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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Bleistift auf dem Rest der Seite an: Rätselhaft ist, was mit einem Viertel meiner medizinischen Ausrüstung geschah, das wie vom Erdboden verschluckt ist, seit sie ausgeladen wurde. Dies Rätsel muß ich demnächst lösen, um meine Ordination baldmöglichst in Betrieb nehmen zu können. Nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Geister der Menschen halte ich die dauerhafte Anwesenheit eines Arztes für unabkömmlich. Immerhin gibt es hier außerdem einen der altersbedingten Verwirrung verfallenen Priester, der, als wäre er noch im 14.   Jahrhundert, von dem Aussatz als Gottes Strafe spricht. Dem muß etwas entgegengehalten werden, denn es kann nicht sein, daß im Jahr 1969 Menschen zu irgendwelchen Heiligen beten, um sich vor der Grippe zu schützen!
    An seinem vierten Abend in St.   Peter überwand sich Johannes Gerlitzen auf Elisabeths Drängen hin, ins Wirtshaus zu gehen. Elisabeth war überzeugt, ließe sich Johannes beim Mandling sehen, würden die St.   Petrianer ihre Berührungsängste verlieren, doch als er die Stufen hinunter in das schlecht beleuchtete Souterrain-Lokal ging und sich alle Augen auf ihn richteten, war er sich nicht so sicher, am richtigen Ort zu sein. Einst war das Wirtshaus sein zweites Wohnzimmer gewesen, und dennoch fragte er sich nun, wie er sich in dieser Wolke aus Zigarettenrauch und tief in die Holztische eingetrocknetem Bier jemals hatte wohlfühlen können. Er wollte schon umdrehen, als ihn die Stammtischrunde zu sich rief.
    »Na, wir ham owa net glaubt, dass wir di nu amoi bei uns sehn«, schrie ihm Friedrich Ebersberger zu, der das Bürgermeisteramt seines Vaters gemeinsam mit dessen Autorität und Fettleibigkeit übernommen hatte. Anton Rettenstein, Wilhelm Hochschwab und Gerhard Rossbrand hoben ihre Bierkrüge, und jetzt konnte Johannes nicht mehr anders, als sich zu ihnen zu setzen. Natürlich sprachen sie nicht über die schwierigen Kapitel der Vergangenheit, denn in St.   Peter am Anger sprach man nicht über Dinge, die man nicht ändern konnte. Die Freunde von früher erzählten ihm, was in seiner Abwesenheit geschehen war: Anton hatte noch zwei Kinder bekommen und den Stall vergrößert, Gerhard hatte zwei Söhne gezeugt, Friedrich einen Sohn und eine Tochter sowie das Bürgermeisteramt bekommen, und Wilhelm Hochschwab hatte sein Vermögen vergrößert und war stolz, wie ordentlich seine Tochter Edeltraud trotz ihrer sieben Jahre bereits mit der Puppenküche wirtschaften konnte – allesamt saßen sie nach wie vor jeden Abend am Stammtisch des Wirtshauses und diskutierten die Belange des Dorfes. Johannes hörte ihnen aufmerksam zu und wartete darauf, etwas zu hören, das er nicht erwartet hatte, doch er wurde enttäuscht. In St.   Peter am Anger war bei den meisten ab dem Kindergarten ausgemacht, wer wen heiraten würde, die Söhne bekamen die Namen der Väter, die Töchter die Namen der Großmütter, der Bauernhof wurde an den erstgeborenen Sohn weitergegeben, und die größte Neuerung war, dass der Gemeinderat beschlossen hatte, die Straßen asphaltieren zu lassen. Als ihn seine Saufkumpanen und Kartenspielfreunde früherer Zeiten fragten, was er die letzten neun Jahre getrieben habe, antwortete Johannes nur lakonisch:
    »Ich bin in die Stadt gegangen und Arzt geworden.«
    Johannes ahnte, dass sie Näheres gar nicht hören wollten und erst recht nicht verstünden. In St.   Peter erörterte man keine Details. Niemand hatte ihm erzählt, wie es denn genau zustande gekommen war, dass ausgerechnet der junge hübsche Gemeinderat Arber eine der hässlichen Hohenzoller-Töchter geheiratet oder die Familie Sonnblick ihren Hof aufgegeben hatte – im Dorf galt das ungeschriebene Gesetz, dass Dinge nun mal so waren, wie sie waren.
    »S’is halt so«, sagte man, wenn man ein Thema als abgeschlossen betrachtete.
    Johannes verabschiedete sich wenig später, der Rauch setzte seinen Lungen zu, und ging einen weiten Umweg durch das Dorf, bis er zu Hause ankam. S’is halt so , dachte er auf seiner Runde über den Dorfplatz, durch die Siedlungsgebiete und mit Blick auf die wenigen erleuchteten Bauernhöfe auf den auslaufenden Hängen talwärts. Bevor er die Haustür aufschloss, setzte er sich auf die Holzbank vor dem Haus und erinnerte sich an jene kalte Jännernacht vor fast zehn Jahren, als er hier das letzte Mal gesessen hatte. Er blickte in den sternenübersäten Himmel, suchte seine liebsten Sternbilder und dachte an Ilse.
    »S’is halt so«, flüsterte er in die

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