Bleib nicht zum Frühstück
ihr auf der ganzen Welt noch höchstens ein Dutzend Leute überhaupt verstand.
»Gracie und ich haben bei der Planung des Anbaus eine Menge Spaß gehabt.« Bobby Tom schob sich grinsend seinen Stetson aus der Stirn. Cal fiel auf, daß er ebenso attraktiv wie sein Bruder Ethan wirkte, auch wenn sein Gesicht inzwischen mehr Charakterfalten aufwies als das des Reverends. Trotzdem war er ein verdammt gutaussehender Hurensohn.
»Und hat sie dir auch von der Backsteinstraße erzählt, die ich der kleinen Stadt in West Texas abgekauft habe?
Gracie hat mitbekommen, daß sie die Backsteine durch Asphalt ersetzen wollten, und so bin ich hingegangen und habe die alten Dinger erworben. Es gibt nichts Schöneres als alten Stein. Schau dir unbedingt noch die Rückfront des Hauses an. Sie sieht jetzt zehnmal schöner als vorher aus.«
Bobby Tom redete weiter über alte Backsteine und breite Dielenbretter, als wären dies die aufregendsten Dinge der Welt, während das Baby selig in seiner Armbeuge an seinen Fäusten nuckelte und seinen stolzen Daddy mit großen Augen musterte. Cal hatte das Gefühl, als drücke ihm jemand die Kehle zu.
Zwei Stunden zuvor hatte er zufällig ein Gespräch zwischen dem ehemaligen Außenstürmer und Phoebe Calebow, der Eigentümerin der Stars, mit angehört, das sich ums Stillen drehte! Offenbar war sich B. T. nicht sicher, ob Gracie es auch richtig machte. Er fand, sie nahm die Aufgabe nicht ernst genug. Bobby Tom, der nie etwas anderes als Football ernst genommen hatte, ließ sich des langen und breiten über das Stillen eines Babys aus!
Noch jetzt merkte Cal, daß er bei der Erinnerung daran ins Schwitzen geriet. All die Zeit hatte er gedacht, daß Bobby Tom sich nur äußerlich so zufrieden gab; aber inzwischen mußte er sich eingestehen, daß Bobby Tom es ernsthaft war. Er schien gar nicht zu bemerken, daß etwas nicht stimmte. Die Vorstellung, daß der größte Außenstürmer in der Geschichte des Profi-Footballs sich zu einem Mann gemausert hatte, dessen Leben sich um eine Frau und ein Baby und breite Dielenbretter drehte, war einfach niederschmetternd! Nicht in einer Million Jahren hätte Cal gedacht, daß der legendäre Bobby Tom Denton je seine Glanzzeit vergessen könnte – doch genau das war passiert.
Zu seiner Erleichterung kam Gracie und zog Bobby Tom mit sich fort. Ehe sie allerdings gingen, entdeckte Cal noch den Ausdruck wunschlosen Glücks, mit dem sein Freund seine Frau betrachtete, was in ihm das Gefühl auslöste, jemand hätte ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt.
Er leerte sein Bierglas und redete sich ein, daß er persönlich die Professorin sicher niemals mit einem solchen Blick ansah, aber die Sache war die: er konnte sich nicht sicher sein. Dr. Darlington hatte ihn einigermaßen umgekrempelt, und wer wußte schon, was für einen dämlichen Gesichtsausdruck er an den Tag legte, wenn er in ihrer Nähe war?
Wenn sie ihm wenigstens nicht gesagt hätte, daß sie ihn liebte, wäre ihm jetzt vielleicht nicht so elend zumute.
Warum hatte sie es sagen müssen? Zuerst hatte er sich bei ihren Worten mehr als gut gefühlt. Es hatte etwas Befriedigendes, wenn man die Billigung einer so klugen und lustigen und süßen Frau wie der Professorin fand. Aber dieser Wahnsinn hatte sich gelegt, als er in Telarosa eintraf und Zeuge wurde von Bobby Tom Dentons jetzigem Leben nach einer derartigen Footballkarriere.
Bobby Tom mochte mit all diesem dauerhaften Zeug einverstanden sein, aber für ihn, Cal, kam das niemals in Frage. Es gab nichts, was ihn nach dem Ende des Footballspielens erwartete, keine Wohltätigkeitsvereine, keine ehrliche Arbeit, die ihn interessierte, nichts, was ihm seinen Stolz als Mann garantierte. Was, wie er zugeben mußte, die Crux des Ganzen war…
Wie sollte ein Mann ein Mann bleiben ohne ordentliche Arbeit? Bobby Tom hatte die Denton Stiftung, aber Cal besaß nicht B.T.s kaufmännisches Talent. Statt sein Geld zu mehren, ließ er es einfach hier und da auf ein paar Konten liegen, wo es von alleine Zinsen gab. Er hatte nichts Wertvolles, was ihn nach dem Ende des Sportlerlebens erwartete. Einfach nichts.
Bis auf Jane. Gestern nachmittag, als er sich von ihr verabschiedete, hatte er erkannt, daß sie ihre Beziehung, anders als er, nicht mehr als kurzfristige Notlösung betrachtete. Sie dachte bereits über breite Dielenbretter und mit ihren Monogrammen versehene Badetücher und an einen geeigneten Wohnort für ihr Rentenalter nach. Aber er war noch nicht
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