Bleep - oder wie man Spiritualität mit 3 Whisky-Cola verbindet
den Meister. »Meister, ich glaube nicht, dass ich erleuchtet worden bin. Was soll ich nur tun?«
»Geh in dein Zimmer, konzentriere dich auf deinen Atem und meditiere den ganzen Tag«, spricht selig lächelnd der Meister.
Der junge Mann geht zurück, setzt sich wieder hin und versucht, sich zu konzentrieren. So geht es Tag um Tag, Nacht für Nacht.
Plötzlich ertönt in der zehnten Nacht ein Schrei aus dem Zimmer des jungen Mannes. »JAAAAAA!«
Er stürzt in das Zimmer des Meisters und berichtet atemlos: »Meister, Meister! Ich habe Erleuchtung erlangt! Was soll ich jetzt tun?«
Der Meister schaut ihn ungerührt an und meint immer noch selig lächelnd: »Geh in die Küche und mach den Abwasch, der seit zehn Tagen liegen geblieben ist.«
Ernüchternd, oder? Schließlich haben wir doch die wahnwitzige Vorstellung, dass wir durch die Erleuchtung aus den schnöden Niederungen des Alltags hinauf in die himmlischen Gefilde ewiger Glückseligkeit katapultiert werden. Und dann abwaschen?
Im Zen-Buddhismus gibt es von alters her den Spruch: »Vor der Erleuchtung Holz hacken und Wasser tragen. Nach der Erleuchtung Holz hacken und Wasser tragen.« Auf unsere Zeit übertragen könnte man sagen: »Vor der Erleuchtung Spülmaschine einschalten und E-Mails abrufen. Nach der Erleuchtung Spülmaschine einschalten und E-Mails abrufen.«
Vor der Erleuchtung Holz hacken und Wasser tragen. Nach der Erleuchtung Holz hacken und Wasser tragen.
Was will uns die Geschichte des jungen Mannes sagen? Was ist die Moral von der Geschichte? Alle denken, Erleuchtung sei etwas ganz Großartiges, etwas, das so gar keine Ähnlichkeit mit dem normalen Leben hat. Wenn man sie erlangt hat, schwebt man ununterbrochen einen halben Meter über dem Boden, sonnt sich ständig in seinem Heiligenschein, das ganze Leben wird leicht und alle Probleme sind verschwunden. Mal ganz im Vertrauen, dachten Sie das vielleicht auch? Ich gestehe, dass es damals, als ich anfing, mich mit dem Thema Erleuchtung zu beschäftigen, für mich ein Grund war, überhaupt damit anzufangen.
Wenn wir keine direkte Erfahrung mit etwas haben, neigen wir dazu, es ausschließlich mit dem Verstand zu beurteilen. Dabei wird es unabsichtlich, aber unvermeidbar völlig verzerrt, weil man ohne direkte Erfahrung nie das Wesen einer Sache begreifen kann. In China gibt es ein Sprichwort, das lautet: »Willst du den Geschmack eines Apfels kennenlernen, musst du hineinbeißen.« Das Nachdenken über den Geschmack des Apfels, die Analyse der Inhaltsstoffe und das Wissen um Nährwert und Kalorienzahl hilft einem nicht weiter.
Die Erkundung des Raumes zwischen den Gedanken
Ich will hier nicht noch einmal meine Definition von Erleuchtung wiederholen. Ich möchte aber noch ein mal einige meiner eigenen Erfahrungen zu diesem Thema wiedergeben, die zwangsläufig subjektiver Natur sein müssen.
Mir ging es da nämlich ganz ähnlich wie Daniel Düsentrieb, dem genialen Erfinder aus Entenhausen, dem in seinen erleuchteten Momenten immer ein Licht aufging. Er setzte diese Geistesblitze gemäß seines Wahlspruchs »Dem Ingeniör ist nichts zu schwör« in mehr oder weniger nützliche Erfindungen um wie das tragbare Loch oder das Telefon mit eingebautem Bügeleisen. Ich bin da weitaus weniger praktisch veranlagt, aber vielleicht dafür etwas realistischer. Für mich sind diese Augenblicke, in denen mir ein Licht aufging, einfach Momente großer geistiger Klarheit. Andererseits geht mir auch manchmal ein Licht auf, wenn ich zwei oder drei Whisky-Cola getrunken habe, aber das steht wieder auf einem ganz anderen Blatt.
Letztendlich geht es in diesen Momenten der Erleuchtung darum, dass mir ein Licht aufgegangen ist, dass ich eine plötzliche Erkenntnis hatte, dass ich unvermittelt etwas wusste, das so unbeschreiblich war, dass ich es nur als sensationell bezeichnen kann. Das Wort »wusste« trifft es vielleicht auch nicht ganz, weil es eher ein »fühlen« war. Und dank dieser neuen Erkenntnis (oder eher Erfühlnis) konnte ich dann mein Leben neu gestalten, weil ich bestimmte Dinge nun aus einem völlig neuen Blickwinkel sehen konnte.
In verschiedenen Meditationen, die ich über viele Jahre hinweg ausgeübt habe, befand ich mich plötzlich in einem Zustand, der im Grunde vollkommen unbeschreib lich war. Aber ich wäre nicht Udo Grube, wenn ich nicht trotzdem versuchen würde, dieses Unbeschreibliche zu beschreiben. Ich glaube allerdings nicht, dass der Drang sich mitzuteilen, auf mich allein
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