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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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tatsächlich existieren.«
    »In meinem Traum war das so. Er stand da und sah genau so aus wie ich in seinem Alter. Rotes Haar, kleine Schuluniform. Aber er war weit weg, auf der anderen Seite irgendeiner großen Schlucht, ähnlich dem Grand Canyon. Wobei diese Schlucht ganz schwarz und unglaublich tief war. Ich stand am Rand des Abgrunds und blickte zu meinem Sohn hinüber. Ich wollte unbedingt zu ihm, wusste aber, dass ich in die Dunkelheit stürzen werde, sobald ich einen Schritt vortrat. Es war nicht gerade ein glücklicher Traum.«
    Josef musste an seine eigenen kleinen Söhne denken. Auf einmal schämte er sich wirklich. Er schob die Knöchel seiner zur
Faust geballten Hand zwischen seine Zähne und kaute darauf herum. Er wusste selbst nicht so recht, warum er das tat. Vielleicht als Bestrafung oder als Ablenkung, damit er weniger auf das achtete, was er hörte. Zwar bekam er es nach wie vor mit, ließ die Worte aber nicht mehr in seinen Kopf. Er versuchte, sie wie Musik an sich vorbeiplätschern zu lassen. Schließlich hatte er den Eindruck, dass die Sitzung sich ihrem Ende näherte. Die Stimmen klangen gedämpfter und weiter entfernt. Die Tür wurde geöffnet. Das war seine Chance. So leise er konnte, stand er auf und begann die Leiter hinaufzuklettern, wobei er sich bemühte, möglichst vorsichtig auf die Sprossen zu treten, damit sie auf keinen Fall knarrten. Plötzlich klopfte jemand gegen die Spanplatte.
    »Sind Sie das?«, fragte eine Stimme. Wem sie gehörte, war klar: Es handelte sich um die Frau. »Sind Sie da drin?«
    Einen verzweifelten Moment lang zog Josef in Betracht, sich einfach ganz still zu verhalten. Vielleicht ging sie dann wieder weg.
    »Ich weiß, dass Sie da sind. Versuchen Sie ja nicht, mich für dumm zu verkaufen. Kommen Sie sofort herunter zu mir! Auf der Stelle!«
    »Ich habe nichts gehört«, stammelte Josef. »Alles kein Problem.«
    »Auf der Stelle!«
     
    »Wie lange waren Sie da?«, wollte Frieda wissen, als sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Ihr Gesicht war vor Wut ganz weiß.
    »Ich habe geschlafen«, antwortete Josef. »Erst habe ich gearbeitet, an dem Loch. Dann bin ich eingenickt.«
    »In meinem Zimmer.«
    »Hinter der Trennwand.«
    »Sind Sie denn vollkommen verrückt geworden?«, rief Frieda. »Das war ein Gespräch unter vier Augen! Er hat mir ganz persönliche
Dinge anvertraut. Was würde er wohl denken, wenn er davon erführe?«
    »Ich werde es ihm nicht sagen.«
    »Wie bitte? Natürlich werden Sie es ihm nicht sagen! Sie wissen doch gar nicht, wer er ist. Was haben Sie sich bloß dabei gedacht?«
    »Ich habe geschlafen, und dann bin ich durch die Stimmen aufgewacht.«
    »Wie bedauerlich, dass wir Sie gestört haben.«
    »Ich habe versucht, nicht zuzuhören. Es tut mir so leid. Ich werde es nicht wieder tun. Sie müssen mir sagen, wann ich drüben arbeiten kann, dann mache ich das Loch ganz schnell zu.«
    Frieda holte tief Luft. »Nicht zu fassen, dass ich eine Therapiesitzung abgehalten habe, während sich ein Bauarbeiter im Raum befand. Aber gut, in Ordnung. Ändern kann ich es sowieso nicht mehr. Sehen Sie bloß zu, dass Sie dieses Loch schnell schließen.«
    »Ich brauche nur noch einen Tag, höchstens zwei. Oder vielleicht ein klein bisschen länger. Nachdem es nun so kalt geworden ist, trocknet die Farbe bestimmt sehr langsam.«
    »Machen Sie, so schnell Sie können.«
    »Eines verstehe ich allerdings nicht«, verkündete Josef.
    »Und das wäre?«
    »Wenn man sich als Mann ein Kind wünscht, dann unternimmt man doch etwas. Man redet nicht nur darüber, sondern begibt sich hinaus in die Welt und versucht, das Problem zu lösen. Man geht zu einem Arzt und tut, was nötig ist, um einen Sohn zu bekommen.«
    »Ich dachte, Sie haben geschlafen!«, schnaubte Frieda. Aus ihrem Blick sprach fast so etwas wie Entsetzen.
    »Ich habe geschlafen, aber durch die Geräusche bin ich aufgewacht. Deswegen habe ich ein wenig von dem Gespräch gehört. Er ist ein Mann, der einen Sohn braucht. Ich musste an meine eigenen Söhne denken.«

    Auf Friedas eben noch so wütendem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Sie konnte nicht anders. »Sie wollen mit mir über meinen Patienten diskutieren?«
    »Mir ist nur durch den Sinn gegangen, dass Worte allein nicht reichen. Er muss sein Leben ändern. Einen Sohn zeugen. Wenn er kann.«
    »Haben Sie, als Sie uns belauschten, zufällig auch mitbekommen, wie ich ihm erklärt habe, dass ich beruflich zu absoluter

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