Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
dir am Tag nach der ersten Verabredung Blumen schickt.«
Tränen traten ihr in die Augen, aber sie schüttelte nur den Kopf und trank noch einen Schluck Whiskey. »Ich wollte ein normales Leben führen. Als es zwischen uns ernster wurde, dachte ich, ja, ja, ja, jetzt hast du es geschafft. Der Job bedeutet nicht, dass ich nicht auch jemanden haben und zu jemandem gehören könnte. Aber ich sagte ihm nicht, was ich in den Nächten trieb, in denen wir nicht zusammen waren oder er schon eingeschlafen war. Ich erzählte es ihm nicht.«
»Hast du ihn geliebt?«
»Ja. Und das sagte ich ihm auch. Ich sagte ihm, dass ich ihn liebte, sagte ihm aber nicht, was ich machte.« Sie holte tief Luft. »Ich weiß nicht, ob es die pure Feigheit oder jahrelanges Training war, aber ich sagte es ihm einfach nicht. Wir waren acht Monate zusammen, und er hatte immer noch keine Ahnung. Dabei gab es doch Anzeichen und Hinweise. Hey, Jeremy, wunderst du dich denn gar nicht darüber, woher ich diese blauen Flecken habe? Warum meine Kleider ständig so zerrissen und schmutzig sind? Aber er fragte nie, und ich verbot mir einfach, darüber nachzudenken.«
»Die Menschen haben Scheuklappen. Und wenn man liebt, vermutlich sogar noch mehr.«
»Ja, darauf kannst du wetten. Schließlich bat er mich, ihn zu heiraten. O Gott, er zog alle Register. Wein, Kerzen, Musik, genau die richtigen Worte. Und ich versank glückselig in dieser großen, glänzenden Fantasie. Aber immer noch sagte ich nichts. Bis meine Tante mich darauf ansprach.«
Sie drückte Daumen und Finger einer Hand an die Augen. »›Du musst es ihm sagen‹, erklärte sie. ›Er muss dir glauben. Ohne Vertrauen, mit Lügen und Halbwahrheiten, kannst du nie mit ihm zusammenleben.‹ Ich schleppte mich noch zwei Wochen damit herum, aber es nagte an mir. Ich wusste, dass sie Recht hatte. Aber er liebte mich, deshalb würde es schon gutgehen, und er würde einsehen, dass ich das Richtige tat.«
Sie umfasste ihr Glas mit beiden Händen und schloss die Augen. »So vorsichtig wie nur möglich erklärte ich es ihm und erläuterte ihm die Familiengeschichte. Er hielt es für einen Witz.« Sie öffnete die Augen und blickte Larkin an. »Als er merkte, dass es mir Ernst war, wurde er mir gegenüber
feindselig und glaubte, ich wollte auf diese kranke Art unsere Verlobung beenden. Wir drehten uns im Kreis, und schließlich forderte ich ihn auf, mit mir zum Friedhof zu gehen. Ich wusste, dass in dieser Nacht einer aus dem Grab kommen würde, und wenn er es sähe, dachte ich, würde er es vielleicht endlich begreifen. Also zeigte ich ihm, was sie waren und was ich war.«
Sie trank einen Schluck. »Und auf einmal hatte er es schrecklich eilig, von mir wegzukommen. Er konnte es kaum erwarten, seine Sachen zu packen und mich zu verlassen. Seiner Meinung nach war ich ein Freak, und er wollte mich nie wiedersehen.«
»Er war schwach.«
»Er war nur ein Mann. Jetzt ist er ein toter Mann.«
»Es ist also deine Schuld? Deine Schuld, dass er dir so viel bedeutete, dass du ihm gezeigt hast, wer du bist? Deine Schuld, dass du ihm nicht nur Monster in dieser Nacht gezeigt hast, sondern auch noch deinen Mut und deine Stärke, sie zu bekämpfen? Deine Schuld, dass er nicht Manns genug war, um zu begreifen, wie wunderbar du bist?«
»Was ist an mir so wunderbar? Ich tue, was ich gelernt habe, und bin in das Familienunternehmen eingetreten.«
»Das ist Unsinn, schlimmer noch, es ist Selbstmitleid.«
»Ich habe ihn nicht getötet – in dieser Hinsicht hattest du Recht. Aber er ist meinetwegen tot.«
»Er ist tot, weil ein böser, seelenloser Dämon ihn getötet hat. Er ist tot, weil er nicht glauben wollte, was er mit eigenen Augen gesehen hat, und weil er dir nicht die Treue gehalten hat. Und damit hast du nichts zu tun.«
»Er hat mich verlassen, wie mein Vater mich verlassen hat. Ich glaubte, das wäre das Schlimmste gewesen. Aber dieses nun … ich weiß nicht, wohin mit dem Schmerz.«
Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es beiseite. Dann zog er sie in die Arme und drückte ihren Kopf an seine Schulter. »Gib mir ein wenig davon ab. Vergieß deine Tränen, a stór. Es wird dir besser gehen, wenn du um ihn geweint hast.«
Er hielt sie fest und streichelte ihr beruhigend über die Haare, während sie um einen anderen Mann weinte.
Sie erwachte voll bekleidet in seinem Bett und war dankbar dafür, dass sie alleine war. In ihrem Kopf pochte es dumpf, die Strafe dafür, dass sie sich mit
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