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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nieder.
    «Komm», sagte er, «lass es raus.»
    «Ich glaube, ich möchte nicht mit dir darüber sprechen, Anthony.»
    «Nun, du Dummerchen, stell dich bloß nicht an wie die Heldin in einem drittklassigen Schundroman, die vom ersten Kapitel an etwas hat, das sie auf keinen Fall erzählen kann, aus dem einzigen Grund, dass sie dem Helden die Suppe versalzen und sich die Geschichte weitere fünfzigtausend Wörter lang im Kreise drehen muss.»
    Sie lächelte schwach.
    «Ich würde es dir gern erzählen, Anthony, aber ich weiß nicht, was du davon halten wirst – ob du mir glauben könntest – »
    Anthony hob eine Hand und begann, an den Fingern abzuzählen:
    «Erstens, ein uneheliches Kind. Zweitens, ein verflossener Liebhaber, der dich erpresst. Drittens – »
    Sie unterbrach ihn empört:
    «Natürlich nicht! Nichts dergleichen!»
    «Mir fällt ein Stein vom Herzen», sagte Anthony. «Also los, kleine Närrin.»
    Iris’ Gesicht umwölkte sich wieder.
    «Es ist nicht zum Lachen. Es – es geht um – neulich Abend.»
    «Ja?» Seine Stimme hatte einen schärferen Ton angenommen.
    «Du warst heute Morgen bei der gerichtlichen Untersuchung – hast du gehört – »
    Sie führte ihre Frage nicht zu Ende.
    «Sehr wenig», sagte Anthony. «Der Gerichtsmediziner hat sich sehr technisch über Zyanide im Allgemeinen und die Wirkung von Zyankali auf George im Besonderen ausgelassen. Danach die Beweisaufnahme durch den ersten Inspektor – nicht Kemp – sondern den mit dem flotten Schnauzer, der zuerst im Luxembourg zuständig war. Identifizierung der Leiche durch Georges Bürovorsteher. Und dann wurde die Verhandlung, wie es sich gehört, durch einen sehr braven Untersuchungsrichter für eine Woche vertagt.»
    «Es geht mir um den Inspektor», sagte Iris. «Er beschrieb, wie er ein kleines Papiertütchen unter dem Tisch fand, das Spuren von Zyankali enthielt.»
    Anthony sah sie interessiert an.
    «Ja. Offensichtlich hat derjenige, der das Zeug in Georges Glas schüttete, das Papier, in dem es gewesen war, einfach unter den Tisch fallen lassen. War das Einfachste. Konnte nicht riskieren, dass man’s bei ihm fand – oder bei ihr.»
    Zu seinem Erstaunen fing Iris an, heftig zu zittern.
    «O nein, Anthony! O nein, so war es nicht.»
    «Was meinst du, Liebling? Was weißt du darüber?»
    «Ich habe das Tütchen unter den Tisch fallen lassen», sagte Iris.
    Er sah sie erstaunt an.
    «Hör zu, Anthony! Du erinnerst dich doch daran, wie George den Champagner austrank und es dann passierte?»
    Er nickte.
    «Es war furchtbar – wie ein schlechter Traum. Es kam gerade zu dem Zeitpunkt, als alles in Ordnung schien. Ich meine, dass – nach der Vorstellung, als die Lichter wieder angingen… Ich war so erleichtert. Denn es war ja genau in dem Moment gewesen, wo wir merkten, dass Rosemary tot war – und aus irgendeinem Grund, ich weiß nicht warum, hatte ich das Gefühl, als würde ich es alles noch einmal sehen… Ich konnte sie spüren, sie war da, tot, an unserem Tisch…»
    «Liebling…»
    «Ja, ich weiß. Es sind nur die Nerven. Jedenfalls, da saßen wir, und es war nichts Schreckliches geschehen, und auf einmal schien es, als sei die ganze Sache schließlich und endlich vorbei, als könnte man – ich weiß nicht, wie ich es erklären soll – als könnte man von vorne anfangen. Und in dieser Stimmung tanzte ich mit George und fing endlich an, den Abend zu genießen, und dann kamen wir an den Tisch zurück. Und dann redete George plötzlich von Rosemary und bat uns, auf ihr Andenken zu trinken, und er starb, und der ganze Albtraum war wieder da.
    Ich glaube, ich war wie gelähmt. Ich stand da und zitterte. Du kamst um den Tisch herum, um ihn anzusehen, und ich trat einen Schritt zurück, und die Kellner kamen, und jemand rief nach einem Arzt. Und die ganze Zeit über stand ich wie gelähmt da. Dann spürte ich plötzlich einen großen Klumpen im Hals, und die Tränen liefen mir übers Gesicht, und ich öffnete meine Handtasche, um mein Taschentuch herauszuholen. Ich wühlte nur in der Tasche herum, ohne etwas zu sehen, und zog mein Taschentuch hervor, aber da hatte sich etwas in meinem Taschentuch verfangen – ein zusammengefaltetes, steifes Stückchen Papier, wie die, in denen man Pulver aus der Apotheke bekommt. Nur, weißt du, Anthony, es war nicht in meiner Handtasche gewesen, als ich von zu Hause aufbrach! Ich hatte nichts dergleichen gehabt! Ich habe meine Sachen hineingetan, als das Täschchen ganz leer war – ein

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