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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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Abwechslung ganz alleine – das gab es bis jetzt noch gar nicht. Entweder waren Freunde/Gäste an Bord
oder wir segelten schon früh los, um noch bei Tag das nächste Ziel zu
erreichen. Einfach nur dasitzen und den Gedanken freien Lauf lassen, die Stille
und den Kaffee genießen. Herrlich, einfach schön! Das war die letzten Wochen
nicht so. ›Aller Anfang ist schwer‹, viele Dinge mussten wir lernen, einige
Sachen sind kaputtgegangen, und neue Projekte wollten angefangen werden. Die
To-do-Liste ist noch genauso lang wie im Februar. Im Buchladen findet man
Bücher mit Titeln wie Wir reparieren uns um die Welt – ganz so schlimm war es, beziehungsweise wird es hoffentlich bei uns dann doch
nicht.«
    Zu den wenigen Dingen, die wir noch nicht installiert hatten,
gehörte unser Bord-E-Mail. Deswegen konnten wir zu diesem Zeitpunkt keine
Wetternachrichten empfangen. Stefans Bruder schickte uns täglich Informationen
per SMS , die etwa so lauteten: »Dreißig Knoten aus
Ost, ideal für euch zum Losfahren.« Oder: »Die nächsten Tage sehr lau, wenn ihr
nicht bald losschippert, schafft ihr es nie rechtzeitig nach Malta.« Auf Malta
wollten wir sechs Freunde abholen, die einen Törn gebucht hatten.
    Unseren ersten richtig heftigen Sturm erlebten wir auf dem Weg von
Santorin nach Malta. Der Meltemi, der Sommerwind in der Ägäis, fing praktisch
von einer Sekunde auf die andere an, uns um die Ohren zu pfeifen. Die bunten
Wäschefähnchen, die überall auf unserem Boot an Leinen wehten – ein tibetischer
Mönch hätte Baju für einen schwimmenden Tempel halten
können –, mussten eingeholt werden. Unseren Windgenerator mussten wir
ausstellen, weil er sich anhörte, als würde ein Hubschrauber auf unserem
Sonnendach landen.
    Vorsorglich hatten wir die Ankerkette so gesteckt, dass sie fünfmal
länger als die Wassertiefe war, wodurch der Anker besser hielt. Auf den
Nachbarschiffen wurde erst zur Nacht hin hektisch mehr Kette gegeben. Dennoch
war an ein entspanntes Schlafen auch bei uns an Bord nicht zu denken.
    Am nächsten Tag schien alles wieder windstill zu sein, aber das war
nur die sprichwörtliche Ruhe vor dem gewaltigen Sturm. Das Mittelmeer war sogar
so glatt, dass es keinen Sinn machte, die Segel zu setzen. Also starteten wir
den Motor. Da wir noch nicht hinreichend geschult im Umgang mit dem
elektronischen Seekartenprogramm waren, wussten wir nicht genau, welches Gebiet
wir gerade durchfuhren. Plötzlich näherte sich ein Schnellboot der griechischen
Küstenwache in größter Geschwindigkeit der Baju . Im
ersten Moment waren wir erschrocken. Hatten wir etwas falsch gemacht? Da unser
Motor zu laut dröhnte, konnten wir uns nicht über unser eingebautes UKW -Seefunkgerät verständigen. Blitzschnell holte ich das
Handfunkgerät aus dem Rumpf des Katamarans hervor. Kanal 20, gab man uns zu
verstehen. Nachdem wir den Kanal eingestellt hatten, hieß es: »Sie befinden
sich in einem U -Boot-Schießgebiet. Auf Kurs 270°
müssen Sie dieses schnellstmöglichst verlassen.« Doch »schnellstmöglichst« war
so eine Sache. Wie sollten wir das bewerkstelligen? Dass wir bei diesen
Witterungsbedingungen, ohne Wind und unter Motor, höchstens fünf Knoten
zurücklegen konnten, wussten die Beamten der Küstenwache anscheinend nicht. Wir
hatten kein Schnellboot wie sie. Die griechische Mannschaft begriff jedoch
schnell, dass wir kein Wettrennen mit ihrem Schiff veranstalten konnten.
    Wie gefährlich die Situation war, wurde uns bewusst, als das Schiff
der Küstenwache in den nächsten zwei Stunden nicht von unserer Seite wich.
Wahrscheinlich nutzten die Jungs unser gemächliches Tempo, um einmal in Ruhe
auf dem offenen Meer zu frühstücken. Wir hatten ein anderes Szenario vor Augen: Baju vor Kreta von zwei U-Booten versenkt, Mannschaft
geborgen. Hoffentlich.
    In der folgenden Nacht frischte der Wind erneut auf. Wir hatten das
Großsegel geborgen, den Genuabaum mit einer gerefften, also einer reduzierten
Segelfläche gesetzt. Und plötzlich war die Windblase da. Nirgendwo war Land in
Sicht. Um mich herum eine niedrige Decke schwarzer Wolken, die uns zu erdrücken
schien. Ich stand an Bord, die Rettungsweste angelegt, und blickte gebannt auf
die Wellen. Schlagartig waren sie auf zwei bis drei Meter angewachsen, wurden
aber nach und nach vier bis fünf Meter hoch. Respekt

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