Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
hereinkommen? Ich muss mit dir sprechen.«
»Ja, sicher.«
Sie streifte ihn, als sie an ihm vorbeiging. Im Zimmer war es dunkel wie um Mitternacht. Weder Kerzen noch das Kaminfeuer brannten, und die Vorhänge waren fest zugezogen.
»Die Sonne ist bereits untergegangen.«
»Ja, ich weiß.«
»Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir ein bisschen Licht machen?« Sie ergriff die Zunderschachtel und fummelte damit herum. »Ich kann in der Dunkelheit nicht so gut sehen wie du.« Als Licht aufflammte, beruhigte sie sich ein wenig. »Es ist kalt hier drin«, fuhr sie fort. »Soll ich dir das Feuer anzünden?«
»Tu, was dir beliebt.«
Er sagte nichts, während sie vor dem Kamin kniete und die Glut schürte. Aber sie wusste, dass er sie beobachtete, und das Wissen machte ihre Hände kalt und steif.
»Fühlst du dich hier wohl?«, begann sie. »Der Raum ist nicht so groß und prächtig, wie du es gewöhnt bist.«
»Und er ist vor allem so weit von der Bevölkerung entfernt, dass sie keine Angst zu haben brauchen.«
Erstaunt drehte sie sich um. Hinter ihr begannen die Flammen emporzuzüngeln. Sie errötete jedoch nicht, sondern wurde ganz blass. »Oh, aber nein, ich wollte nie …«
»Es ist mir gleichgültig.« Er ergriff ein Glas, das er sich offensichtlich gerade eingeschenkt hatte, bevor sie hereingekommen war. Vor ihren Augen trank er von dem Blut, das darin war. »Dein Volk wäre sicher abgestoßen von meinen Lebensgewohnheiten.«
Ärgerlich erwiderte sie: »Darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Das Zimmer geht nach Norden. Ich dachte
… ich dachte doch nur, dass du hier weniger direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt wärest, sodass du dich freier bewegen könntest. Ich würde niemals einen Gast – einen Freund – beleidigen. Ich würde niemals jemanden beleidigen, der mich in seinem Haus willkommen geheißen hat.«
Sie erhob sich. »Ich kann deine Sachen sofort woanders hinbringen lassen. Ich …«
Er hob die Hand. »Das ist nicht nötig. Und ich entschuldige mich für meine Äußerungen.« Er empfand nur selten ein Schuldgefühl, aber jetzt war es so. »Es ist eine sehr umsichtige Wahl. Ich hätte nicht weniger erwarten dürfen.«
»Warum sind wir … Ich verstehe nicht, warum wir so oft aneinandergeraten.«
»Verstehst du das nicht?«, murmelte er. »Nun, wahrscheinlich ist es das Beste so. Also, welchem Umstand verdanke ich die Ehre deiner Anwesenheit?«
»Du machst dich über mich lustig«, sagte sie leise. »Du bist immer so hart, wenn du mit mir sprichst.«
Sie meinte zu hören, dass er seufzte, wenn auch ganz verhalten. »Ich habe schlechte Laune, weil ich an unvertrauten Orten nicht gut schlafen kann.«
»Das tut mir leid. Und jetzt muss ich dich auch noch behelligen. Ich habe Blair gebeten, die Vampire, die jetzt in Geall sind, zu jagen und wenigstens einen lebendig hierher zu bringen.«
»Das ist ein Widerspruch in sich.«
»Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll«, giftete sie. »Mein Volk wird kämpfen, weil wir es von ihm verlangen. Aber ich kann nicht von ihm verlangen, das Unmögliche zu glauben. Deshalb müssen wir es ihnen zeigen.«
Sie würde eine gute Königin sein, dachte er, weil sie keinen
blinden Gehorsam erwartete. Und wie sie jetzt so dastand. So still und ernst, obwohl in ihr ein Krieg tobte.
»Du möchtest, dass ich mit ihr gehe.«
»Ja, und sie auch. Ich auch. Gott, immer wenn ich mit dir rede, bekomme ich kein klares Wort heraus. Sie hat darum gebeten, dass du und Larkin mit ihr geht. Mich will sie nicht dabei haben. Sie findet genau wie ich, dass ich von größerem Nutzen bin, wenn ich Krieger versammle und dabei helfe, die Fallen auszulegen, die sie sich ausgedacht hat.«
»Und wenn du regierst.«
»Ich regiere noch nicht.«
»Das ist deine Entscheidung.«
»Ja. Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du sie und Larkin begleiten könntest und einen Gefangenen mit zurückbrächtest.«
»Das ist nicht das Problem. Ich weiß nur nicht, wo wir suchen sollen.«
»Ich habe eine Landkarte. Ich habe bereits mit meinem Onkel gesprochen und weiß, wo die Angriffe stattgefunden haben. Larkin kennt sich in Geall aus. Einen besseren Führer könnt ihr nicht haben und keinen besseren Gefährten, ob im Kampf oder im übrigen Leben.«
»Ich habe kein Problem mit dem Jungen und auch nicht mit der Jagd.«
»Dann komm doch bitte in den äußeren Hof, wenn du fertig bist. Ich schicke dir jemanden, der dir den Weg zeigt.«
»Ich kann mich an den Weg
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