Blaubeertage (German Edition)
Handy in die Höhe. »Xander sagt, dass das Studio im Moment frei ist.«
»Alles in Ordnung?«, fragt Skye leise. Ich sitze in der Mitte der Bank, eingequetscht zwischen ihr und Derrick, dem Schlagzeuger.
»Mir geht’s gut. Warum?« Mit »gut« meine ich, dass ich kurz vorm Nervenzusammenbruch bin. Wir treffen uns gleich mit Xander. Ich werde ihn sehen müssen. Ganz schlechte Idee. Ich ziehe in Erwägung, mich aus dem Minivan zu stürzen, nachdem all das so richtig bei mir angekommen ist.
»Weil du eben gerade herausgefunden hast, dass der Typ, in den du verliebt bist, eine Freundin hat.« Sie zeigt auf die Illustrierte, die jemand zurück in den Minivan geworfen hat und die irgendwie unter meinem Fuß gelandet ist (aber vielleicht habe ich meinen Absatz auch absichtlich in Sadies perfekte Visage gedrückt).
»War das so offensichtlich?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Hey, ein bisschen mehr zutrauen könntest du mir schon! Ich bin schließlich deine beste Freundin.«
»Na gut, ich bin sowieso über ihn hinweg.«
»Das ging schnell.«
»Keine Kunst. Ich habe versucht, über ihn hinwegzukommen, seit ich ihn kenne. Ich bin mir also selbst einen Schritt voraus.«
Sie tätschelt mein Knie, als denke sie, ich würde meine Augen vor der Wahrheit verschließen. Okay, okay, das tue ich auch, aber sie muss mir den Gefallen tun und mitspielen, bis all das, was ich mir gerade einrede, auch Wirklichkeit wird.
Ich hoffe, dass das Studio nicht automatisch auch ein Zusammentreffen mit Xander bedeutet. Denn ich bin im Moment noch nicht in der Lage, ihm gegenüberzutreten. Es ist ja durchaus möglich, dass er im Studio bloß angerufen und Bescheid gesagt hat, dass eine Band vorbeikommt. Es muss nicht heißen, dass er auch da ist. Jedenfalls versuche ich, mir das während der Viertelstunde Autofahrt einzureden, in der alle Bandmitglieder wild durcheinanderreden. Wir müssen einen Sicherheitsposten passieren, dann fahren wir durch ein schmiedeeisernes Tor und auf einen gepflasterten Weg. In dem Moment, als ich einen gigantischen Springbrunnen und ein Haus mit mehr Fenstern, als ich auf den ersten oder zweiten Blick zählen kann, sehe, wird mir klar, dass das Studio doch automatisch Xander bedeutet – beide haben die gleiche Adresse.
23.
X ander erwartet uns in der runden Einfahrt und ich versuche, mich hinter den anderen zu verstecken. Ich frage mich, wie peinlich mir mein Verhalten während der letzten Monate eigentlich sein muss. Hat er jedes Mal, wenn er vorbeigekommen ist, gespürt, wie sehr mein Herz raste? Habe ich ihn rehäugig angehimmelt? Skye ist es nicht entgangen. Ihm wahrscheinlich auch nicht. Und jetzt denkt er bestimmt, dass ich die Band gefragt habe, ob ich mitkommen darf, bloß damit ich ihn sehen kann.
»Das Studio ist hinterm Haus«, sagt Xander, als die Jungs anfangen, ihre Instrumente aus dem Minivan zu laden. Der Klang seiner Stimme treibt mir wieder Tränen in die Augen. Ich verfluche mich. Er fährt fort: »Die Entscheidung bleibt natürlich ganz bei euch, aber im Studio gibt es Instrumente, falls ihr den ganzen Kram nicht mitschleppen wollt.«
»Super«, sagt Mason und legt seine Gitarre wieder zurück. Henry schließt die Heckklappe.
»Mir nach«, sagt Xander. Es dauert einen Moment, bis er mich wahrnimmt. Ich habe mich ziemlich gut hinter Skye, Mike, dem Bassisten, und Derrick, dem Schlagzeuger, versteckt.
Er runzelt die Stirn. »Hey. Ich wusste gar nicht, dass du auch kommen würdest.«
»Ich auch nicht.« Ich weiß, dass das piepsig und falsch klingt, weil meine Kehle total zugeschnürt ist, aber ich versuche, so zu tun, als ob es mir bestens geht.
Er zögert eine Sekunde, fast, als wollte er noch etwas hinzufügen, sagt dann aber: »Okay, lasst uns gehen.« Er winkt uns, ihm zu folgen. Mir wird klar, dass er will, dass ich zu ihm aufschließe, denn er schaut einige Male über seine Schulter, während wir durch den riesigen Garten laufen, am Swimmingpool und Basketballplatz vorbei, die zum Anwesen gehören. Aber ich bleibe, wo ich bin, zwischen zwei fast Fremden, und höre ihrem Geplänkel zu. Ich werde ihm beweisen, wie sehr ich weiß, dass wir nur Freunde sind. Dass wir immer nur Freunde gewesen sind. Und darüber hinaus soll er ruhig wissen, dass ich noch andere Freunde habe. Er braucht keine Angst zu haben, dass ich mich ihm an den Hals werfe.
»Okay, Leute«, sagt er, schließt die Tür auf und legt die Schlüssel und sein Handy auf einen kleinen Tisch. »Freundet euch mit den
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