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Blaulicht

Blaulicht

Titel: Blaulicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nacke
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Was gibt Ihnen das Recht, in meiner Privatsphäre herumzuwühlen?«
    »Herr Gerlach, es geht hier durchaus auch um Ihre Interessen. Das Ziel unserer Ermittlungen ist nicht, Ihre Lebensgewohnheiten zu durchleuchten. Es geht in erster Linie darum, zu verhindern, dass sich eine solche Tat wiederholt. Um also auf Sandra Kovács zurückzukommen, lautet meine Frage: Es gab nichts, was vielleicht Ihnen harmlos schien, wovon das Mädchen sich aber bedrängt gefühlt haben könnte?«
    »Nein. Nein! Ich verhalte mich allen meinen Schülern gegenüber absolut korrekt.«
    »Gut. Lassen wir das dahingestellt. Fest steht, dass Sandra Kovács Sie mit einem Messer attackiert hat, und es ist davon auszugehen, dass sie Sie nicht nur verletzen wollte.«
    Kalz beobachtet eine Fliege, die sich zum wiederholten Male mit aufreizender Beharrlichkeit auf Gerlachs Stirn niederlässt.
    Der atmet seufzend aus.
    »Ich kann Ihnen keine wirkliche Erklärung geben. Ich kann mir höchstens vorstellen, dass ihre Tat in irgendeinem Zusammenhang steht mit dieser Sache vor drei Jahren. Sandra hat damals einen schweren Schock erlitten, der sie völlig aus der Bahn geworfen hat.«
    »Und darüber wissen Sie Bescheid?«
    »Natürlich. Das hat jeder an der Schule mitbekommen. Es war eine furchtbare Tragödie. Einer ihrer Mitschüler aus derselben Klasse … er hieß … entschuldigen Sie. Der Arzt hat mir gesagt, dass es bei mir vorübergehend zu Gedächtnisstörungen kommen kann. Soll normal sein, wenn man sich im künstlichen Koma befunden hat.« Ein dünnes Lächeln. »Aber ich kann mich noch genau erinnern, wie er bei einem Schulkonzert die Fantasie f-Moll von Chopin gespielt hat. Ich kenne das Stück in- und auswendig, aber so hatte ich es noch nie gehört. Mir hat der Atem gestockt, als ich diese Feinfühligkeit und Intensität spürte. Wenn ich daran denke, was aus dem hätte werden können … verstehen Sie etwas von Musik?«
    »Meine Tochter spielt Geige«, erwidert Kalz trocken. »Was war mit diesem Mitschüler?«
    »Der Junge wurde tot im Wöhrder See aufgefunden. Ertrunken. Man ging damals von Selbstmord aus. Er war ein großartiger Pianist, und er hatte sich mit Sandra und noch zwei anderen zu einem kleinen Ensemble zusammengetan. Ich glaube, er hat sogar komponiert. Das war ein ganz vielversprechender junger Mann. Und … darüber weiß ich natürlich nicht Bescheid, aber … so wie Sandra auf seinen Tod reagiert hat, war er wohl ihre erste große Liebe.«
    »Wie   hat   sie denn reagiert?«
    »Sie haben doch bestimmt schon Recherchen über diese Dinge angestellt. Warum muss ich Ihnen das erzählen? Mich strengt das Sprechen furchtbar an.«
    »Ich möchte es trotzdem von Ihnen wissen.«
    »Sie hat damals die Schule hingeschmissen und ihr Elternhaus verlassen. Zu Drogen soll sie schon vorher gegriffen haben. Und dann ist sie wohl endgültig auf die schiefe Bahn geraten.«
    »Und wo ist da der Zusammenhang mit Ihnen?«
    »Die braucht doch nur in Geldnot gewesen zu sein. Hat mich zufällig gesehen und wollte mich bedrohen, damit ich ihr was gebe, und plötzlich ist sie entgleist. Was weiß man denn, was in so kranken Köpfen vor sich geht.«
    »Zufall kann es wohl kaum gewesen sein. Wir haben Zeugenaussagen, aus denen hervorgeht, dass sich die Kovács längere Zeit vor Ihrem Haus aufgehalten hat.«
    Gerlach zieht die Luft ein und hebt mit einer unwilligen Geste die Arme.
    »Die stand doch sowieso unter Drogen, oder?«
    Kalz setzt noch einmal neu an.
    »Was führt Sie eigentlich immer wieder nach Pilsen?«
    Ob Gerlach zusammengezuckt ist oder doch nur mit einer ruckartigen Bewegung die Fliege von seiner Stirn verscheucht hat – Kalz vermag es nicht eindeutig zu sagen.
    »Musik natürlich. Zuletzt war ich auf dem Pilsener Smetana-Festival. Außerdem mache ich von dort aus auch Abstecher nach Prag.«
    »Die Kovács hat sich ganz zufällig ebenfalls in Pilsen aufgehalten. Wussten Sie das?«
    »Nein. Woher denn? Hat die mich etwa schon länger verfolgt?«
    »Sie haben sie dort also nicht gesehen?«
    »Ich treibe mich nicht bei Junkies herum.«
    »Kennen Sie in Pilsen das   Babylon ?«
    »Was soll das sein?«
    »Ein Club für junge Leute. Mit Livemusik.«
    Kalz denkt mit Grauen an die Rauchschwaden, die ihm der kettenrauchende Irokese ins Gesicht blies.
    »Das sagt mir absolut nichts.«
    »Man hat Sie dort gesehen.«
    »Das kann nur ein Irrtum sein.«
    »Man kennt Sie auch im …«, Kalz blättert in seinem Notizbuch, » Krtschma u Krokodili Ozasu

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