Blanche - Die Versuchung
auf Saetans Anweisung?
Beliar war so sicher gewesen, dass niemand einen Bluteid brechen konnte, nicht mal er war dazu in der Lage. Selbst Saetan musste sich an einen Schwur halten, sobald ein Pakt besiegelt war. Was eine weitere Frage au f warf. Wie mächtig war der Schwarze Gott wirklich? Konnte er gegen Saetans Wi l len ein Höllentor öffnen? Falls nicht, gab es keinen Zwe i fel, dass er sich seinem ehemaligen Dienstherrn wieder angeschlossen hatte, was b e deutete , d ass er ein zweifacher Verräter war.
Etwas in ihr sträubte sich dagegen, aber die Fakten lagen auf dem Tisch und ließen sich nicht schönreden. Selbst wenn er nicht in Saetans Auftrag gehandelt hatte, warum zum Teufel sollte er das Waisenhaus angreifen? Ha t te er vielleicht noch ein Kind gezeugt und entdeckte gerade seine väterliche Seite? Wozu hatte er dann aber gleich sieben mitgenommen, so viele Sprös s linge hätte er in dieser kurzen Zeit kaum zeugen können. Je höher ein D ä mon im Rang stand, desto unfruchtbarer wurde er. Beliar, als einer der mächtig s ten Dämonen, war steril wie ein Wattebäuschchen.
Selbst wenn Tchort zeugungsfähig wäre, wozu sollte er nach tausend Ja h ren Abstinenz die Welt plötzlich mit seinen Nachkommen bombardieren ? D as ergab keinen Sinn.
Blanche seufzte und löffelte den Milchschaum aus dem Glas. Als wäre alles nicht kompliziert genug, tauchte n erst Camille, und dann Marcel wie aus dem Nichts auf. Die z wei hatten ihre m ohnehin angeschlagenen Selbstschutz ein paar ordentliche Tritte verpasst. Nach Waynes Tod hatte sie geglaubt , i m mun gegen diese Art von Schmerz zu sein – ein Trugschluss, wie sich nun herausstellte. Beliar hatte sie mit seiner Liebe davor gerettet , vollends abz u stürzen, obwohl sie noch immer nicht wusste, wie sie mit seiner Zuneigung umgehen sollte. Um ehrlich zu sein, glaubte sie nicht einmal an so etwas wie Liebe. Zugegeben, sie hatte die Hosen gestrichen voll, sich Gefühlsr e gungen zu stellen, die tiefer als ihr allgegenwärtiger Zorn gingen. Wut hielt wärmer als Angst, das war mal klar. Außerdem scheute sie die Frage, was sie hinter ihrem eisigen Schutzwall erwarten würde.
Mit Wayne war auch ein Teil von ihr gestorben. Nach seinem Tod hatte sie geglaubt , für alle Zeit zerbrochen zu sein. Noch einmal konnte sie diese Art von Schmerz nicht durchstehen, sie würde daran zugrunde gehen. Me n schen , die litten , wurden schnell zu Opfern. Und ein Opfer wollte sie nach der Zeit im Heim nie wieder sein – schon gar nicht Opfer ihrer eigenen G e fühle. Da war es besser , sich von Emotionen abzuschneiden , und sich an die Kälte zu halten.
Soweit die Theorie. Blöd nur, dass auf der anderen Seite des Schaufensters ihr Dämon stand.
Etwas verband sie mit ihm, aber ganz sicher keine Liebe. Es musste etwas anderes sein – Lust und gegenseitige Anziehungskraft, wie es bei Marcel der Fall gewesen war. So war es doch bei Marcel gewesen, oder?
Frustriert rubbelte sie sich mit beiden Händen die Stirn. So etwas war ei n fach nicht ihr Ding. Sie konnte den Hebel nicht plötzlich umlegen und a n fangen , ihre Empfindungen zu analysieren – dazu musste sie zu viel von sich preisgeben, und das gefiel ihr nicht. Ganz und gar nicht. Auf der anderen Seite wurde es immer offensichtlicher, dass die alten Tricks nicht mehr fun k tionierten. Wann immer sie den ausgetretenen Pfaden folgte, landete sie in einer Sackgasse.
Fakt war, dass sie nicht mehr in ihr früheres Leben zurück konnte – sie steckte fest. Blanche 1.1 war Geschichte, und wenn sie ehrlich war, mochte sie diese Version nie besonders. Die aktuelle Fassung war auch nicht gerade der Hit, aber sie war besser als das Vorgängermodell. Auf dem Weg zur Ed i tion 2.0 musste sie damit anfangen , sich mit ihrem Innenleben auseinande r zusetzen, aber g e rade das wollte sie um jeden Preis vermeiden. Und nun war es, als wollte das Leben selbst sie dazu zwingen, indem es eine Situation schuf, in der sie gar nicht anders konnte, als sich diesen Dingen zu stellen. Obwohl sie diese Vorstellung lächerlich fand, kam ihr das Ganze wie ein gewaltiger kosmischer Faustschlag vor. Oder vielleicht eher wie ein Tritt in den Arsch. Blanche knurrte leise , wäh r end sie sich die Schläfen massierte.
„Brauchst du ein Aspirin?“
Das Uzi-Messer war draußen, ohne dass sie eine bewusste Entscheidung getroffen hatte. Allerdings kannte sie die Stimme, darum ließ sie es so schnell verschwinden, wie sie es gezogen hatte. „Irgendwann
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