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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Mutter wehtat, doch sie konnte nichts dagegen tun. Sie hatte zu viel Angst, dass Sandra Irina irgendwann die Wahrheit aus der Nase ziehen würde.
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    Dieses Risiko konnte sie nicht eingehen. Sie riskierte schon genug, indem sie bei Tony blieb, und sie war nicht sicher, ob sie noch mehr Anspannung ertragen konnte. Eines Tages, wenn sie einen Weg aus dem Albtraum gefunden hatte, würde sie ihrer Mutter alles erklären müssen.
    Keine Traumbilder mehr, sagte sie sich. Tu etwas.
    Sie fuhr mit Irina in die South-Chingford-Bibliothek in der Hall Lane, setzte sie mit einem Buch an einen Fenstertisch, behielt sie im Auge und versuchte mit Hilfe der Broschüren, die in der Bibliothek auslagen, herauszubekommen, welchen Schutz und welche Zufluchtsorte es für Menschen wie sie gab. Von einer Telefonzelle zwei Straßen weiter rief sie die Nummer eines 24-Stunden-Krisentelefons an und sprach mit einer sehr netten ruhigen Frau, während Irina sich an ihre Beine schmiegte.
    Aber noch während die Frau am anderen Ende der Leitung ihr von Hilfsangeboten, sicheren Plätzen, richterlichen Verfügungen und Prozesskostenhilfe erzählte, wusste sie schon, dass dies alles für sie und Irina nicht geeignet war. Denn unter dem Strich war sie schließlich eine Kriminelle, weil sie ihr kleines Mädchen illegal ins Land gebracht hatte; sie hatte ihrem Mann dabei geholfen – hatte Beihilfe geleistet –, ihre Tochter zu kaufen.
    Aber das war eine Lappalie. Tausend Mal schlimmer war es, wenn sie daneben stand, sobald er Irina schlug.
    Wenn er sie trat.
    Es gab keine Zuflucht für sie. Alles reine Fantasie.
    Hoffnungslos.
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    19.
    an gewöhnt sich nie daran, oder?«, bemerkte Maureen M Donnelly zu ihrer Freundin Clare Novak; sie saßen beim Mittagessen in einem kleinen griechischen Restaurant in einer kleinen Seitenstraße der Charlotte Street.
    »Ich habe es nie geschafft.« Clare tunkte ein kleines Stück Pitta in die Taramasalata, betrachtete es und legte es wieder zurück.
    »Tut mir Leid«, sagte Maureen. »Ich hätte nicht darüber sprechen sollen.«
    »Doch«, erwiderte Clare. »Es beschäftigt dich. Es ist besser, wenn du es dir von der Seele redest.«
    »Du hast Recht, es beschäftigt mich wirklich.« Maureen trank einen Schluck Retsina. »Der Fall geht mir verdammt nahe. Es gab nichts Eindeutiges, weißt du. Ihre Geschichte hätte tatsächlich wahr sein können – die Verletzungen passten zu dem, was die beiden behaupteten. Und Gott weiß, dass Kinder ständig hinfallen.«
    »Aber du hast ihnen nicht geglaubt.«
    »Nicht so recht«, sagte Maureen. »Aber es war irgendwie seltsam. Normalerweise interessieren mich nur die Kinder – die Mutter, die so etwas zulässt, kümmert mich kein bisschen.«
    »Aber in diesem Fall war es anders?« Clares sanfte braune Augen blickten sie forschend an.
    »Ja. Sie schien zu leiden.«
    »Das schlechte Gewissen.«
    »Ja.«
    »Dann war sie es wohl nicht?«
    »Auf keinen Fall.« Maureen schüttelte den Kopf. »Himmel, 129
    diese Kleine ist mir ehrlich an die Nieren gegangen, Clare.« Sie hielt inne. »Und ihre Mutter ebenfalls.«

    »Glaubst du«, fragte Clare an diesem Abend beim Zubettgehen ihren Mann, »du könntest dir diese Leute mal ansehen?«
    »Was sollte das bringen?« Novak berührte den Bezug seiner Decke. »Der ist sehr hübsch.«
    »Ich habe ihn im Ausverkauf bei John Lewis bekommen.«
    Clare schaltete ihre Nachttischlampe aus. »Mike, glaubst du, du könntest das tun?«
    »Warum?« Er kroch unter die Decke, legte den rechten Arm um sie und zog sie an sich.
    »Falls du der Meinung bist, es könnte ein Fall für Robin sein.«
    »Du hasst Robin doch.« Novak war überrascht.
    »Ich habe nie gesagt, dass ich ihn hasse. Ich hab nur gesagt, dass ich ihm nicht recht traue.« Clare hielt inne. »Zumindest seinen Motiven nicht.« Sie rückte ein kleines Stück von Novak ab und stützte sich auf den linken Ellbogen. »Ich möchte, dass du mich bei dieser Sache ernst nimmst, Mike.«
    »Ich nehme dich immer ernst.«
    Sie legte sich wieder hin und versuchte, sich zu entspannen.
    »Also?«
    »Hat Maureen nicht gesagt, es gibt keinen Beweis, dass es nicht wirklich ein Sturz war?«
    »Dieses Mal nicht. Und das ist genau der Grund, weshalb jemand versuchen sollte, zu helfen.«
    »Bevor es ein nächstes Mal gibt.«
    »Ganz genau.«
    Novak starrte in die Dunkelheit und stellte sich ein kleines Mädchen mit dunklen, gepeinigten Augen und blauen Flecken auf dem Körper vor. »Ich liebe dich.«
    130
    Clare

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