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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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Strom?«
    Â»Wir haben keinen Strom aus der Steckdose«, erklärte der Polynesier.
»Für die wenigen Häuser hier in der Gegend scheint es sich nicht zu lohnen,
extra Leitungen zu legen. Aber abends, bei Einbruch der Dunkelheit, haben wir
trotzdem Licht. Auf dem Dach ist ein kleines Solarpaneel angebracht.« Er wies
mit seiner Hand zur Hütte hoch. Hightech mitten im Dschungel, dabei besaß das
Paar nicht einmal ein Radio. Stefan und Tainui fingen augenblicklich zu
fachsimpeln an, tauschten Solarstromtipps aus. Der Polynesier wollte sich eine
größere Solaranlage zulegen, aus verständlichen Gründen.
    Â Â»Wir würden gern einen
Fernseher haben, und ein Kühlschrank wäre auch schön.« Eine solche Anlage
kostete aber, wie wir erfuhren, neu rund 2000 Euro.
    3000 Euro für den Autotransport, 2000 Euro für eine bessere
Solaranlage – bei den bestimmt nicht mit Frankreich oder Deutschland zu
vergleichenden Insellöhnen waren das horrende Preise.
    Danach verabschiedeten wir uns von dem Ehepaar und sagten, dass wir
nach unserem Marsch zum Wasserfall alles abholen würden. Klar, meinten die
beiden, das gehe in Ordnung, und sie zeigten uns, in welche Richtung wir gehen
sollten.
    Kurz nachdem wir uns auf dem Weg gemacht hatten, entdeckten wir eine
Telefonzelle. Keine geteerte Straße, kein Strom – wie sollte da eine
Telefonzelle funktionieren? Sie funktionierte auch nicht. Als Stefan den Hörer
abnahm, war kein Signal zu vernehmen. Totenstille. Hatte man einst die Hoffnung
gehabt, als man sie aufstellte, dass sich mehr Leute entschieden, sich in
dieser Gegend niederzulassen? Wir konnten darüber nur spekulieren.
    Â Wir gingen an einer Schlucht
entlang, mal bergauf, mal bergab. Überall waren Schilder aufgestellt: »Achtung
Steinschlag!« Das war keine Ermutigung, um länger als nötig in der Schlucht zu
verweilen, obwohl es an einigen Stellen spektakuläre Ausblicke auf
Blätterdächer und verschlungene Lianen gab. Als wir ans Ende der Schlucht
kamen, hörten wir zwar den dahinterliegenden Wasserfall, den Te Vai Po, aber
wir konnten nicht zu ihm hin, wenigstens nicht zu Fuß.
    Â»Komm, wir schwimmen«, sagte Stefan und war im nächsten Moment
dabei, sich auszuziehen.
    Das Wasser war eiskalt und nach der tropischen Hitze im ersten
Moment eine wunderbare Erfrischung. Aber für die Strecke, die vor uns lag,
hätte man gut einen Neoprenanzug gebrauchen können. Mit ziemlich schnellen
Zügen erreichten wir den Wasserfall und waren überwältigt von seinem Anblick.
Er war in glitzernde Nebelschleier gehüllt, die durch den Aufprall des Wassers
auf Wasser entstanden.
    Nachdem wir uns mit dem mitgebrachten Handtuch abgetrocknet hatten,
holten wir unsere Peanutbutter- und Nutella-Sandwiches und Früchte aus unserem
Rucksack heraus. Auf dem Rückweg trafen wir auf eine Gruppe von Touristen, Individualtouristen,
insgesamt fünf Personen. Wir warnten sie vor dem kalten Wasser. Es sollten die
einzigen Touristen bleiben, denen wir auf den Marquesas begegneten.
    Â Zurück in der kleinen
Siedlung Hakau’i wollten wir unsere Einkäufe abholen, aber gerade als wir
ankamen, trat Arihano aus einem der größeren Häuser in diesem Miniaturdorf. Auf
dem Dach war eine große Solaranlage installiert, hier musste jemand leben, der
wesentlich mehr Geld besaß als Tainui und seine Frau. Ohne weiter darüber
nachzudenken, ging ich davon aus, dass der junge Mann, mit dem wir uns tags zuvor
kurz unterhalten hatten, in dem Haus wohnte.
    Arihano trug heute weiße Shorts und Flip-Flops, der Oberkörper war
frei, und eine Sonnenbrille steckte in seinem schwarzen Haar. Freundlich winkte
er uns zu und fragte auf Französisch. »Wollt ihr nicht mit mir zusammen essen,
ich habe gerade Poisson cru gekocht?«
    Fremden gegenüber zeigte man sich auf den Marquesas gastfreundlich –
wie oft hatten wir das erlebt, nie hatten wir Erfahrungen gemacht, die Argwohn
gerechtfertigt hätten. Es war in diesem Teil der Welt das Normalste, Menschen,
auf die man traf, zum Essen einzuladen.
    Stefan blickte mich an, seit unserer Sandwich-Früchte-Mahlzeit waren
über zwei Stunden vergangen, es war kurz nach zwölf Uhr. Zeit fürs Mittagessen.
Ihm war anzusehen, dass er gern das Angebot angenommen hätte, hungrig, wie er
war, und auch neugierig auf die Inselbewohner. Ich aber war nach unserer
Wanderung zu

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