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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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Macht Stehende getan.«
    »Warum bin ich dann hier?«
    »Es gibt Möglichkeiten, sich Zugang zu gewissen Dingen in Ihrem Gehirn zu verschaffen, von denen Sie gar nicht wissen, dass sie vorhanden sind. Das hat nichts mit Zauberei zu tun. Es ist eher so, als würde man einen alten, längst in Vergessenheit geratenen Aktenschrank öffnen«, erklärte Frieda. »Ich werde Ihnen keine Fragen stellen«, fuhr sie fort, »und niemand hier im Raum erwartet etwas von Ihnen. Ich möchte Sie lediglich bitten, sich einen Moment lang auf ein kleines Experiment einzulassen. Fühlen Sie sich dazu in der Lage?«

    »Was für ein Experiment?«
    »Ich möchte, dass wir gemeinsam etwas ausprobieren. Sie sollen dabei gar nicht viel denken. Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage.« Frieda bemühte sich um einen sanfteren Ton. »Bestimmt fühlen Sie sich ein bisschen angespannt. Man sucht schließlich nicht jeden Tag ein Polizeirevier auf, um mit Leuten zu sprechen, die man nicht kennt. Trotzdem hätte ich gern, dass sie sich jetzt so bequem und entspannt hinsetzen, als würde Ihnen gleich jemand eine Geschichte vorlesen. Ich möchte, dass Sie dabei die Augen schließen.«
    Rose wirkte skeptisch. Sie warf einen nervösen Blick zu Karlsson hinüber, der jedoch keine Miene verzog. »Na gut.« Sie schloss die Augen.
    »Ich möchte, dass Sie sich jetzt in die Vergangenheit zurückversetzen«, sagte Frieda. »Stellen Sie sich vor, es ist wieder jener Tag. Sie verlassen die Schule, gehen den Gehsteig entlang, überqueren die Straße und sehen sich die Schaufenster an, die Leute und die Autos. Sagen Sie nichts. Stellen Sie sich nur vor, wie Sie das alles tun.«
    Frieda betrachtete das Gesicht der jungen Frau, die zarten Falten rund um ihre Augenwinkel, die zuckenden Lider. Sie wartete eine Minute. Zwei Minuten. Als sie sich schließlich vorbeugte und weitersprach, geschah das ganz leise, fast schon im Flüsterton: »Sagen Sie jetzt nichts, Rose. Versuchen Sie nicht, sich an irgendetwas zu erinnern. Ich möchte, dass Sie etwas für mich tun. Stellen Sie sich eine Frau vor. Jung oder mittleren Alters, das bleibt Ihnen überlassen.« Frieda sah, wie Rose’ Gesicht vor Überraschung zuckte. »Tun Sie es einfach«, fuhr sie fort, »ohne groß nachzudenken. Sie brauchen sich gar keine Gedanken darüber zu machen. Stellen Sie sich einfach eine Frau vor. Irgendeine Frau, die ihnen gerade in den Sinn kommt. Vielleicht steht sie an der Gehsteigkante. Gleich neben dem Randstein. Sie ist gerade aus einem Auto gestiegen und blickt sich um. Geben Sie ihr einen Platz in der Szene, in der Sie
sich gerade befinden. Und dann sehen Sie sich die Frau an. Bekommen Sie das hin?«
    »Ja.«
    »Sehen Sie sie?«
    »Ja.«
    »Gut«, sagte Frieda. »Machen Sie noch ein bisschen weiter. Schauen Sie sich die Frau, die Ihnen in den Sinn gekommen ist, genau an. Prägen Sie sich ein, wie sie aussieht.«
    Eine Minute verging. Frieda war durchaus bewusst, dass Karlsson sie schon die ganze Zeit mit gerunzelter Stirn anfunkelte, doch sie ignorierte ihn einfach. »Gut«, sagte sie schließlich, »nun dürfen Sie die Augen wieder öffnen.«
    Rose blinzelte, als wäre sie gerade erst aufgewacht und vom Licht geblendet.
    »Nun setzen Sie sich bitte zu Tom hinüber. Er wird Ihnen etwas zeigen.«
    Tom Garret erhob sich und forderte Rose mit einer Handbewegung auf, sich auf seinen Stuhl zu setzen. Nachdem sie Platz genommen hatte, sah er Frieda fragend an, als wollte er sagen: Ist das wirklich Ihr Ernst?
    »Nur zu«, ermunterte ihn Frieda.
    Er zuckte mit den Achseln. Auf dem Bildschirm war ein Raster mit achtzehn weiblichen Gesichtern zu sehen.
    »Die haben alle keine Ähnlichkeit mit ihr«, erklärte Rose.
    »Das sind ganz beliebig ausgewählte Gesichter«, beruhigte Tom sie. »Die sollen ihr gar nicht ähnlich sehen. Ich möchte, dass Sie die sechs anklicken, die noch am ehesten ihrem Typ entsprechen. Tun Sie es möglichst schnell, ohne groß darüber nachzudenken. Keine Sorge. Es gibt keine richtige oder falsche Antwort. Das Ganze ist kein Test.«
    »Was soll das bringen?«
    »Es ist nur ein Versuch«, mischte Frieda sich ein. »Ich möchte sehen, was passiert.«
    Rose stieß einen Seufzer aus, als würde sie sich widerstrebend
in ihr Schicksal fügen. Sie legte die Hand auf die Maus und bewegte den Pfeil über den Bildschirm.
    »Keine von denen sieht ihr ähnlich«, wiederholte sie.
    »Wählen Sie diejenigen aus, die noch am ehesten in ihre Richtung gehen«, forderte Tom sie auf, »oder

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