Blaue Rosen
betrat, betete sie, ihre Mom, die gleich
angerannt kam, würde ihr nicht ansehen, dass sie soeben zur Frau
geworden war.
„ Wo
warst du nur so lange? Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Ist etwas
passiert?“
„Nein, Mom, es ist nichts passiert“,
antwortete sie mit einem breiten Grinsen. „Es war einfach nur
ein wunderschöner Abend. Ich wünschte, er wäre ewig
weitergegangen.“
„Das ist schön, Delilah. Aber du
musst dich nächstes Mal melden. Ich hätte beinahe schon bei
der Polizei angerufen.“
„Ach, Mom. Es tut mir leid, es
wird nicht wieder vorkommen. Wo ist eigentlich Dad?“
„Der
schläft schon längst.“
Also, wenn Daddy zu Bett gegangen ist, kann die Sorge
nicht so groß und der Ärger am nächsten Morgen nicht
so schlimm sein, dachte Delilah. Sie sagte ihrer Mom Gute Nacht und
ging in ihr Zimmer. Dort holte sie den Fotostreifen aus ihrer
Nachttischschublade, den sie zusammen mit Ricky vor einigen Wochen in
einem Automaten gemacht hatte. Darauf waren vier Bilder zu sehen, auf
drei davon zogen sie lustige Grimassen und auf dem letzten schauten
beide verliebt in die Kamera.
Sie betrachtete die Fotos noch die halbe Nacht lang und
dachte an die vergangenen Stunden. Sie hatten es wirklich getan, sie
hatten ihre Unschuld verloren. Sie hatten sich geliebt. Und Delilah
fühlte sich überhaupt nicht schuldig. Warum sollte sie auch
Gewissensbisse haben, wenn Ricky doch der Junge war, mit dem sie den
Rest ihres Lebens verbringen wollte?
Mit ihm in Gedanken und einem breiten Lächeln auf
den Lippen schlief sie irgendwann in den frühen Morgenstunden
ein.
Blaue Rosen
Die Wochen und Monate vergingen. Delilah und Ricky
gab es nur noch im Doppelpack. Sie trafen sich zwischen den
Schulstunden, in den Pausen, nach der Schule und an den Abenden. Sie
gingen ins Kino, zu McDonald`s oder fuhren mit dem Auto raus aus der
Stadt und machten Spaziergänge in der Natur.
Einmal machten sie sogar zusammen mit Andrea und ihrem
neuen Freund Patrick einen Ausflug ans Meer. Sie badeten im Pazifik,
picknickten am Strand und küssten sich im Sand. Sie spürten
die Blicke der Leute, die sie fasziniert beobachteten. Jeder
beneidete sie um ihr Glück. Man gönnte oder missgönnte
es ihnen, doch ihnen war alles um sie herum egal. Sie liebten sich
mehr als alles andere und ihre Liebe wuchs mit jeder Minute.
♥
Im April gingen sie in San Bernardino spazieren, als
ein kleiner Junge kam und ihnen Blumen anbot. Er verkaufte sie auf
der Straße und Ricky wollte ihm gerne eine der schönen
Rosen abkaufen, nicht nur, um ihm zu helfen, sondern auch, um Delilah
eine Freude zu machen.
„Such dir eine aus“, sagte
Ricky.
„Oh, toll“, sagte Delilah fröhlich. „Ich
kann mich aber gar nicht entscheiden. Such du mir bitte eine aus.“
Ricky gab dem Jungen einen Quarter Dollar und nahm eine
der blauen Rosen aus dem großen Strauß, den der Junge in
der Hand hielt. „Sieh dir die an. Hast du schon jemals blaue
Rosen gesehen?“
„Das muss eine spezielle Züchtung
sein“, schätzte Delilah. Sie war genauso fasziniert von
der Farbe wie Ricky und nahm sie glücklich entgegen, als er sie
ihr auf Knien überreichte.
„Du alter Charmeur“,
neckte sie ihn. Er spielte gern den Hampelmann für sie. Es
machte ihm Spaß, sich extra altmodisch für sie zu
benehmen, obwohl er doch eigentlich das genaue Gegenteil war. Die
Leute wussten oft nicht, dass sie scherzten, alles war ein
riesengroßer Spaß für sie.
„ Aber
ehrlich, die ist unglaublich. Eine blaue Rose.“ Er schüttelte
ungläubig den Kopf.
„So blau wie deine Augen.“
Sie hielt die Rose näher an sein Gesicht. „Tatsache! Sie
hat dieselbe Farbe wie deine Augen.“
„Und du bist bald
so rot wie dein Kleid, wenn ich dich nicht aus der Sonne heraus
bringe.“
Delilah lachte. „Na, was für ein
Kompliment, danke.“
Ricky musste ebenfalls lachen. „Mir
macht das nichts aus. Auch wenn du rot bist, oder grün oder
lila, ich liebe dich in allen Farben.“
„Und ich liebe
dich auch, mein Ritter. Rette mich vor der Sonne!“
„Meine
Prinzessin“, sagte er und hielt ihr den Arm hin, in den sie
sich sogleich einhakte. Lachend gingen sie weiter.
Zu Hause stellte Delilah die blaue Rose sofort in eine
Vase. Sie betrachtete sie stundenlang, sie war so außergewöhnlich
schön. Wie konnte überhaupt irgendetwas auf der Welt so
schön sein? Diese Rose war perfekt, ohne Makel, wie ihre Liebe.
Und sie schwor sich, sie für immer aufzubewahren.
Als sie nach ein paar Tagen langsam den
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