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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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sie sei wohl eher eine Ratte als ein richtiger Hund. Ein junges Pärchen zückte seine Kamera und fotografierte die nach traditioneller Bauweise errichteten Adlerhorste des Dorfes, um sich im Flachland ein ähnliches Haus zu bauen. Es dauerte fünf Blicke, bis sich die Kinder der Besucher von außerhalb mit den St.-Petri-Kindern angefreundet hatten und das Klettergerüst des Volksschulspielplatzes miteinander erklommen. Es war plötzlich so voll mit kreischenden Kindern, dass die Volksschullehrerin aufgeregt loslief, um in ihren Unterlagen zu überprüfen, für wie viel Kilo Belastung es geeicht war. Als schließlich sechs junge Burschen aus einem VW – Bus stiegen und neben ihrem Parkplatz ein Zelt aufbauten, merkten die St.   Petrianer, dass einige Besucher gekommen waren, um länger zu bleiben. Die Dorfmädchen gerieten in große Verzückung, denn die sechs jungen Männer, Pfadfinderführer aus der benachbarten Alpenrepublik im Westen, waren braun gebrannt, von strammem Körperbau und hatten strahlend weiße Zähne.
    Schuarl begriff diesen Tag als solch ernst zu nehmende organisatorische Herausforderung, dass er der Meinung gewesen war, seine Sirene und die Warnblinkanlage reichten nicht aus, weswegen er sich im Gemeindearbeiterbedarfsversand ein Megafon bestellt hatte. Kaum dass er den schwarzen 1.-Klasse-Reisebus erspäht hatte, düste Schuarl zurück nach St.   Peter, hielt das Megafon aus dem Fenster und schrie:
    »Se kumman! Se kumman!«
    Nicht nur die St.   Petrianer wurden von seinen Rufen aufgescheucht, sondern auch einige der Angereisten, die Stehplatzkarten gelöst hatten – die Tribünenplätze waren schon seit zwei Wochen ausverkauft –, kamen auf dem Dorfplatz zusammen, um die Ankunft der berühmten Fußballer zu beobachten. Johannes schlich sich still und leise in die hinterste Reihe. Die geballte Aufregung war ihm zu viel, und da er wusste, dass er jetzt eh nichts mehr ausrichten konnte, beschloss er abzuwarten, was nun geschah.
    Alle versuchten, sich in Position zu bringen, die Volksschulkinder hopsten vor Aufregung auf ihren Plätzen, ein letztes Mal wurde an den braun-weißen und gelb-blauen Schleifchen der Bäume und Büsche gezupft, bis der Bus um die letzte Kurve bog. Schwarz lackiert, perfekt poliert, von außen uneinsehbare Fenster, die das Sonnenlicht als funkelnde Blitze zurücksandten, und das Rauschen seiner Klimaanlage übertönte sogar den leistungsstarken Motor.
    Im Inneren des Busses stieß der Busfahrer einen lauten Seufzer aus. Die Fahrt bergauf hatte ihn alle Nerven gekostet. Die engen Straßen, steilen Serpentinen und nah an das Fenster tretenden Gesteinswände hatten den routinierten Busfahrer, der flache, breite Straßen gewohnt war, vor die größte Herausforderung seines Lebens gestellt. Aber auch einige der Spieler hatten während der Fahrt nach Luft gerungen, als sie das gewaltige Bergmassiv der Zentralalpen gesehen hatten. Sie hatten zuvor zwar schon im Süden ihres Landes Spiele gegen die Bajuwaren ausgetragen und dort den einen oder anderen Berg gesehen, doch waren diese Hügel gewesen im Vergleich zur Naturgewalt der Alpenrepublik. Der Busfahrer war irritiert, von Schuarls Lehrbub mitten auf dem Dorfplatz angehalten zu werden. Der Bus war von Menschen umringt, sodass auch Zurücksetzen unmöglich war. Die Spieler blickten aus dem Fenster und wunderten sich.
    »Kuckt ma, da ham se dahinten auf’em großen Kuhstall Totenkopffahnen gehisst!«, stellte der Linksaußenverteidiger überrascht fest, und viele sprangen an seine Seite, um das selbst zu überprüfen. Es war für alle ein Kontrast, so ein kleines Bergdörfchen voller Totenkopfflaggen zu sehen, auch wenn sie das eigene Logo zeigten.
    Bürgermeister Ebersberger wurde schließlich ungeduldig, da er befürchtete, seine Rede zu vergessen, und so trat er an die Tür des Busses, um die die restlichen St.   Petrianer einen Abstand in Kreisform hielten, klopfte und deutete den Insassen mit Händen, Füßen und seinem dicken Bauch, endlich hinauszukommen.
    Das ganze Dorf hielt die Luft an, als die Hydraulik der Bustür zu brummen begann, sich diese öffnete und der FC St.   Pauli nach Trikotnummern geordnet ins Freie trat.
    »Scheiße, de ham jo a richtige Disziplin«, murmelte Sepp Gippel und freundete sich geistig mit einer Differenz von vierzig Toren an.
    Die St.   Petrianer vergaßen all ihre Begrüßungsvorbereitungen und wunderten sich, dass keiner der St.-Pauli-Spieler grüne Haare hatte. Ebenso suchten

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