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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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Idee. Wenn du ihn ranlässt, passt er vielleicht auf dich auf. Als Gegenleistung, sozusagen.«
    »So denkt echt nur eine Nutte«, schnappte ich. »Nicht für jeden ist Sex ein Tauschhandel.«
    Sie lächelte ihr leeres Glas an, ein geheimes, bitteres Lächeln. »Anders als für mich?«
    » Ganz anders.«
    »Ich bin keine Nutte.«
    Jetzt war ich im Schweigemodus.
    »Wenn ich Geld für Sex nähme«, sagte Rosalee, und ihr bitteres Lächeln hielt sich wie ein Geschwür, »würde ich in einer Villa wohnen.« Sie grub eine Schachtel mit Kondomen aus ihrem Nachttisch und drückte mir das ganze Ding in die Hand. »Ich übersetze Manuskripte. Vom Deutschen ins Englische.«
    Während ich dort stand und darauf wartete, dass sie weitere kostbare Informationen über sich preisgab, sagte sie: »Brauchst du noch was? Gleitmittel? Anweisungen? Handschellen?«
    »Nein.«
    »Dann raus hier.«

    Ich dachte darüber nach, was mir Rosalee mit Wyatt unterstellte. Dass sie dachte, ich wollte ihn nur ausnutzen, um beschützt zu werden, so wie es mir Petra auch unterstellt hatte. Und wahrscheinlich nutzte ich ihn wirklich aus, aber nicht, weil ich Schutz brauchte, sondern weil ich Beziehungen knüpfen wollte. Sogar eine einfache körperliche Beziehung wäre mehr, als ich jetzt hatte.
    Ich war es so leid, mich von allen abgeschottet zu fühlen.
    Wyatt hatte mir ein Eis am Fountain Square gekauft, wo wir uns verabredet hatten. Jetzt gingen wir durch die Straßen und aßen Himbeereis im warmen, schwülen Zwielicht.
    »Ich denke, wir sollten uns mal über Sex unterhalten«, sagte ich und stieß ihm sanft gegen die Schulter. »Ich denke, jetzt ist es so weit.«
    Er fiel fast um vor Lachen. Das war nicht ganz die Reaktion, die ich erwartet hatte.
    »Fast genauso hat es meine Mutter gesagt, als ich dreizehn wurde«, erklärte er mir und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    »Deine Mutter hat mit dir über Sex gesprochen?«
    »Ja. Ich vermute mal, sie fand meinen Vater dafür nicht ganz so geeignet.« Er verzog das Gesicht. »Sozusagen.«
    »So hab ich das nicht gemeint. Ich will ja nicht so mit dir darüber reden.« Ich musterte ihn. »Nicht wie eine Mutter.«
    Er pflückte eine purpurne Blume von einer Kreppmyrte und steckte sie mir hinter das linke Ohr. »Dann lass uns reden.«
    Wir warfen unsere Eisbecher in den Müll und gingen von der belebten Straße in eine ruhigere, die einzige Straße in der Stadt, die der Herbst hatte vereinnahmen können.
    »Meinst du, wir sollen über alle unsere Krankheiten und Partner und den ganzen Kram reden?«, fragte er, als wir sterbendes Laub herumkickten, das den Gehweg bedeckte.
    »Du hattest Krankheiten?«
    »Nein, verdammt! Du?«
    »Natürlich nicht. Geschlechtskrankheiten sind was für Loser. Aber ich hab schon jede Menge Erfahrung. So viel, dass es eigentlich schon keine Erfahrung mehr ist. Mehr eine Kunst.«
    Wyatt sah mich neugierig an. »Wie lange übst du denn schon, du Angeberin?«
    Ich lächelte. »Ich wurde entjungfert, als ich vierzehn war. Während Juhannus?«
    »Jo-was?«
    »Juhannus.« Ich dachte darüber nach, aber es ließ sich nicht richtig übersetzen. »Es ist ein Tag im Juni. Der längste Tag des Jahres.«
    »Die Sommersonnenwende?«
    »Genau!« Es ließ sich wohl doch übersetzen. »In Finnland ist die Sommersonnenwende ein Feiertag. Poppa und ich sind jedes Jahr zurückgefahren, um ihn zu feiern. Aber in dem Jahr sind wir vor allem deshalb zurückgefahren, weil Poppa sterben würde, und er wollte seine letzten Tage in seinem Heimatland verbringen. Das Problem war nur, dass ich keine Lust hatte, den gesamten Feiertag damit zu verbringen, ihm beim Sterben zuzusehen. Also hab ich mir diesen Jungen gesucht.
    Er hieß Mika. Er war ein anständiger Kerl, so wie du. Anständig und verklemmt. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, mein erstes Mal in einer Sauna zu haben, aber Mika fand, das wäre ein Sakrileg. Man muss Finne sein, um das wirklich zu verstehen. Aber um die Sache abzukürzen: Ich sagte ihm, entweder auf meine Art oder gar nicht, er gab nach, und wir machten es auf meine Art. Und ich wäre fast gestorben.«
    »Warum?«, fragte Wyatt, als erwarte er, die Antwort würde ihn wütend machen. Als ob er dachte, Mika hätte mir ein Messer an den Hals gehalten oder so etwas.
    »Es lag nicht an Mika. Es war die Sauna. Sex in einem tausend Grad heißen Raum zu haben, ist keine gute Idee. Ich wurde mittendrin ohnmächtig, und Mika musste mich rausschleppen und in den See werfen, damit ich

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