Bleib doch für immer!
mochte er sie. Mehr noch – er fand sie sogar attraktiv, was auf lange Sicht eher problematisch sein konnte.
Drittens führte er im Moment kein nennenswert ausgefülltes Leben, wie Shana ihm unmissverständlich klargemacht hatte – weder privat noch beruflich.
Viertens, und das war vielleicht am wichtigsten: Er brauchte das Gefühl, gebraucht zu werden.
Nachdem er noch eine Weile gegrübelt hatte, fasste er einen Entschluss. Alle Gründe, die er vorgebracht hatte, waren selbstsüchtig gewesen. Es ging immer um ihn, nicht um sie.
Dabei sollte sie die wichtigere Person sein.
Sein Abschied war ziemlich unhöflich gewesen, fast schon beleidigend. Das war sonst gar nicht seine Art. Er würde noch einmal zu ihr gehen und ihr erklären, warum er der Falsche für ihre Zwecke war. Und er wollte ihr raten, nach jemandem zu suchen, der seinen Part in dieser Komödie ganz uneigennützig spielte.
Diesen Rat war er ihr schuldig – und Shana und Julia auch. Seinetwegen sollte die Vermittlungsagentur nicht in einem schlechten Licht erscheinen.
Genau. Deshalb würde er jetzt noch einmal zu Becca Sheridan gehen.
Becca war so ratlos wie zuvor. Sie war keinen Schritt weitergekommen. Und all ihre Erklärungen hatten ziemlich … nun ja, erbärmlich geklungen.
Gavin war ein faszinierender Mann. Und ziemlich integer. Selbst die hohe Summe, die sie zu zahlen bereit war, hatte ihn nicht gereizt. Was eine Menge über ihn aussagte. Er würde den Job nicht nur des Geldes wegen machen.
Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als Eric reinen Wein einzuschenken. Heute Abend konnte sie ihn nicht mehr anrufen, dazu war es zu spät. Aber morgen früh würde sie als Erstes …
Es klingelte an der Tür.
Suki. Sie hatte ganz vergessen, sie anzurufen. Und jetzt würde sie Becca in einem erbarmungswürdigen Zustand antreffen. Selbst mit ihrer besten Freundin wollte sie unter diesen Umständen nicht reden. Aber wahrscheinlich würde Suki die Polizei verständigen, wenn Becca die Tür nicht öffnete, weil sie befürchtete, der „Kandidat“ habe ihr etwas angetan.
Also machte sie auf.
Vor ihr stand Gavin, Entschlossenheit im Blick. Als er Becca sah, runzelte er die Stirn. „Haben Sie geweint?“
Verunsichert sah sie ihn an. Sie fühlte sich miserabel. Bestimmt sah sie noch schrecklicher aus als vorhin. „Wollen Sie darauf wirklich eine Antwort?“
Nachdem er sie ein paar Sekunden lang schweigend angeschaut hatte, änderte sich sein Gesichtsausdruck. Auf einmal wirkte er … resigniert.
„Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre“, begann er. „Sie haben um ihretwillen einen Freund erfunden – damit sie Sie in Ruhe lassen. Aber den Ehemann haben Sie wegen Ihrer Brüder erfunden – damit die sich wieder um ihr eigenes Leben kümmern können.“
Er fasste ihre Gründe viel besser zusammen, als sie es gekonnt hätte. „Ja, genau.“
„Okay. Wenn das so ist, dann mache ich es. Ich verstehe, dass Sie Ihre Brüder, vor allem Eric, glücklich sehen möchten. So, wie ich Sie verstanden habe, haben sie Ihretwegen auf eine Menge verzichtet. Allerdings stelle ich auch ein paar Bedingungen.“
Auf einmal fühlte sie sich unendlich glücklich und erleichtert. „Kommen Sie rein.“
Er folgte ihr, setzte sich aber nicht hin. „Ich kann natürlich nicht am Samstag einfach hier auftauchen und so tun, als wäre ich Ihr Mann. Das würden uns Ihre Brüder nicht abkaufen. Uns bleiben also neun Tage, um glaubwürdig zu werden. Und neun Tage, um das hier alles …“, er machte eine ausholende Handbewegung, „… in Ordnung zu bringen. Ich helfe Ihnen dabei, wenn Sie möchten. Wenn Ihre Brüder glauben sollen, dass Sie in guten Händen sind, muss die Wohnung das widerspiegeln – denn es wirft natürlich auch ein Licht auf mich.“
Einen Moment lang irritierte sie seine dominierende Art. Aber im Grunde wusste sie, dass er recht hatte.
„Ich sage Ihnen gleich, dass ich so etwas noch nie getan habe.“ Um sich von seinen eigenen Problemen abzulenken, kam ihm diese Herausforderung allerdings nicht ungelegen …
„Sie hätten also die ganze Woche Zeit, mir zu helfen? Ich halte Sie nicht von irgendeiner anderen Arbeit ab?“
„Im Moment stehe ich zwischen zwei Jobs.“
Das konnte alles Mögliche bedeuten. Entweder war er gerade gefeuert oder freigestellt worden, oder er hatte gekündigt. Oder er war bei einer Zeitarbeitsfirma unter Vertrag und hatte im Moment keine Aufträge. „In welcher Branche haben Sie denn
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