Blätter treiben im Wind (German Edition)
Schilderungen.
Es wurde still bevor Donna anfing von ihrem Onkel zu erzählen. Von der schönen Zeit auf dessen Farm, bis zu dem Brief von ihrer Tante, in dem sie ihr schrieb, dass ihr Onkel an einem Herzinfarkt gestorben war. Er erlitt ihn auf der Koppel und wurde erst Stunden später von einem seiner drei Söhne gefunden. Nun war sie ganz alleine auf sich gestellt.
Donna streifte sich durch ihre Rastalocken und nippte am Glas Wasser. Bei den Erzählungen von ihrem Onkel strahlte sie ab und zu, doch dessen Tod traf sie hart. Auch jetzt noch, so viele Jahre später.
Toms Kindheit war auch nicht auf Rosen gebettet. Er wollte nun erzählen. Vielleicht half es, Schmerz mit Schmerz zu bekämpfen.
»Soll ich ein wenig von meiner Kindheit erzählen?«, fragte Tom. »Du musst dich jetzt ausruhen.«
Donna nickte. Ihr Blick war kühl. Sie musste diese grauenhaften Erlebnisse bereits insoweit verarbeitet haben, dass diese an ihrem Äußeren keine Wunden mehr aufrissen.
Tom begann, seine Leidensgeschichte zu erzählen. »Ich war als Kind immer ein Außenseiter gewesen. Aufgewachsen in einer nicht armen Familie, aber mit körperlichen Problemen. Ich stotterte und war sehr mager. Ich war Schlachtfutter für meine Klassenkameraden . Jeden Tag, in dem ich in unserem ach so sauberen Washington die Schule betrat, begann ein Spießrutenlauf. Die Stärkeren in unserer Klasse, praktisch alle, taten sich immer zusammen, und verprügelten mich. Und das täglich. Nur da, wo nicht sofort blaue Flecken auf der Haut zu sehen waren. Bauch, Rücken, Beine. Es war schrecklich. Alle schlossen sich an. Sogar die Mädchen ließen ihre Wut an mir aus. Ich war alleine und hatte keine Freunde. Und die, die es behaupteten zu sein, schlugen auch auf mich ein, wenn es die anderen taten. Meine Lehrer, die merkten von all diesen Misshandlungen nichts, oder sie wollten nicht. Es kam soweit, dass mich fünf Jungs aus meiner Klasse, die später alle in einer College-Football-Mannschaft spielten, zwangen, aus den vollurinierten Latrinen zu trinken und es zu schlucken.«
Donnas Augen waren leer. Hatte sie verstanden was Tom gesagt hatte, oder war sie noch in sich gekehrt? Sie schien erleichtert, dass sie endlich mit jemandem über ihre schreckliche Kindheit sprechen konnte. Donna legte ihre Hand geöffnet auf den marmorierten Tisch. Tom griff danach.
»Kaum hatte ich die Highschool hinter mir, änderte sich mein Leben erneut schlagartig. Ich konnte meine körperlichen Schwächen schnell ablegen. Doch ein neues Problem tauchte auf, das ich immer vermied, mit meinen Eltern auszudiskutieren. Sie wollten unbedingt, dass ich nach dem College Harvard besuche und Jurist werde. Harvard hätte mich mit Kusshand genommen, doch ich wollte nicht. Schuldige Menschen als unschuldige Helden hinzustellen, nein, darin sah ich keine Lebensaufgabe. Mein Ziel war, in Washington das College gut abzuschließen, damit ich später mein eigenes Geschäft eröffnen konnte. Davon träumte ich schon seit ich zehn war. So kam es ja dann auch. Ich bekam nach dem College-Abschluss die Möglichkeit fünfzigprozentiger Teilhaber von T-T Glamour zu werden. Meine Berufswünsche hatten sich zumindest erfüllt und ...« Tom ließ seine Hand aus Donnas weichen Händen gleiten. »... doch meine Eltern ...«
Sie sah ihn entsetzt an. Ein Tränenrand umschloss seine Augen, wie ein Kind die Hand seiner Mutter. Bevor er ein Taschentuch aus der Hose ziehen konnte, begannen die Tränen auf den Tisch zu tropfen.
Donna widmete sich Tom mit ihrer ganzen Kraft. Sie war nicht mehr so aufgewühlt, wie nach ihren Erzählungen.
»Was ist mit deinen Eltern, Tom?«
»Ich liebte sie so sehr!«
Donna griff wieder nach Toms Hand und drückte sie fest.
»Es regnete, nein, es stürmte gerade zu. Wir waren auf einer Party an der Küste eingeladen. Auf der Rückfahrt steuerte meine Mutter den Wagen die Küstenstraße entlang. Ich schlief auf der Rückbank. Plötzlich wurde ich von einem lauten Geräusch geweckt, es waren vermutlich die Bremsen. Woran ich mich noch erinnern kann, ist, dass ich die Wagentür aufriss und mich nach draußen fallen ließ.«
Tom musste absetzen und schlucken.
»Unser Wagen stürzte die Klippen hinab und explodierte kurz darauf. Ich kroch zur Klippe vor und sah nur einen Feuerball. Meine Eltern mussten sofort tot gewesen sein. Es war schrecklich mit anzusehen, wie die eigenen Eltern starben. Damals war ich zweiundzwanzig.«
Tom trank einen Schluck Mineralwasser.
»Die Gespräche
Weitere Kostenlose Bücher