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Blaufeuer

Titel: Blaufeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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»Erik hatte auch Eheprobleme. Er hat Hella betrogen.«
    Schulterzucken. »Das hat mich, ehrlich gesagt, nicht überrascht. Erik ist schließlich das Kind seines Vaters. Ich finde es furchtbar, wie indiskret Hella mit seinen Fehltritten umgegangenist. Diese Streitereien auf offener Straße. Sie hatte nie Stil -aber woher sollte sie auch? In gewisser Weise ähnelt das Mädchen Paul: diese Dreistigkeit, in Glanz und Gloria leben zu wollen, ohne je einen Preis zu zahlen. Aber er ist wenigstens fleißig.«
    Janne schüttelt den Kopf über die Moralvorstellungen ihrer Mutter und lenkt das Gespräch erneut in eine andere Richtung: »Ist dir klar, dass ich Papas leibliches Kind bin?«
    Nach kurzem Zögern nickt Viktoria so beiläufig, dass Janne ihre Hand vor Wut ein zweites Mal auf den Stapel niedersausen lässt.
    »Toll. Warum hast du mir das nie erzählt? Nicht einmal neulich, als ich dich über Henrika Sayer ausgefragt habe, warst du ehrlich. Weißt du noch?«
    »Ach, Janne. Es tut mir leid. Aber glaubst du allen Ernstes, dass es besser ist, scheußliche Bilder zu malen, nur weil Träume die Angewohnheit haben zu zerplatzen? Und denkst du, Menschen, die immerzu ihre Gefühle und alles andere hinterfragen, um jedes Detail zu offenbaren und auszudiskutieren, führen glücklichere Beziehungen? Oder sind insgesamt zufriedener?«
    »Keine Ahnung. Ich habe es noch nicht ausprobiert. Außerdem geht es nicht darum, jede Lappalie auszudiskutieren, sondern das Wesentliche miteinander zu besprechen. Wohin konsequente Verdrängung führt, sehe ich inzwischen jedenfalls ganz deutlich, auch in meinem eigenen Leben.«
    »Tu, was du willst. Jeder muss seinen Weg finden«, sagt ihre Mutter und hustet erneut. »Lass uns aus diesem Dreckloch verschwinden.«
     
    Viktoria besteht darauf, sie zum Schiff zu bringen. Janne behagt die Vorstellung nicht, ihrer Mutter vom Deck aus zuwinken zu müssen. Sie sind spät dran. Auf den Wegen liegt Schneematsch. Es wurde nicht gestreut, was das Vorwärtskommen erheblich erschwert.Zum Glück reist Janne ohne Geige und mit leichtem Gepäck - abgesehen von der Pistole in ihrem Rucksack. Eine halbautomatische Walther 9 mm aus dem Besitz ihres Vaters. Lädt eigenständig nach, nur der Abzug muss pro Schuss einzeln betätigt werden. Janne besitzt keinen Waffenschein, aber ausprobiert hat sie die Pistole bereits: vor mehr als zehn Jahren im Schießstand der Schützengilde.
    »Es soll am Wochenende Sturm geben«, ruft Viktoria Flecker außer Atem. »Bist du sicher, dass du fahren willst?«
    »Ja, ich muss. Bis zum Wochenende bin ich zurück.«
    »Was soll das heißen, du musst?«
    Janne überlegt. »Wenn du mir noch eine Frage aufrichtig beantwortest, sage ich es dir.« »Abgemacht.«
    »Verspürst du Hass auf Papa?« Sie dreht den Kopf, um ihrer Mutter in die Augen sehen zu können, und gerät auf dem Matsch ins Schlittern, kann sich aber gerade noch auf den Beinen halten.
    Viktoria überlegt nicht lange. »Nein, keineswegs.« Ihre Stimme klingt beinahe feierlich, so als habe sie schon vor längerer Zeit entschieden, sich von derartig niederen Gefühlen fernzuhalten.
    Janne glaubt ihr. Es bestätigt die Entscheidung, die sie nach der Attacke im Wald getroffen hat, ihre Mutter von der Liste der Verdächtigen zu streichen. Zum einen wegen der Stiefelspuren, zum anderen, weil Viktoria Flecker Gewehre und die Jagd verabscheut. Niemals hat Janne sie mit einer Waffe gesehen. Ausgeschlossen, dass sie ungeübt derart gezielte Schüsse auf ihre eigene Tochter abgeben könnte. Ihre Stieftochter, genauer gesagt.
    Sie haben das Ende der Promenade erreicht. Vor ihnen liegt der Hafen. Am Ende des Kais ist die MS Funny Girl zum Auslaufen bereit. Der Schornstein stößt pechschwarze Dieselwolken aus, ein lang gezogenes Tuten ertönt. Janne geht schneller.
    »Warte, du schuldest mir eine Antwort.« »Du hörst doch, dass sie ablegen.«
    Als sie die Gangway erreichen, bittet sie ein Mitglied der Mannschaft, kurz auf sie zu warten. Sie kennt den Mann, sein Name ist Reimer. Sie sind zusammen zur Grundschule gegangen. »Nur eine Minute, Janne Flecker«, sagt er.
    Janne und ihre Mutter stehen einander gegenüber.
    »Ich habe etwas über Papa erfahren. Er war in den siebziger Jahren möglicherweise in einen illegalen Deal verstrickt. Es könnte sein, dass Erik deswegen sterben musste. An Papas Stelle.«
    Viktoria reißt die Augen auf. »Das glaube ich nicht. Nie und nimmer. Dein Vater macht keine kriminellen Geschäfte. Das hat er

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