Bleep - oder wie man Spiritualität mit 3 Whisky-Cola verbindet
Augen scharenweise dort hin, um einen modernen Weisen live zu erleben.
Regelmäßig taucht der Dalai Lama auf den Titelseiten von Zeitschriften und Zeitungen auf, die normalerweise der Boulevardpresse zugerechnet werden, und sorgt in den Ländern, die er – wie ein Staatsoberhaupt – besucht, jedes Mal für politische Verwirrung, weil die meisten Politiker ihn zwar empfangen möchten, weil es sich einfach gut macht, sich mit ihm fotografieren zu lassen, sie es sich gleichzeitig aber nicht mit dem allmächtigen China verderben wollen.
Erinnern Sie sich noch an den peinlichen Vorfall mit dem früheren deutschen Außenminister Klaus Kinkel, der durch eine geschickte Drehbewegung verhinderte, dass der Dalai Lama ihm eine Khata, den traditionellen weißen Begrüßungsschal der Tibeter, um den Hals legen konnte. Das hätte ja als Affront gegen die chinesischen Herrscher gewertet werden können, mit denen man schließlich Geschäfte machen will. Der frühere Kanzler und noch frühere Menschenrechtsaktivist Gerhard Schrö der hielt bewusst Abstand zum Dalai Lama und umwarb dafür die Chinesen umso mehr, während sein grüner Außenminister Joschka Fischer und der hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch, also zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, anscheinend keinerlei Berührungsängste hatten.
Buddhismus ist »in«
Eines ist mir aufgefallen: In einer Zeit, in der Politiker, Wissenschaftler, Sportler, Künstler und sonstige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens normalerweise ständiger Beobachtung und Kritik ausgesetzt sind, ist der Dalai Lama von all dem weitgehend verschont geblieben. Taucht doch einmal eine zaghafte Kritik an ihm auf, verschwindet sie auch sehr schnell wieder. Wer will denn schon ernsthaft diesen gottgleichen Übergutmenschen mit dem wunderbaren Lachen kritisieren?
Das liegt zum Teil wohl daran, dass viele Menschen im Westen ihr Glück im Buddhismus suchen. Nach den ständig neuen Enthüllungen über Pädophile in der katholischen Kirche, dem Fall von Trunkenheit am Steuer bei einer evangelischen Bischöfin und der im Allgemeinen äußerst blutigen Geschichte des Christentums suchen viele Menschen nach einer Alternative. Der Islam ist angesichts der ständigen Bedrohung durch islamistische Terroristen wenig attraktiv – außer für zornige junge Männer, die so schnell wie möglich ins Paradies zu den 72 Jungfrauen kommen wollen. Das Judentum ist aufgrund seiner teils extremen Strenge auch nicht besonders verlockend, hinduistisches Kastendasein nicht jedermanns Sache, also bleibt der Buddhismus, der sich Gewaltfreiheit und Toleranz auf die Fahnen geschrieben hat und zudem noch mit Tenzin Gyatso, besser bekannt als der 14. Dalai Lama, einen Repräsentanten besitzt, der weitaus attraktiver ist als beispielsweise Ajatollah Chomeini oder Joseph Alois Ratzinger, alias Papst Benedikt XVI.
So ist der Buddhismus im Westen zu einer regelrechten Mode- oder Trendreligion geworden. Es galt und gilt in gewissen Kreisen noch immer als sehr chic, Buddhist zu sein – auch wenn viele nur relativ schwammige Vorstellungen davon haben, was das eigentlich genau bedeutet. Irgendwie hat es wohl etwas mit Räucherstäbchen, Buddhastatuen, Zimmerspringbrunnen, Klangschalen und dergleichen modischen Accessoires zu tun. Achten Sie einmal im Fernsehen darauf, in wie vielen Fernsehserien oder -filmen eine Buddhafigur in der Wohnung steht. Sie werden erstaunt sein.
Nicht überall, wo Dalai Lama draufsteht, ist auch Dalai Lama drin. Aber verkaufen tut es sich immer gut.
Auch ein paar Bücher des Dalai Lama im Bücherregal schaden sicherlich nicht, auch wenn man sie wahrscheinlich nie gelesen hat. Aber gut aussehen tun sie allemal. Wenn man beim Internet-Buchversand amazon unter der Rubrik Bücher das Stichwort »Dalai Lama« eingibt, kommt man immerhin auf etwa 3 200 Treffer. Wann er wohl all diese Bücher geschrieben hat?
Selbst die deutsche Heavy-Metal-Band Rammstein entblödete sich 2004 nicht, ein Lied mit dem Titel Dalai Lama aufzunehmen, dessen Text zwar Goethes Erlkönig nachempfunden ist, aber nicht den geringsten Bezug zum Dalai Lama hat. Nicht überall, wo Dalai Lama draufsteht, ist eben auch Dalai Lama drin. Aber verkaufen tut es sich immer gut.
Begriffe wie Karma, Reinkarnation oder Meditation werden heute in einer Unterhaltung so selbstverständlich gebraucht wie die Begriffe Energie, Mantra und Tantra. Viele bekannte Schauspieler, Sänger und Sportler bekennen sich heute offen
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