Blaubeertage (German Edition)
Spielzeugen an. Ich kümmere mich um die Anlage.« Die Band stürzt sich augenblicklich auf die Instrumente, während Xander auf unserer Seite des großen Glasfensters bleibt und anfängt, an den Schiebern und Reglern herumzudrehen. Skye lässt sich auf ein Sofa hinter Xander gleiten und ich geselle mich zu ihr.
Xander schließt sowohl die Tür, die nach draußen führt, als auch die Tür ins Studio selbst, in dem die Band bereits angefangen hat zu spielen. Der Ton bricht abrupt ab. Auf dem Weg zurück zu seinem Platz lächelt er mich an und ich bin wütend auf mein Herz, das die Neuigkeiten mit seiner Freundin offenbar noch nicht mitbekommen hat, denn sein Lächeln bringt es weiterhin zum Rasen.
»Im Kühlschrank stehen Cola und andere Getränke, falls ihr Durst habt.« Er zeigt auf einen Kühlschrank aus Edelstahl in der Ecke, dreht sich dann um, hält sich ein Headset ans Ohr, drückt auf einen Knopf auf dem Schaltpult vor ihm und sagt ins Mikrofon: »Fangt ruhig an und spielt die Songs ein paarmal durch. Ich sag euch dann Bescheid, wann wir so weit sind und aufnehmen können.«
Er lässt den Knopf los, dreht sich auf seinem Schwingsessel zu uns herum und schaut uns an. Es wäre so viel einfacher, wenn Xander weniger … weniger was wäre? Selbstbewusst? Attraktiv? Weniger flirten würde?
Ja, Letzteres wäre nett. Egal wie sehr mein Hirn mich zur Ordnung ruft – Xander lädt zum Flirten ein. Wenn er mein Freund wäre und sich mit einem anderen Mädchen treffen würde, so, wie er es mit mir getan hat, wäre ich stinksauer.
»Was?«, fragt Xander.
»Was?«
»Du starrst mich an.«
»Tue ich nicht«, sage ich.
»Tust du wohl. Tut sie doch, oder?«, fragt er Skye.
»Ja, du starrst ihn an.«
»Tja, ich versuche gerade zu bestimmen, was dein Leben eigentlich wert ist.«
»Bitte was?«
Ich zeige auf dieses unglaubliche Studio, das in seinem Garten (!) steht. »Wie schaffst du es nur, jeden Morgen mit dermaßen deprimierenden Zukunftsaussichten aufzustehen?«
»Tatsächlich arbeite ich mit jemandem genau an diesem Problem. Ich hoffe, sie kann mir dabei helfen herauszufinden, was die Zukunft für mich parat hält.« Dieser Satz erinnert mich daran, warum wir überhaupt angefangen haben, uns zu treffen. Wir saßen seiner Meinung nach »im selben Boot«. Vielleicht dachte er nur, dass ich ihn besser verstehen würde als die meisten. Fehlanzeige. Wir waren und sind grundverschieden.
Die Tür zum Tonstudio geht auf und Mason schießt heraus, wirft sich Skye und mir der Länge nach auf den Schoß und legt seinen Kopf gegen meinen. »Ich glaube, wir sind so weit«, sagt er zu Xander.
»Okay.« Xander wartet einen Moment. Er denkt wahrscheinlich, dass Mason aufsteht, dann deutet er mit seinem Kopf auf Masons Wade. »Cooles Tattoo.«
»Danke. Wo wir gerade dabei sind.« Mason schaut mich an, nimmt eine meiner Haarsträhnen und wickelt sie sich um seinen Finger. Ich bin dankbar für seine Aufmerksamkeit, denn so komme ich mir Xander gegenüber nicht mehr ganz so blöd vor. Siehst du: Ich verzehre mich nicht vor Gram. »Meinte deine Mom das heute ironisch oder glaubst du, dass das Tattoo ihr wirklich gefallen hat?«
»Meine Mom ist nicht der sarkastische Typ.«
Mason lacht. »Wirklich? Wie kommt’s, dass du dann so gut darin bist? Ist dein Dad so sarkastisch?«
Als ob sie gespürt hätten, dass es jetzt um das schlimmstmögliche Thema geht, tauchen die restlichen Bandmitglieder im Raum auf, der sich auch so schon stickig anfühlt. Meine Brust schnürt sich zusammen und ich muss mich zurückhalten, um nicht zu sagen: »Ich hab keine Ahnung, ob mein Dad sarkastisch ist, weil ich den Mann noch nie getroffen habe.«
»Das weiß sie nicht«, sagt Skye, was die Sache natürlich kein bisschen besser macht.
»Im Ernst?«, fragt Mason. »Du kennst deinen Dad nicht? Warum nicht?«
Ich rutsche hin und her und frage mich, wie ich mit einem Scherz über das Ganze hinweggehen kann.
Xander schaut auf seine Uhr. »Leute, ich bin heute knapp dran. Lasst uns fertig werden.« Für den Bruchteil einer Sekunde trifft sich unser Blick und mir wird klar, dass er das meinetwegen gesagt hat.
Mason rollt sich vom Sofa und scheint meinen Dad genauso schnell vergessen zu haben, wie er ihn angebracht hat. Ich wünschte, ich könnte meinen Vater genauso leicht vergessen.
Die Band spielt hinter der Glasscheibe wie in einem Stummfilm, Xander trägt Kopfhörer und regelt die Einstellungen mithilfe der Schieber und Knöpfe. Ich habe keine
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