Blankes Entsetzen
Schockzustand befand: Während sie an diesem scheinbar gewöhnlichen Morgen dasaß und ihm zuhörte, war ein Teil von ihr auf schreckliche Weise fasziniert davon, wie der Mann, der sonst immer so beherrscht und würdevoll wirkte, sich so erniedrigte.
»Ich brauche dich, Lizzie«, sagte er. »Ich brauche dich so sehr.
Solange ich dich habe, kann ich mit meiner Arbeit weitermachen … kann mich um meine Patienten kümmern, kann humanitäre Arbeit leisten.«
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»Und wenn ich dich verlasse, hört das alles auf?«
»Ja«, antwortete Christopher leise. »Ohne dich kann ich nicht weitermachen. Glaub es mir oder nicht, es ist die Wahrheit.«
Lange Zeit sagte sie nichts.
»Wenn ich bleibe«, fragte sie schließlich, »erklärst du dich dann bereit, dich behandeln zu lassen?«
»Alles, was du willst.«
»Ich will nicht alles«, entgegnete Lizzie heftig. »Ich will dein Wort, dass du eine Therapie machst und weder mich noch eine andere Frau je wieder auf irgendeine Weise misshandelst. Sonst kannst du sicher sein, dass ich dich verlasse und unsere Söhne mitnehme, und nichts wird mich davon abbringen.«
Er schwieg.
»Nun?«, drängte sie.
»Ist das alles?«, fragte er.
»Ja. Das ist alles.«
»Du hast mein Wort«, sagte er.
Sie stand auf, endlich, mit wackligen Beinen, und blickte auf ihn hinunter. »Ich tue das für Edward und Jack«, sagte sie.
»Dass ich dir diese Chance gebe. Weil du zumindest in einem Recht hast. Du bist ein guter Vater.«
»Danke.« Christopher streckte die Hand nach ihrer aus und umfasste sie, hielt sie mit eiskalten Fingern fest. »Du wirst es nicht bereuen.«
»Das hoffe ich. Und jetzt lass mich bitte los.«
Erließ ihre Hand los. »Ich dachte …«
»Ich will nicht, dass du mich anfasst«, sagte sie. »Nicht, wenn wir alleine sind. Nicht, bevor ich weiß, dass ich dir wieder vertrauen kann. Was vielleicht nie wieder der Fall sein wird, Christopher.«
Ein Teil der Dankbarkeit verschwand in diesem Moment aus 75
seinen Augen, verdrängt durch einen unverblümten Anflug von Zorn. »Ich wusste nicht, dass du so hart sein kannst, Lizzie.«
»Dann«, sagte sie, »kannte bisher offenbar keiner von uns den anderen so gut, wie wir dachten.«
Als Lizzie einige Zeit später feststellte, dass sie wieder schwanger war, gab sie sich alle Mühe, eine Abtreibung in Erwägung zu ziehen, fand es jedoch unmöglich.
Ein Bruder oder eine Schwester für Edward und Jack.
Freude verdrängte die Bestürzung.
Und so blieb ihre Ehe bestehen. Lizzie, die Christopher gegenüber immer noch misstrauisch war, trauerte um das Ende ihres Vertrauensverhältnisses und war zugleich erleichtert, dass er offenbar tat, was sie von ihm verlangt hatte. Von Zeit zu Zeit fragte sie ihn, ob er seine Therapie noch mache, und wenn er sagte, er sei in Behandlung, stellte sie keine weiteren Fragen. Sie verspürte nicht den geringsten Wunsch, mehr darüber zu wissen, und es war gesünder für das, was von ihrer Ehe noch übrig war, wenn sie ihm zumindest einen Hauch von Selbstachtung ließ.
Außerdem hatte sie ihre Jungs und ihr ungeborenes Baby, auf die sie ihre Aufmerksamkeit richten musste.
Im Frühjahr darauf brachte sie Sophie zur Welt. Eine zierliche, sanftmütige Tochter mit goldenem Haar und dunkelblauen Augen, hineingeboren in das scheinbare Ideal, das die Familie Wade nach außen hin darstellte. Christopher war voller Euphorie und blieb ihren Kindern – Lizzie hatte nie den leisesten Zweifel, dass diese Seite an ihm vollkommen aufrichtig war- ein liebender, hingebungsvoller Vater.
Im September diesen Jahres, sechs Monate nach Sophies Geburt – und nachdem Dr. Hilda Kapur, ihre Hausärztin in Marlow, ihr ein Rezept für die Pille ausgestellt hatte –, schlief Lizzie zum ersten Mal wieder mit Christopher. Sehr zaghaft und 76
vorsichtig, wenn Lizzie bedachte, was sie in ihrer unwissenden Vergangenheit miteinander geteilt hatten. Doch Christopher schien so glücklich und dankbar, dass Lizzie sich sagte, Verzeihen müsse der richtige Weg sein – um ihrer ganzen Familie willen –, und das Glück, wenn auch in schwächerer Form, könne wieder in Reichweite rücken.
Und dann, fünf Monate später, brach die Welt der Familie Wade zusammen.
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12.
ie sich herausstellte, war Tony Patstons Versprechen, W sich künftig zu beherrschen, das er an Irinas erstem Geburtstag gegeben hatte, Lug und Trug gewesen. Im Gegenteil trank er immer mehr. Seine wachsende Alkoholabhängigkeit betrachtete er als Ausgleich für das,
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