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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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Laufbahn werden sollte, hatte er die seine längst abgeschrieben, ohne das mit einem einzigen Wort zu erwähnen.
    »Blöder Mistkerl!«, rief sie halblaut aus und wich mit einem gewagten Schwung zwei Fußgängern aus, die auf dem Radweg herumstanden. Der Mann reckte drohend die Faust, obwohl sie die beiden nicht einmal berührt hatte.
    Sie fuhr über die Mühlenbrücke zurück auf die Altstadtinsel und dann an der alten Stadtmauer entlang zum Freibad. Statt des Kreischens und Platschens der vornehmlich jugendlichen Badegäste hörte sie heute Abend melodische Tonfolgen, mit denen sich die Musiker einspielten. Sie stellte ihr Fahrrad ab und hielt nach ihrer Verabredung Ausschau.
    »Hallo! Schön, dass Sie gekommen sind.«
    Hinnerk Joost wartete direkt am Eingang. Dieses Mal konnte sie ihn bei Tageslicht begutachten. Heute trug er nicht die orangefarbene Jacke und die weiße Hose, sondern dunkle Freizeitklamotten. Er war groß und muskulös, fast stämmig. Sein dunkles Haar war kurz geschnitten und glänzte feucht.
    Pia registrierte, dass sie einer ebenso verdeckten Musterung unterzogen wurde, wie sie sie ihm gerade hatte angedeihen lassen. Sie lächelte. »Lass uns du sagen. Leute, die mich schon zwei Mal aus einer brenzligen Situation gerettet haben, duze ich grundsätzlich. Ich bin Pia.«
    »Hinnerk, aber das hatten wir ja neulich Abend schon.«
    »Der Name ist eher selten ...«
    »Eine nordfriesische Form von Heinrich, wenn man es genau nimmt.«
    »Ah ja.«
    Pia, weibliche Form von Pius, fromm, gottesfürchtig und tugendhaft! Wenn sie nicht zu viel trank und ihr Blick nicht versehentlich auf seine vermutlich sehr ansehnlichen Unterarme fiel, würde sie ihrem Namen wohl heute Abend gerecht werden.
    »Wo wollen wir uns hinstellen? Hast du schon einen Platz gefunden?«, fragte Pia, um ihre abschweifenden Überlegungen vor ihm zu verbergen.
    »Davorn, da kann man am besten hören, weil der Schall direkt über das Wasser getragen wird. Kennst du die Gitarristen?«
    »Nein, ich gehe selten in Konzerte. Und ich bin zwar eine echte Lübeckerin, aber ich war auch noch nie zu einem Konzert hier am Krähenteich.«
    »Lass dich überraschen, es gefällt dir bestimmt. Moritz hat einen guten Musikgeschmack, soweit ich weiß.«
    Hinnerk führte sie zu dem beschriebenen Platz an der Mauer. Amüsiert registrierte sie, dass er sie dabei ganz zufällig am Oberarm berührte. Er war aufmerksam, ohne aufdringlich zu sein, trotzdem fühlte sich Pia in die Rolle des Beobachters gedrängt. Das passierte ihr manchmal, ohne dass sie es wollte. Sie betrachtete Situationen mehr von außen, als dass sie sie erlebte ...
    Er hätte besser jemand anderes einladen sollen, dachte sie, ich bin zynisch und mit den Gedanken woanders. Keine gute Gesellschaft für einen lauen Abend im Mai. Für einen Rückzieher war es jedoch zu spät.
    Das Konzert gefiel Pia gut. Nach der Pause hatte sie ihre anfänglichen Zweifel bereits vergessen. Es gelang ihr sogar, die nagenden Fragen nach Marlenes Verbleib für eine Weile zu vergessen. Den übrigen Schrott auch. Sie trank ein paar Bier und freute sich, dass sie mit dem Fahrrad hergekommen war. Als die Musiker nach zwei Zugaben ihre Sachen zusammenräumten, stand Pia der Frage nach dem weiteren Verlauf des Abends recht aufgeschlossen gegenüber. So fand sie sich eine Viertelstunde später in einer gut besuchten Kneipe wieder, die Hinnerk vorgeschlagen hatte.
    Sie setzten sich an die Bar und bestellten sich etwas zu trinken. Schon lange war sie nicht mehr so entspannt gewesen. Sie fand den Laden, in den er sie verschleppt hatte, recht ausgefallen und Hinnerks Gesellschaft amüsant. Zudem war der Kerl attraktiv, auch wenn er zunehmend nachdenklich aussah. Als Pia ihr Glas absetzte, merkte sie, dass sein Blick auf ihrem Hals ruhte. Von der Abschürfung am Hals, die das Seil bei dem Vorfall im vergangenen September hinterlassen hatte, war nur noch ein rötlicher Streifen zu sehen.
    »Es war haarscharf damals, als wir dich ins Krankenhaus gebracht haben, nicht wahr? Hast du nicht daran gedacht, deinen Job an den Nagel zu hängen. Ich meine, niemand lässt sich gern aufhängen, das ist das alles doch nicht wert ...«
    »Ich möchte nicht darüber reden«, blockte sie ab. Sie wusste, dass sich ihre Stimme eisig anhörte. Reiner Selbstschutz. An die Tatsache, dass ihr Job sie vor einem halben Jahr fast das Leben gekostet hätte, dachte sie so selten wie möglich. Meistens gelang es ihr recht gut, sich mit irgendwelchen

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