Bleib cool Samantha
nicht. Sie blieb weiter auf meinem Bett liegen und spielte mit Manets langen Stirnfransen herum. Bestimmt würde sie ihm gleich Zöpfchen flechten oder ihm Spängchen hineinstecken. Mich nervt das jedes Mal total, wenn sie das macht. Es gibt nämlich einen ganz bestimmten Grund, warum Bobtails so lange Haare haben, die ihnen in die Augen hängen. Weil ihre Augen so empfindlich auf Sonnenlicht reagieren.
Ich sah zu, wie Lucy mit den Fingern Manets Pony zu einer Art Irokesenfrisur hochkämmte, und dachte nach. Es ließ sich nicht leugnen, dass Lucy wirklich Erfahrung mit Jungs hat. Es bestand die Chance – okay, sie war zwar äußerst gering, aber es war immerhin eine Chance –, dass sie mir einen Rat geben konnte. Sie hat das alles ja schon vor mir durchgemacht.
Ich klappte entschlossen mein Deutschbuch zu.
»Es ist nur«, sagte ich und setzte mich aufrecht hin.
»Keine Ahnung. Ich meine, ich will schon mit ihm schlafen.Aber was, wenn…«
Lucy ließ Manets Fell los und legte stattdessen den Kopf auf seinen Brustkorb, als wäre er ein pelziges Kissen. Manet schien das gar nicht zu merken. »Was wenn… was?«
»Was, wenn… es mir keinen Spaß macht.«
»Hast du denn geübt?«, fragte Lucy.
Ich starrte sie an. »Geübt? Was geübt?«
»Na, wie sich das anfühlt, mit jemandem zu schlafen«, sagte Lucy. »Das ist echt ganz einfach. Du legst dich in die Badewanne, drehst das Wasser auf und dann rutschst du so unter den Wasserhahn,bis deine,du weißt schon… direkt unter dem Strahl ist, und dann stellst du dir vor, der Wasserstrahl wäre dein Freund…«
»O GOTT.«
Lucy sah mich erstaunt an. »Was denn?« Meine geschockte Reaktion schien sie zu überraschen. »Hast du das noch nie probiert? Ich sag dir, das funktioniert voll.«
»LUCY!« Ich brüllte es fast. Jedenfalls sagte ich es laut genug, um Manet zu wecken, der den Kopf hob und sich verwundert umsah.
»Was hast du denn?«, fragte Lucy noch einmal. »Da ist doch nichts dabei.«
»Deshalb bleibst du also immer so lang in der Badewanne?«, krächzte ich.
»Klar«, sagte Lucy. »Was hast du denn gedacht, was ich da drin mache?«
»Jedenfalls nicht das«, ächzte ich. »Ich dachte, du würdest… keine Ahnung. Baden. Und Liebesromane lesen.«
»Na ja, mach ich ja auch«, sagte Lucy. »Die helfen total dabei, weißt du. Die Szenen sind teilweise echt voll realistisch beschrieben. Obwohl es angeblich auch hilft, an Orlando Bloom zu denken, während man den Wasserstrahl wirken lässt, falls du verstehst, was ich meine. Also bei mir funktioniert das mit Orlando nicht, aber ich habe gehört, dass viele Mädchen darauf stehen.«
Ich sah sie fasziniert an. »Unterhaltet ihr euch an eurem In-Cliquen-Tisch in der Cafeteria etwa über so was? An wen ihr denkt, während ihr unter dem Wasserhahn in der Badewanne liegt?«
»Doch nicht in der Cafeteria.« Lucy lachte. »Da sitzen doch auch lauter Typen mit am Tisch. Die wollen nicht hören, dass du an irgendjemand anderen denkst als an sie,glaub mir.Aber wenn keine Jungs in der Nähe sind… klar reden wir auch über solche Sachen. Ich glaub, Tiffany Shore war die Erste, die es ausprobiert hat. Sie hat einen Artikel darüber in der ›Cosmopolitan‹ gelesen. Aber sie benutzt den Duschkopf.«
»O MEIN GOTT!«, schrie ich wieder.
Lucy überraschte mein Ausbruch. »Na ja«, sagte sie lässig. »Bei Mädchen ist das eben anders als bei Jungs. Wir wissen nicht von Geburt an, wie es geht. Und das kann man nicht dem Typen überlassen. Den meisten ist es völlig egal, ob es dir Spaß macht oder nicht, oder sie wissen nicht, wie es geht, deswegen ist es so wichtig, vorher zu üben.Auch um sich seelisch darauf vorzubereiten. Ich stell mir dabei meistens den Typen aus ›Der Graf von Monte Christo‹ vor…«
»Was, Jim Caviezel?«, unterbrach ich sie und war noch geschockter.
»Ja, den finde ich echt heiß.«
Unfassbar, dass ich dieses Gespräch mit ihr führte.
Meine Fassungslosigkeit muss sich auch auf meinem Gesicht widergespiegelt haben, weil Lucy hinzufügte: »Ach komm, Sam. Du kannst doch nicht erwarten, dass ein Typ weiß, was er machen muss, damit du einen Orgasmus bekommst. Du musst es dir schon selbst machen. Jedenfalls bis du ihm dann beibringen kannst, was er machen muss.«
Das war mir alles völlig neu.
»Hast du es Jack beigebracht?«, wollte ich wissen. Weil ich nicht glauben konnte, dass Jack jemals jemandem erlaubt hat, ihm etwas beizubringen. Noch nicht einmal Lucy. Ich meine, der Typ denkt,
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