Blankes Entsetzen
konnte.
Furcht vor der Notwendigkeit einer Wirbelsäulen-Operation.
Angst vor dem Kampf um jeden Atemzug, vor einem Luftröhrenschnitt, vor den Schläuchen und den Pflegern, die die Schläuche absaugen und wässern, die ihn füttern und waschen mussten.
»Noch ist es nicht so weit«, erinnerte Christopher Lizzie des Öfteren. »Nicht jetzt. Sieh dir unseren Jungen jetzt an.« Und dann nahm er ihre Hand, drückte sie sanft und brachte sie dazu, Jack zuzuschauen. Und wenn sie sah, wie er mit Edward spielte, wie er Sophies Haar streichelte, was er sehr gerne tat, wie er Harry Potter las oder sich ein Video ansah, eine CD hörte oder seine Hausaufgaben machte, erkannte sie, dass Christopher Recht hatte.
Noch ist es nicht so weit.
Bitte, Gott, lass es niemals so weit sein.
»Du benimmst dich ein bisschen seltsam«, sagte Jack jetzt.
Jack Wade, dem man nichts vormachen konnte.
Also reiß dich zusammen, Lizzie Piper.
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»Ich habe ein bisschen Kopfschmerzen«, log sie. »Nichts Ernstes.«
»Bist du sicher?«
»Absolut«, sagte sie und widmete sich wieder ihren Würstchen im Schlafrock.
»Jede Menge Bisto, bitte«, sagte Jack.
»Aber selbstverständlich, Herr Gourmet.« Lizzie lächelte und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Findest du es ehrlich gut, dass wir diesen Sommer alle wegfahren, Jack?«
»Natürlich.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Das wird super.« Er zögerte. »Warst du deshalb so komisch, Mom? Weil du dir Sorgen um mich und die Reise gemacht hast?«
Lizzie klammerte sich an die Ausrede. »Ich glaub schon«, sagte sie. »Ein bisschen.«
»Kein Grund zur Sorge, Mom«, sagte Jack. »Nicht, wenn Dad sich um alles kümmert.«
Sie lächelte ihn an und wandte sich wieder dem Abendessen zu, während sie gleichzeitig versuchte, sich zu erinnern, wann
»Mami« dem erwachseneren »Mom« gewichen war.
»Natürlich nicht«, sagte sie.
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18.
ährend ihres ständigen Kampfes, Irina zu beschützen, W überdachte Joanne immer wieder ihre Möglichkeiten. Sie fragte sich, ob sie etwas übersehen hatte, um die eigene Zukunft und die ihres Kindes zu retten. Eine Scheidung war unmöglich.
Tony hatte ihr deutlich gesagt, dass er sie beide niemals gehen ließe, worauf Joanne einzuwenden versuchte, dass es bestimmt die einfachste Lösung für ihn wäre: Ruhe und Frieden ohne Frau und Tochter.
»Klingt verlockend«, sagte Tony. »Aber nicht verlockend genug bei alldem, was ich im Laufe der Jahre für euch berappt habe.«
»Wir sind doch keine Geldanlage«, mahnte Joanne.
»Ja, leider«, konterte er. »Denn wenn ihr es wärt, könnte ich euch jetzt einlösen und mir was Sinnvolles dafür kaufen.«
Joanne hatte es dabei belassen. Sie ließ das Thema jedes Mal rasch fallen, weil sie wusste, dass jeder Vorwurf, jede Andeutung einer Trennung, die Gefahr weiterer Schläge barg, und sein Zorn richtete sich immer noch ausschließlich gegen Irina – nach wie vor bestrafte er Joanne, indem er das kleine Mädchen bestrafte.
»Geht es Irina gut?«, hatte ihre Mutter erst eine Woche zuvor gefragt.
»Sehr gut«, antwortete Joanne, während ihr Magen sich zusammenzog. Sie fürchtete sich inzwischen, Irina irgendwo mit hinzunehmen und mied selbst den kürzesten Besuch bei ihrer Oma.
Natürlich ging es Irina alles andere als gut. Das Mädchen schien vor Joannes zunehmend angsterfüllten Augen immer mehr zu verblassen. Wie ein nicht lackiertes Gemälde, das 123
anfangs strahlend und farbenfroh gewesen war und im Laufe der Zeit immer fahler wurde.
»Merkst du denn nicht, was du da tust?«, fragte Joanne Tony ein oder zwei Tage vor dem Besuch bei ihrer Mutter. »Was du nicht nur ihr antust, sondern auch dir selbst?«
Es war Morgen, Frühstückszeit, die sicherste Zeit des Tages, um eine Herausforderung zu wagen – die am wenigsten betrunkene Zeit.
»Natürlich merke ich das«, antwortete Tony rundheraus.
Joanne starrte ihn an, unsicher, ob sie richtig gehört hatte.
»Glaubst du, ich weiß nicht, dass ich ein Monstrum bin?«
Sie sah ihn an. »Wenn das so ist … warum? «
»Ich kann nicht anders«, sagte er, stand auf und ging zur Arbeit.
Zwei Samstage später war Joanne noch oben im Bad, während Tony Autorennen auf Channel Four schaute. Irina, die sich in einer Ecke leise eines ihrer Bibliotheks-Bilderbücher angeschaut hatte, stand auf, um sich ihr Lieblings-Stofftier zu holen, einen lila und weißen Hund, den sie zuvor auf den Boden hatte fallen lassen. Dabei stolperte sie über das lange
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