Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch
wieder zu mir kam.« Ich lachte. »Aber das hätte mich auch fast umgebracht. Ich wäre fast ertrunken.«
»Sex und Tod«, sagte Wyatt gut gelaunt. »Wie Hot Dogs und Senf. Hey, warte!«, sagte er, als ich über die Straße gehen wollte. »Lass uns hier lang weitergehen. Da vorne ist ein Geschäft, in dem ich noch was kaufen muss.«
»Du bist dran«, sagte ich, als er mir den Arm um die Schultern legte.
»Ich war fünfzehn.« Er lächelte bei der Erinnerung. »Shoko war meine erste.«
»Pfui!« Ich stieß ihn weg.
»Was zum Teufel?«
»Shoko? Diese gemeine grüne Frau aus dem Sekretariat? Die ist doch bestimmt zehn Jahre älter als du!«
»Vier.« Er sah nachdenklich aus. »Du findest, sie sieht alt aus? Ich finde, sie sieht heiß aus.«
»Klar sieht sie heiß aus, verdammt! Darum geht es nicht. Warum hast du bei ihr deine Jungfräulichkeit verloren? Sie ist so herrisch! Ich wette, sie hat dich die ganze Zeit rumkommandiert.«
»Du kennst sie ja nicht mal.« Als ich ihn nur anstarrte, zog er den Kopf ein. »Okay, sie ist ein bisschen herrisch, aber sie ist cool! Eine tolle Kämpferin – sie weiß verdammt genau, was sie tut. Sie hat mich zu meiner ersten Jagd mitgenommen, und ich war so aufgeregt …« Er bekam rote Ohren. »Deshalb haben wir es ja auch getan, gleich da im Dunklen Park. Sie wusste, dass das der schnellste Weg war, um mich wieder runterzukriegen.«
»Hört sich echt romantisch an«, sagte ich und kickte heftig gegen einen schlaffen Fußball, den ein Kind vergessen hatte. »Du und Shoko, seid ihr noch …?«
»Vergiss es«, versicherte mir Wyatt. »Ich hab meine Nerven besser im Griff als damals. Meine Hormone auch.«
»Und wer noch?«
Er lachte. »Verdammt, Hanna, willst du eine Liste?«
»Petra?«
Sein Lachen erstarb. Er zuckte die Schultern. »Ja.« Aber als ich den Mund öffnete, fügte er schnell hinzu: »Aber ich will nicht über sie reden.«
»Warum nicht?«, bohrte ich. »Tut es zu sehr weh?«
»Ich und Pet sind nur Freunde, Hanna. Ehrlich.«
Mittlerweile hatten wir einen winzigen Kräuterladen erreicht, und Wyatt verschwand darin, während ich über Fragen brütete wie: Wenn Wyatt wirklich über Petra hinweg war, warum wollte er dann nicht über sie reden? War Sex mit ihr so rein und heilig gewesen, dass er ihn nicht beschmutzen wollte, indem er ihn mir beschrieb?
Ein paar Minuten später kam Wyatt mit einer braunen Papiertüte raus.
»Gut, dass wir diese Straße genommen haben«, sagte er. »Ich hätte fast vergessen, dass ich noch Sachen für die Jagd brauche.«
Ich hielt ihn fest, damit er stehen blieb. Meine verletzten Gefühle und unbeantworteten Fragen verflogen im Wind. » Unsere Jagd?«
»Ja. Ich arbeite dran.«
»Vor nächstem Sonntag?« Die zwei Wochen wären dann um.
»Hör mal«, sagte er genervt. »Ich muss für dich einen Arsch voll Regeln umgehen. Mach langsam, okay?«
Welche Wahl hatte ich? »Okay. Ich vertrau dir.«
Er sah mich verwundert an. »Echt?«
»Klar. Ich fand dich gleich beim ersten Mal, als ich dich sah, nett. Netten Jungs kann man in der Regel trauen.«
»Du denkst ich bin ein netter Junge?« Er schien diesen Gedanken mächtig komisch zu finden.
»Lieg ich falsch?«
Wir standen vor einem hohen ausgefransten Zaun, über und über beklebt mit Flyern von vermissten Personen mit fröhlichen Gesichtern, die wahrscheinlich schon vor langer Zeit aufgehört hatten, fröhlich zu sein. Die Bögen des Natriumlichts warfen ein orangerotes, fast höllisches Licht auf die Flyer und auf Wyatts Augen, als er mich ansah. Höllisch, aber faszinierend. Er ließ seine Hand über meine nackte rechte Schulter gleiten und legte sie in meinen Nacken, den er drückte, als er sich über mich beugte … und dann klingelte sein Telefon.
Er stöhnte, als er die Nummer sah. »Was ist, Pet? Warum muss ich kommen? Nein. Nein . Weil du lernen musst, dein Leben selbst zu regeln. Ich hab Nein gesagt, verdammt.« Er legte auf. »Ich schwöre bei Gott, sie ist wie …«
Ich sah, wie er darum kämpfte, die richtigen Worte zu finden, und fragte mich, ob auch ich jemals so starke Gefühle in jemandem wecken würde.
»Ich kann nicht mal sagen, dass sie wie eine Vierjährige ist«, klagte er. »Mein kleiner Bruder ist vier, und ich traue ihm zu, dass er besser auf sich aufpassen kann als Pet.«
»Sie ist auch eine Frem, oder?«
»Nicht mehr. Sie ist schon lange genug hier, um einen eigenen Schlüssel und all das zu haben. Aber sie führt sich auf, als wäre sie gerade
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