh, wenn ich diesen Piraten nie wiedersehen muss.“
Wie ein Schlag in den Magen. Adam torkelte tatsächlich unter der Wucht ihrer Worte einen Schritt zurück. Das brachte die zierliche Rosie aus dem Gleichgewicht, und sie konnte sich gerade noch stolpernd in Adams Arme retten. Josies eisiger Blick wanderte verächtlich erst über Adam und dann über die Frau an seiner Seite. Mit einem boshaften Lächeln bog Adam der Kleinen den Kopf zurück und küsste sie leidenschaftlich.
Um niemandem ihre Tränen zu zeigen, rannte Josie davon. Es war ihr egal, ob ihre beiden Beschützer sie einholen würden oder nicht. Laut schluchzend bahnte sich der Schmerz über Adams Verrat seinen Weg ihre Kehle hinauf. Sie schnappte verzweifelt nach Luft. Warum konnte sie nicht atmen? Warum brannte ihr Hals so? Etwa von der unterdrückten Pein, die heraus wollte? Warum trugen ihre Beine sie nicht länger? Gerade noch rechtzeitig streckte Felipe die Arme aus, um die von Weinkrämpfen geschüttelte Französin aufzufangen.
Erst als die Schritte der davoneilenden Josie verklungen waren, löste Adam seine Lippen von Rosies und schob sie von sich.
„Puh, Captain, das hätte ich dir gar nicht zugetraut“, rief die Blondine erfreut.
Plötzlich wieder stocknüchtern, fasste sich Adam an den Kopf und blickte die leere Straße hinunter. Dann wurde er sich des Mädchens bewusst, welches sich verführerisch an ihn drückte, und er stöhnte. Was hatte er getan? Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Er hatte Josies Abscheu wahrlich verdient. Er schüttelte Rosie ab, die sich wie eine rollige Katze an ihm rieb, und drückte ihr eine Münze in die Hand.
„Was …?“, fragte sie überrascht.
„Nimm das – und geh“, wies er sie an und rückte noch weiter von ihr ab.
„Aber, Captain, was ist mit …“
„Verschwinde endlich! Ich will meine Ruhe – deine Dienste sind nicht erwünscht“, fuhr er sie an.
„Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte sie ängstlich. Es brachte ihr sicher Schläge ein, wenn sie einen wohlhabenden Kunden verärgerte, daher näherte sie sich Adam erneut.
„Captain, vielleicht darf ich dir zeigen, was dir entgeht, ehe du mich fortschickst?“
„Mädchen, es liegt nicht an dir, aber ich fürchte bei allem, was mir heilig ist, dass ich ein Narr bin! Ein verliebter Narr!“
Wie ein Vater bei seinem Kind tätschelte er Rosie die Wange und ließ das verdutzte Freudenmädchen stehen. Mit schwerem Schritt und noch etwas unstetem Blick steuerte er auf sein Schiff zu. Einer Zukunft entgegen, die ebenso schwarz war wie seine Seele. Er trat in seine Kabine und fühlte die Veränderung. Sie war nicht mehr da. Kalt und leer lag der Raum vor ihm, der Hauch von Jasmin hing noch immer in der Luft. Er entkleidete sich, spritzte sich Wasser ins Gesicht und fiel in sein Bett. Josies verächtlicher Blick ging ihm nicht aus dem Kopf.
Kapitel 17
N och immer roch jeder Raum nach frischer Farbe, und an einigen Fenstern war die Dienerschaft noch damit beschäftigt, die schweren Vorhänge anzubringen. Ihr eigenes Zimmer war fertig eingerichtet, aber es fühlte sich noch nicht wie ein Zuhause an. Nach einem Monat im Hotel stand ihr nun die erste Nacht im neuen Stadthaus bevor.
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