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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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gehen.
    Sie fanden einen Ecktisch im The Harp. Der Privatdetektiv bestellte einen Orangensaft für Helen und ein kleines Bier vom Fass für sich selbst. Anfangs entspannte sich Helen. Sie war genauso froh wie Novak, der bedrückenden Atmosphäre des Gerichts entkommen zu sein. Dann aber kehrte ihre Anspannung zurück.
    »Also, was kann ich für Sie tun, Mr Novak?«, wollte sie wissen. »Als Sie das erste Mal anriefen, sagten Sie, Sie seien zufällig bei mir in der Gegend. Danach sagten Sie, Sie hätten nur meinen Anruf beantwortet.«
    »Beides stimmt.«
    »Und wo waren Sie heute Morgen zufällig? Segeln auf dem Welsh Harp?«
    Novak schwieg einen Moment. »Ich bin nur …« Er zuckte die Achseln. »Ich fühle mich dem Fall verbunden. In irgendeiner Form sogar verantwortlich dafür.«
    »Wieso?«
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    »Weil ich Lynne Bolsover im Stich gelassen habe.«
    »Wenn sie überhaupt im Stich gelassen wurde, dann doch wohl von Mr Allbeury«, sagte Helen. »Macht er sich genauso viele Gedanken wie Sie?«
    »Wir haben in letzter Zeit nicht über den Fall gesprochen.«
    »Aus den Augen, aus dem Sinn?«, sagte Helen.
    Novak schüttelte den Kopf.
    »Was ist?«, fragte Helen.
    »Nichts.«
    »Sie sehen wütend aus.«
    »Ich bin nicht wütend, Inspector. Ich wollte nur sagen, dass Sie eine Menge Mutmaßungen anstellen.«
    Jetzt war es Helen, die mit den Achseln zuckte. »Das versuche ich meistens zu vermeiden.«
    »Sie haben Mutmaßungen über Robin Allbeury angestellt.«
    »Habe ich das?«
    Beide schwiegen eine Weile.
    »Sie sind nicht überzeugt, dass es wirklich Bolsover war, richtig?« Novaks Augen musterten sie forschend.
    »Gegen ihn wurde Anklage erhoben.«
    »Und inoffiziell?«
    Helen trank ihren Saft und warf einen Blick auf die Uhr. »Ich muss los.«
    »Wir wissen, dass er sie geschlagen hat. Sie haben die Tatwaffe gefunden.«
    »Das ist kein Geheimnis.« Helen stand auf. »Danke für den Saft, Mr Novak.«
    Er starrte zu ihr hoch. »Aber Sie sind trotzdem nicht überzeugt, richtig?«
    »Auf Wiedersehen, Mr Novak.«
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    Novak dachte noch über Helen Shipley nach, als er seinen Wagen in den Verkehr einfädelte; sein alter Clio stotterte ein wenig. Allbeury hatte ihm einmal angeboten, ihm einen neuen Wagen zu kaufen, und Novak war arg in Versuchung geraten, doch Clare hatte nur die Stirn gerunzelt, als sie von dem Angebot erfuhr – sie sah darin einen Schritt zu weit in eine Richtung, die ihr noch nie sehr behagt hatte.
    »Er hat es nur deshalb vorgeschlagen, weil er will, dass ich ein zuverlässiges Auto habe, solange ich für ihn arbeite«, erklärte Novak.
    »Dann soll er dir eins leihen, wenn du für ihn arbeitest«, erwiderte Clare.
    »Er hat kein Interesse, mich zu kaufen«, fuhr Novak fort, immer noch in der Defensive.
    »Du bist Idealist durch und durch.«
    Damit hatte sie natürlich Recht, überlegte er jetzt, während er in einen Tunnel einfuhr. Bei der Polizei war sein Idealismus ein Problem gewesen. Es war in Ordnung – zumindest akzeptabel –, idealistisch zu sein, wenn man dort anfing; später aber musste man entweder die meisten Vorstellungen fallen lassen und sich zu den Zynikern gesellen, oder man blieb unten. Inspector Shipley war der lebende Beweis dafür. Eine intelligente, wahrscheinlich hochmotivierte Frau, die – da war Novak jetzt sicher – große Zweifel an John Bolsovers Schuld hegte, zumindest was den Mord betraf, die im Grunde aber keine andere Wahl hatte, als auf Linie zu bleiben.
    Novak wäre unter den gleichen Umständen ein hoffnungsloser Fall gewesen. Und Allbeury, so überraschend das für einen solch distinguierten Mann in einem solch zynischen Beruf auch war, wäre es ebenso ergangen.
    Doch Clare hätte ihre Zweifel, das wusste Novak. Selbst jetzt, nachdem sie Allbeury um Hilfe für die Patstons gebeten hatten, 224
    zweifelte sie noch an ihm.
    Andererseits, sinnierte er, während er weiter durch den zähen Verkehr kroch, steckte das ganze Leben ja voller Zweifel.
    Die meisten Dinge, die meisten Menschen.
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    42.
    izzie stand in ihrer Küche in Marlow und presste Orangen L aus, als Allbeury anrief, um ihr für den Abend zu danken.
    »Die Sache hat nur einen Haken«, fügte er hinzu. »Jetzt, wo ich das Original einmal gekostet habe, werde ich es wohl nie wagen, die Lizzie-Piper-Rezepte selbst auszuprobieren.«
    Seine Stimme, fand Lizzie, war freundlich und warm. Eine gute Stimme. »Christopher hat erwähnt, dass Sie eins meiner Bücher besitzen«, sagte sie.
    »Ich habe drei.«

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