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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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erwidern, hielt dann
jedoch abrupt inne. Stöhnend zündete er sich eine weitere Zigarette an und setzte sich an den Küchentisch. »Du lässt einem Mann keinen Platz zum Verstecken, was, Frieda?«
    »Brauchst du denn einen Platz zum Verstecken?«
    »Natürlich. Braucht den nicht jeder?« Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Seit er in Zwangsurlaub war, hatte er es nicht mehr schneiden lassen, so dass es ihm mittlerweile bis über die Schultern fiel und er noch mehr aussah wie ein Dichter nach einer durchzechten Nacht. »Kein Mensch mag es, wenn man ihn beschämt.«
    Frieda ließ sich ihm gegenüber nieder. »Apropos«, sagte sie, »ich habe ein paar Sachen angestellt, von denen ich dir erzählen möchte.«
    Er lächelte sie zerknirscht an. »Ist das jetzt dein quid pro quo , damit ich mich wieder besser fühle? Ein Austausch von Peinlichkeiten? Meine gegen deine?«
    »Ich würde gern etwas mit dir durchsprechen«, erklärte Frieda, »wenn es dir recht ist.«
    »Es ist mir recht«, antwortete er. »Es kommt nur völlig unerwartet.«
     
    Am darauffolgenden Dienstag erzählte Alan Frieda eine Geschichte, sprach dabei aber ganz anders als sonst. Normalerweise verhaspelte er sich oft und sprang zeitlich vor und zurück, weil ihm immer wieder etwas einfiel, das er ausgelassen hatte. Diesmal jedoch erzählte er flüssig, und seine Geschichte wirkte strukturiert und kohärent. Frieda kam sie irgendwie einstudiert vor, als hätte er sie schon mehrmals aufgesagt. Bestimmt war er sie im Geiste etliche Male durchgegangen, um alle Unsicherheiten und Widersprüche zu eliminieren.
    »Gestern Vormittag …«, begann er, nachdem er die Beine erst in die eine Richtung und dann in die andere übereinandergeschlagen hatte. »Gestern Vormittag musste ich ein Bauprojekt überprüfen. Obwohl ich ja eigentlich beurlaubt bin,
schaue ich doch ab und zu im Amt nach dem Rechten. Es gibt ein paar Dinge, über die nur ich Bescheid weiß. In diesem Fall betraf das eine Baustelle in Hackney, einen umgebauten Büroblock nahe dem Eastway. Kennen Sie die Gegend?«
    »Das ist nicht wirklich meine Ecke von London«, entgegnete Frieda.
    »Es geht dort gerade ein bisschen chaotisch zu, weil doch das ganze Zeug für Olympia gebaut wird. Es ist, als würde auf den Trümmern einer alten Stadt im Eilverfahren eine neue errichtet. Und da sie die Deadline nicht nach hinten hinausschieben können, schicken sie einfach immer mehr Leute hin. Jedenfalls beschloss ich, eine Runde spazieren zu gehen, nachdem ich dort fertig war. Ich brauchte trotz der Kälte noch ein bisschen frische Luft, einfach, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ehrlich gesagt wird mir im Moment jedes Mal etwas schummrig, wenn ich in der Arbeit vorbeischaue. Ich ging also den Kanal entlang und bog dann in Richtung Victoria Park ab. Ich empfand es fast als Wohltat, mal in einer ganz anderen Gegend als sonst herumzuspazieren. Im Park waren etliche Leute unterwegs, aber niemand außer mir hing einfach nur herum. Alle schienen es eilig zu haben und steuerten in strammem Tempo und mit gesenktem Kopf auf irgendein Ziel zu. Nur ich hatte kein Ziel. Zumindest kam es mir so vor. Obwohl ich mir die Leute gar nicht so genau ansah. Ich setzte mich eine Weile auf eine Bank, gleich neben dem Bowlingplatz, und dachte über die vergangenen Wochen nach, wobei ich mich fragte, was mir wohl noch alles bevorstand. Ich fühlte mich ziemlich müde. Mittlerweile bin ich eigentlich ständig müde. Jedenfalls war mir immer noch leicht schummrig. Von meiner Bank aus konnte ich ein paar von den Kränen erkennen, die in Richtung Stratford und Lee Valley Park stehen. Ich stand auf und schlenderte zwischen den Teichen entlang. Es gibt dort einen Musikpavillon und einen Brunnen. Alles wirkte verlassen und für den Winter bereit. Ich kam auf der anderen Parkseite
heraus, überquerte die Straße und sah mir die Schaufenster an. Dabei stieß ich auf einen Laden mit Antiquitäten – obwohl Antiquitäten in dem Fall vielleicht ein wenig zu hoch gegriffen ist. Im Grunde war es hauptsächlich Krimskrams. Früher habe ich viele alte Möbel gekauft. Ich bildete mir immer ein, ein Auge für besondere Stücke zu haben. Carrie hasst das. Ihr wäre es am liebsten, ich würde das ganze Zeug, das ich schon habe, möglichst schnell wieder loswerden, statt weitere Sachen zu kaufen. Trotzdem macht es mir immer noch Spaß, durch solche Läden zu stöbern und mir anzuschauen, welche Preise die Leute verlangen. In der besagten

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