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Blaufeuer

Titel: Blaufeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Das Wasser schlägt bereits gegen die Haustür, und sie kann nichts weiter tun, als sich mit dem Rücken dagegenzustemmen und zu hoffen, dass der Pegel bald sinkt. Eifersucht ist ein guter Grund für eine schlechte Tat. Sie denkt an Birgers Rücken und an Amandas Lächeln, in das sie beim nächsten Händeschütteln gern einen spitzen Gegenstand rammen würde. Oder einen schweren Stiefel. Oder ein heißes Bügeleisen. Bevor sie sich Nils vornimmt, dieses Weichei.
    Sollte ihr Bruder Hella tatsächlich betrogen haben? Alles scheint dafür zu sprechen. Zur Strafe hat sie ihn nicht nur bluten lassen, sondern regelrecht zu Tode gequält. Entweder hat sie sich nicht mit dem Rücken gegen die Tür gestemmt - oder die Flut war stärker.
    »Hella, du Miststück«, flüstert Janne, die Zähne aufeinander-gepresst.
    Die Kellnerin lässt sie nicht aus den Augen und atmet auf, als sie nach zwei Tassen Espresso aufbricht.
     
    Janne braucht noch mehr Koffein in dieser Nacht. Kurz vor Bremen steuert sie einen weiteren Rastplatz an. Dort wurde vor Jahren ein Junge erschossen, der mit seiner kleinen Schwester in einem entführten Bus saß. Janne erinnert sich im Vorbeifahren oft daran, weil ihr die Geschichte als Kind Albträume bereitet hat, angehalten hat sie dort noch nie. Ein flacher Bau aus den Siebzigern. Der Kaffee kommt aus dem Automaten, und auch sonst ist alles auf die Ansprüche derjenigen Rastsuchenden ausgerichtet, die nicht viele Ansprüche haben. Janne zählt sich neuerdings dazu. Ein Film aus Fett und Staub überzieht das Mobiliar.
    Eigentlich hat sie vorgehabt, in Berlin zu übernachten. Die kurze Unterbrechung nicht mitgerechnet, sitzt sie seit elf Stundenhinter dem Steuer. Die letzten vier haben zwar ausgereicht, um sie zu besänftigen, haben sie aber nicht auf andere Gedanken gebracht. Der Mord an Erik lässt sie nicht los, und sosehr ihr die Vorstellung auch zusagt, dass die Tat kein Rätsel mehr in sich birgt, sosehr sie ihre Abneigung schürt - sie glaubt nicht an Hellas Schuld. Das gesteht sie sich endgültig ein, während sie auf Ketchup-Flecken starrt, die auf der Tischplatte geronnen sind. Dunkelrote Sprenkel auf hellem Sperrholz. Sie ist hundemüde und vermeidet es, ihr Spiegelbild im Fenster zu betrachten.
    Angenommen, ihr Vater hätte recht und die Falle im Watt war für ihn ausgelegt. Auch dann käme Eifersucht als Motiv in Frage, denn er ist ein Ehebrecher, wie Janne allmählich akzeptiert. Laut Birger Harms ist er regelmäßig fremdgegangen, was seine Verflossenen zu potenziellen Täterinnen macht. Desgleichen Viktoria, seine Frau.
     
    Als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist es fast Mittag. Janne duscht lange und heiß, zieht sich an und frühstückt im Stehen in der Küche. Sie muss sich auf der Werft blicken lassen. Im Hauseingang begegnet sie dem Gärtner, der damit beschäftigt ist, ihre Umzugskartons zu entladen. Viktoria Flecker beaufsichtigt ihn.
    »Janne, da bist du ja. Guten Morgen. Sollen die Sachen auf dein Zimmer gebracht werden?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Eigentlich weiß ich nicht, wohin damit.«
    »Im Haus ist doch wohl Platz genug.«
    »Ich habe nicht vor, hier wohnen zu bleiben, Mama.« Janne nickt dem polnischen Gärtner zu, und dieser lächelt zurück. Soweit sie weiß, kommt er aus Schlesien, der Heimat Paul Fleckers.
    »Du willst wegziehen?«, fragt ihre Mutter.
    »Was heißt wegziehen? Ich werde mir eine eigene Wohnung nehmen.«
    »Da wird dein Vater aber enttäuscht sein.« Sie senkt den Blick. »Wenn er wieder gesund ist.« »Das Risiko gehe ich ein.«
    Sie stehen dem Gärtner im Weg. Janne geht zu ihrem Alfa, Viktoria heftet sich an ihre Fersen.
    »Auspacken musst du trotzdem. Ich will nicht, dass Kartons im Weg herumstehen«, sagt sie. »Unordnung stört mich nun mal.«
    Janne könnte die Zustände im Atelier erwähnen, doch sie hält sich zurück. Möwen schreien, ein Dampferhorn tutet. Die Helgolandfähre ist bereit zum Auslaufen.
    »Ich muss zur Arbeit.«
    »Auf einmal? Sonst nimmst du es damit doch auch nicht so genau. Gestern warst du den ganzen Tag nicht dort. Und deinen Vater hast du seit einer Woche nicht besucht. Was ist bloß in dich gefahren?«
    »Das fragst du mich? Ausgerechnet du? Du bist doch diejenige, die sich total verändert hat.« Janne steigt ins Auto und knallt die Tür zu.
    Ihre Mutter reißt sie wieder auf. »Ich rede mit dir.«
    »Das ist kein Reden, das ist Gesprächsterror.«
    Sie startet den Motor. Viktoria hält noch immer die Fahrertür

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