Blaubeertage (German Edition)
lege den Kopf schief und warte darauf, dass er den Satz beendet.
»Nach letztem Samstag … und du hast die Kamera ohne ein Wort zurückgebracht …« Sein Blick bohrt sich in meinen.
»Was?«, frage ich. Ich muss wissen, warum er seine Gedanken nicht zu Ende ausspricht. Was er ungesagt lässt. Belastet es ihn, wie wir auseinandergegangen sind, genauso wie mich?
»Dieses Wochenende bin ich unterwegs, aber nächsten Samstag? Bleibt’s dabei?«
Ich blinzele. Will er das wirklich? Noch mehr Berufsinformationstage?
Skye jauchzt kurz auf und erschrickt mich. »Das war ja so was von geil.« Sie springt auf.
Xander steht auch auf, geht zum Pult und drückt auf den Knopf vom Mikro. »Alles im Kasten. Gut gemacht, Jungs.« Er läuft zum Tisch rüber, steckt seine Schlüssel und sein Handy in die Hosentasche und wirft mir dann einen entschuldigenden Blick zu. »Ich hatte keine Ahnung, dass du kommen würdest. Ich hab wirklich wenig Zeit.« Er schaut auf seine Uhr. »Ich muss in zwanzig Minuten am Flughafen sein.«
»Ich bin sicher, dass wir es alleine bis zum Auto schaffen.«
»Also sehen wir uns dann nächsten Samstag?«
Am liebsten würde ich sagen: »Ich weiß ja nicht, vielleicht solltest du das erst einmal mit deiner Freundin absprechen. Sie hat eben angerufen; sollen wir sie fragen?« Aber ich halte den Mund. Denn Freundin hin oder her – ich will ihn am Samstag sehen. Anscheinend bin ich nicht über ihn hinweg, wie ich gehofft hatte, sondern weiter entfernt davon denn je. Und ich hasse mich dafür, dass ich so schwach bin.
24.
A m Montagmorgen, als ich mich von meiner Mom verabschiede und mir meinen Rucksack schnappe, klopft es an der Tür. Ich schaue hoch und sehe Xander mit zwei Bechern in der Hand davorstehen. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Nein, nein, nein, nein, nein. Das darf nicht sein. Er hat eine Freundin. Wenn ich bloß wüsste … Mein Herz verdoppelt seinen Schlag, als er lächelt. Wenn sich mein Herz nicht nur einbilden würde, dass zwischen uns etwas ist, könnte ich jetzt die Tür aufmachen und meine Mutter enttäuschen.
»Wer ist das?«
Dafür ist jetzt wirklich kein guter Zeitpunkt. Meine Mom und ich verstehen uns endlich wieder richtig gut. Ich schüttele den Kopf, aber anstatt wegzugehen, hält Xander den Becher mit einem Grinsen hoch, als wollte er sagen, mich wirst du nicht los, also lass mich rein.
Ich verenge die Augen und lächele ein bisschen. Okay, wenn er es auf die Tour versuchen will, ich bin dabei. »Oh, sieht so aus, als sei das Mrs Daltons Enkelsohn. Er war vor ein paar Tagen hier, um eine Puppe für sie abzuholen. Ich sag ihm kurz, dass wir heute erst um neun öffnen und dass er später wiederkommen soll.«
»Aber nein, Süße. Mrs Dalton ist unsere beste Kundin. Warum lässt du ihn nicht rein und fragst, was er will.«
Oder auch nicht. Mist.
Langsam schließe ich die Tür auf. »Hi«, sage ich. Sein vertrauter Geruch empfängt mich, was meinem ohnehin schon rasenden Herzen auch nicht weiterhilft. Ich hole tief Luft. »Wir haben noch geschlossen. Braucht deine Großmutter irgendetwas?«
Er trinkt einen Schluck und reicht mir dann den Becher. Ich winde mich. Allein schon deswegen wird meine Mom nun denken, dass er ja wohl der unverschämteste Reiche der Welt ist, der von mir erwartet, dass ich seinen Kaffeebecher halte, während er einkaufen geht.
»Ich möchte gerne deine Mom kennenlernen«, sagt er laut genug, damit sie es hören kann.
»Ja, meine Mom hat sehr viel mehr Ahnung von den Puppen als ich.« Ich drehe mich zu meiner Mutter um. »Mom, er … äh … tut mir leid, wie war der Name gleich? Wellington oder so ähnlich?«
Zwischen seinen Augenbrauen bildet sich eine Falte, die Verblüffung erkennen lässt, aber ich kann ihm ansehen, dass er es auch lustig findet.
»Nein, das war’s nicht. Äh …«
»Xander.«
»Richtig. Ich wusste doch, dass er irgendwie komisch klang.«
»Caymen«, sagt meine Mom. »Tut mir leid, meine Tochter hat einen trockenen Humor. Sie macht bloß Spaß.«
»Letztes Mal, als Xander hier war, hat er sich für die schlafenden Babypuppen interessiert. Hast du nicht gesagt, ihr bloßer Anblick würde dein Herz erfreuen?«
»Ich kann mich nicht erinnern, das gesagt zu haben, aber es klingt nach mir.«
Ich lache, presse dann aber schnell meine Lippen zusammen, um mich zu bremsen. »Vielleicht solltest du ihm unsere Sammlung zeigen, Mom.«
Meine Mom sieht mich mit schief gelegtem Kopf an und ist sichtlich verwirrt. Gleich wird
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