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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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unserem Beiboot Baby Baju an Land. Bislang hatten wir nur Buchten angesteuert,
nie einen Hafen, weil wir uns dort viel freier fühlten als in den Marinas, die
ihre eigenen Verordnungen hatten. Wir wollten auch nicht zusehen müssen, wie
andere ihre Yachten polierten oder den Rostschutz auf ihre Ankerketten
auftrugen. Mit der Zeit wäre das ungefähr so unterhaltsam, wie in einer
Reihenhaussiedlung Herrn Meier beim Rasenmähen und Frau Müller beim Schneiden
der Hecke zuzuschauen.
    Â»Wir müssen unbedingt Diesel besorgen und Süßwasser«, sagte ich, als
wir aus dem Beiboot ausstiegen und unsere großen, noch leeren Rucksäcke auf dem
Rücken befestigten. Noch war unser teurer Wassermacher nicht eingebaut, dazu
hatten wir in all dem Trubel bislang keine Zeit gehabt.
    Ein anderer Segler, der uns wohl beobachtet hatte, winkte uns zu
sich und rief: »Ich habe einen Mietwagen. Wenn ihr in die Stadt wollt, nehme
ich euch mit, sonst müsst ihr auf den Bus warten.«
    Das Angebot nahmen wir gern an, der hilfsbereite Mann sollte uns
auch auf dem Rückweg wieder einsammeln – einschließlich unzähliger
Wasserflaschen und Kanister mit Diesel. Vor dem Einkauf gingen wir in der
historischen Altstadt von Syrakus in eine Pizzeria. Stefan aß eine riesige
Pizza, dick mit Salami belegt, und studierte zugleich die Eiskarte. Er lobte
mich, dass ich in unserem ersten Sturm nicht seekrank geworden war und alle
Situationen gemeistert hatte. Ich musste ein wenig schmunzeln, war er es doch
gewesen, dem kurz vor unserem Aufbruch zuerst mulmige Gefühle bei dem Gedanken
gekommen waren, dass wir auf hoher See alleine zurechtkommen mussten.

Tausche Nähmaschine gegen Früchte
    Die Strömung wühlte das Wasser auf, es gurgelte, die See
war auf der einen Seite unseres Katamarans von Kabbelwellen durchzogen, auf der
anderen Seite blickten wir auf vollkommen glattes Wasser. Ein sicheres Zeichen,
bald würden wir nicht mehr im Mittelmeer segeln, sondern im Atlantik.
    Aufbruchstimmung erfasste uns, wie wohl jeden Segler, der von einem
Meer ins andere wechselt. Morgens hatte uns »Max«, unser Windgenerator, mit
seinem lauten Brummen geweckt, und Stefan hatte befriedigt festgestellt, dass
der Wind aus der richtigen Richtung blies. Mit flotter Fahrt näherten wir uns
der Meerenge von Gibraltar.
    Fasziniert beobachteten wir, wie Delfine einen Schwarm Fische
einkreisten und an die Wasseroberfläche drängten, bis sie durch die Luft
flogen. Auf diese Weise durchbrachen die Säuger den geschlossenen Schwarm,
einzelne Fische wurden dadurch isoliert und konnten gefressen werden. Die
Delfine hatten uns bereits am Abend begleitet. Wie Torpedos schossen sie durchs
Wasser, und dabei schien es, als würden ihre Körper flimmern, besonders die
Schnauzen und die Flossen. Verursacht wurde das Leuchten von Plankton, kleinen
Meeresorganismen, die auch für das sogenannte Meeresleuchten verantwortlich
sind. Tauchten die Delfine in die Tiefe ab, verschwand das Flimmern im Nichts.
    Am Nachmittag schlief der Wind auf einmal gänzlich ein. Uns blieb
keine andere Wahl, wir mussten den Motor anschmeißen. Der einzige Vorteil: Wir
fuhren dadurch eine konstante Geschwindigkeit und konnten uns ausrechnen, wann
wir die Straße von Gibraltar erreichen würden: um ein Uhr nachts. Na prima! Wir
sollten also die meistbefahrene Schifffahrtslinie Europas, wenn nicht gar der
Welt, die bekannt ist für ihre gewaltigen Untergrundströmungen, die vielen
Fähren und Ankerlieger bei Nacht passieren.
    Das Ansteuern der Straße von Gibraltar war aufregend, aber auch ein
wenig unheimlich. Die Sicht wurde immer begrenzter, denn noch bevor es dunkel
wurde, stieg von Stunde zu Stunde mehr Nebel auf. Die Lichter in der Ferne
waren nur noch schemenhaft zu erkennen. Und was zuerst wie Lichter an Land
ausgesehen hatte, entpuppte sich als gigantische Ansammlung von
Riesenfrachtern, die meisten davon mehrere Hundert Meter lang. Der Radar zeigte
so viele Echos an, dass wir auf drei Seemeilen heranfahren mussten, um zu
entscheiden, welchen Kurs wir durch diese schwimmenden Wohnblocks nehmen
sollten. Dabei fiel uns auf, dass die Frachter gar nicht ankerten, sondern sich
sehr langsam durch die Passage schoben. Und da Containerschiffe nachts nicht so
stark beleuchtet sind wie etwa Kreuzfahrtschiffe, wirkten sie bei dieser
diesigen Luft noch gespenstischer.
    Plötzlich waren wir von roten Lichtern umgeben, die wir

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