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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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zuzuschauen, die Klänge gingen direkt
unter die Haut. Meine Kamera glühte, so viele Bilder hatte ich gemacht.
    Ganz ohne Drogen überwältigte uns jeden Abend, den wir als Zuschauer
zubrachten, nach und nach ein tranceartiges Gefühl. Auf keinen Fall wollten wir
das Festival verpassen, es wurde Teil unseres Traums vom Südseeabenteuer.
Polynesien.
    Die Bucht der Hauptstadt war wunderschön und erstaunlich belebt. Es
gab ein Hôtel de Ville, das Bürgermeisterhaus, eine Gendarmerie, eine Crêperie,
ein Krankenhaus sowie eine Schule – auf sie gingen auch alle schulpflichtigen
Kinder der Nachbarninseln, meist wohnten sie in der Woche bei Verwandten oder
im schuleigenen Internat, um erst am Wochenende zu ihren Familien
zurückzukehren, wenn überhaupt. Zudem gab es eine Bank, eine Post und erstaunlich
viele Autos.
    In der Nordbucht Nuku Hivas, Anaho, lernten wir beim Kiten Jarik
kennen, einen Marquesaner, der über zehn Jahre auf Hawaii gelebt hatte und
perfekt Englisch sprach. Er war in seine Heimat zurückgekehrt, weil seine
Familie größere Ländereien auf der Insel besaß und er sich um sie kümmern wollte.
Jarik war sein europäischer Name, seinen polynesischen konnten wir auch nach
mehrtägigem Üben nicht aussprechen. Seine lange, dicke schwarze Mähne hatte er
zu einem Zopf geflochten. Er sah aus wie ein Surfguru, mit wasser- und
windgegerbter Haut, der sein Surfbrett aus einer alten Holzplanke formt, statt
eines aus Plastik zu kaufen. Er hatte auch tatsächlich auf Hawaii gesurft, aber
nicht, um in der Welle ein kurzes Vergnügen zu suchen, sondern um Inspiration
zu finden. Und er hatte die ganz großen Wellen geritten. Immer hatte er ein
Lächeln auf den Lippen, als würde ihn die Mystik der Landschaften beseelen,
stets kreisten seine Gedanken um die Umwelt und seine Mitmenschen, um ein Leben
im Einklang mit der Natur in dieser paradiesischen Umgebung, um Spiritualität
und Religion. Er selbst stellte sich nie in den Mittelpunkt.
    Die Melodien der Tanzproben konnten wir inzwischen mitsummen, auch
einige sich wiederholende Strophen, obwohl wir den Inhalt nicht verstanden –
wir zählten wirklich schon zum eingefleischten Fanclub. Nicht ein abendliches
Spektakel ließen wir uns entgehen, und wenn die Männer mit ihren nackten,
schwitzenden Oberkörpern zu ihren Kriegsbeilen oder Holzstäben griffen und ihr
martialisches Geschrei herausbrüllten, lief uns jedes Mal ein Schauer über den
Rücken. Das war ergreifend, und fast schien man zu glauben, zu den Wurzeln der
uns völlig fremden Kultur vordringen zu können.
    Ein Riese von einem Mann, bestimmt einen Kopf größer als Stefan, mit
einem immens dicken Bauch, kam Abend für Abend in einem roten T -Shirt. Er war eindeutig der Choreograf. Es war zu
erkennen, dass er noch längst nicht zufrieden mit der Performance seiner Tanz-
und Gesangsgruppe war.
    Â»Ich weiß gar nicht, was der hat«, sagte Stefan. »Ich finde das
jetzt schon sensationell.«
    Wir überlegten, ob wir die acht Wochen bis zum Festival in Taiohae
bleiben oder zu den Tuamotus aufbrechen und später zurückkehren sollten. Die
Tuamotus-Atolle liegen 450 Seemeilen von den Marquesas entfernt und eignen sich
hervorragend zum Tauchen und Kiten, was für uns schließlich den Ausschlag gab.
    Â Am nächsten Morgen, es war
der 8. Oktober 2011, ein Samstag, standen wir um fünf Uhr in der Früh auf. Es
war noch stockdunkel. In Taiohae begann der Hauptstadtmarkt wegen der Hitze um
vier, und um sechs Uhr war er dann wie ein kurzzeitiger Spuk auch schon wieder
vorbei. Wir hatten einige frische Sachen eingekauft, bevor wir den Anker lichteten.
Gurken, Auberginen, Kartoffeln und Kürbisse.
    Als wir an der Südküste von Nuku Hiva entlangsegelten, steuerten wir
eine von außergewöhnlichen Felsformationen vulkanischen Ursprungs
eingeschlossene Bucht an, die seltsam zweigeteilt war – mit einer kleineren
Unterbucht sowie einer unberührten Hauptbucht, die durch einen endlos schönen,
nicht weißen, sondern eher goldschimmernden Strand ins Auge stach.
    So nah wie möglich wollten wir am Ufer vor Anker gehen, aufgrund
unseres geringen Tiefgangs von nur siebzig Zentimetern waren wir meistens die
Einzigen, die so nah am Strand ankern konnten.
    Einem Reiseführer hatte ich entnommen, dass es sich um die
Hakatea-Bucht handelte und es in der Nähe einen

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