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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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überhaupt?«
    »Geh, woranst du scho wieder denkst!«
    Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Bürgermeisters, für die sich Johannes, der sich in die letzte Reihe geflüchtet hatte, in Grund und Boden schämte, wurde die Mannschaft von den Ordnern zu den Kabinen eskortiert. Spieler der U-12-Mannschaft begleiteten diesen Zug mit Fahnen, und an den Wegrändern standen Dorfbewohner und fremde Besucher Spalier, die Dorfmädchen kreischten, wie sie es tagelang einstudiert hatten.
    Das Empfangskomitee, bestehend aus Bürgermeister Ebersberger, einigen Gemeinderäten und Johannes, der bis dahin in Deckung gegangen war, jetzt aber seines Amtes walten musste, begleitete den Präsidenten und weitere Funktionäre aus St.   Pauli auf die VIP – Tribüne.
    »Schön ham Se’s hier. Muss man schon sagen«, bemerkte St.   Paulis Präsident, als er kurz stehen blieb und seinen Blick über das alpine Panorama schweifen ließ. Johannes setzte schon an, ihm zu erklären, welche Namen die Berge hatten und wie hoch diese waren, welche geologischen Besonderheiten die Sporzer Alpen hatten und wie Flora und Fauna im Allgemeinen beschaffen waren, doch der Bürgermeister drängte Johannes mit seinem dicken Bauch beiseite, warf sich an die Flanke des St.-Pauli-Präsidenten und sagte:
    »Ja und oiso, dass Se beruhigt sand, wir ham a in unsrer letzten Gemeinderatsversammlung so a Gesetz aufg’hoben, so a depperts Gesetz aus’m Mittelalter, wegen so Lebensmenschen. Wenn Sie wolln, Sie könnan hiazn ungegeniert mit ihrm Lebensmensch umadum tuan. Wir sand tolerant.« Johannes’ Augen weiteten sich vor Panik, und er beruhigte sich erst, als der Präsident von St.   Pauli zu lachen begann.
    »Sie sünd mir ja lustich, sagen Se blouß, Se hatten da früher ’n Gesetz füa, dass man sich nich in der Öffentlichkeit mitenander zeigen darf?«
    »Jo, oiso de Vorfahren, de warn net so offen. Bei uns gibt’s kane Lebensmenschen, wir sand jo a katholisches Volk!«
    Johannes schüttelte den Kopf und versuchte abzulenken: »In den Sporzer Alpen gibt es übrigens die größte Schneehuhnpopulation Mitteleuropas!«, doch der Präsident hörte ihm nicht zu.
    »Sagen Se, Ebersberger, was tun Se mit Lebensmenschen meinen?«
    Johannes ging hinter den beiden her und überlegte, wie er dieses Gespräch aufhalten sollte, aber der Bürgermeister war in Fahrt gekommen.
    »Bei uns in da Alpenrepublik, da is Lebensmensch da Ausdruck für zwoa, de wos vo daselben Fakultät sand!«
    »Aba wieso können denn Studierte von’nerselben Fakultät keine Kinder bekomm’?«
    »Na, i mein do net de Studierten, sondern de, na Sie wissen scho, de vom Ufer da.«
    »Nee, ich weiß würklich nich, was Se mir erzählen wollen, Mensch.«
    »Na i mein, wir ham halt g’lesen, dass bei Ihnen im Verein, dass’s da holt Männer gibt, de, de, denen Manderl liaber sand ois Weiberl.«
    »Meinen Se Homosexuelle?«
    »Pst, net so laut!«, flüsterte der Bürgermeister Ebersberger, und Johannes, der vor Panik schwitzte, drängte sich auf der Höhe der Mehrzweckhalle zwischen die beiden und deutete wild auf das große, dem Gemeindeamt angeschlossene Gebäude:
    »Herr Bürgermeister, wollen Sie dem Präsidenten nicht von unserer multifunktionalen Mehrzweckhalle erzählen? Wissen Sie, Herr Präsident, hier gibt es nicht nur Sportveranstaltungen, auch die Erstkommunionen werden hier abgehalten, wenn es am Erstkommunionstag regnet!« Der Präsident beachtete ihn immer noch nicht, sondern blieb vor dem Bürgermeister stehen:
    »Sagen Se, glauben Se ich bin schwul, oder was?«
    »Na glauben net, owa ma hört heutzutag halt so vül!«
    »Mensch, mein Vorgänger wah – wie ham Se gesacht? – von dieser Fakultät! Ich bin verhoiratet.«
    »A mit aner Frau?«
    »Glauben Se, ich heirate meinen Hund?« Bürgermeister Ebersberger atmete auf und flüsterte vor sich hin:
    »Jessasmaria, bin i froh.« Johannes war erleichtert, dass dieses Thema nun abgehakt war, und hoffte, der Bürgermeister würde nicht noch damit prahlen, dass der Gemeinderat über das Wochenende die Prostitution legalisiert hatte.

[Die Besteigung des Großen Sporzer Gletschers III, Notizbuch IV]
    [14.3.] Ein Vierteljahrhundert vor der Jahrtausendwende, die in den Leben der Bergbarbaren wenig wendete, geschah es endlich, daß der Große Sporzer Gletscher über die Nordroute, die durch St.   Peter am Anger führt, bezwungen wurde. [14.4.] Durch Befragung von solchen, die jene Besteigung mit eigenen Augen miterlebten, habe ich

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