Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Amsterdam und da ist dann lange viel Betrieb mit Aus- und Einladen und man staunt, was solch Kahn alles birgt.
Ausser dem Wehrmachtsheim bin ich hier in noch kein anderes Lokal gekommen. Ich will jetzt auch wieder etwas sparsamer werden, denn das Herumfahren kostet auch immer zusätzlich und die Frontzulagen fehlen ja auch schon seit Wochen. Ja, kleine Lenimaus, immer näher rückt nun der Tag heran, wo unser Baby in unser Leben tritt; ich bin jeden Tag mit meinen Gedanken bei Dir. Es ist wirklich schade, dass ich jetzt die ganze Zeit nicht bei Dir war, brieflich kann man doch nicht so teilnehmen und freue ich mich ganz riesig auf den Urlaub, der ja nun bloss noch sieben Wochen entfernt ist. Nimm Dich nur immer recht in acht und wühle nicht zu sehr.
Für heute sende ich Dir wieder recht viele Grüße und Küsse und denke ich oft an Dich. Bleib recht gesund und freue Dich mit mir auf unser Kind und auf das nächste Wiedersehen.
Dein Dichliebender Hans.
Leipzig, den 3. Mai 1942
Mein lieber alter Strolch!
Nun ist mal wieder Sonntag und damit ein Brieflein für Dich fällig. Dein Angebot nehme ich an, ich werde keine langen Briefe schreiben, denn ich fange an, mich langsam ungemütlich zu fühlen. Kann nicht lange sitze, stehen, liegen, und es zieht und sticht mir immer jetzt im Leib. Außerdem hat sich das Kind jetzt gesetzt und drückt es jetzt im Unterleib gewaltig. Ich habe nur Angst, daß Du, wenn meine Briefe kürzer werden, Du Deine auch einschränken wirst. Oder nicht? Jedenfalls für Deinen lieben Brief mit Schnürsenkel, der am Freitag früh eintraf, recht herzlichen Dank. Rydbergs Brief kam am Nachmittag und werde ich ihn am Montag auf die Post schaffen, denn meine Kennkarte habe ich am Freitag erhalten. Paß zählt ja nicht mehr. Was hast Du denn alles an Rydbergs geschrieben? Hast Du von unserem eventuellen Zuwachs berichtet? Übrigens war am Donnerstag Tante Anna da, hat sie Dir schon geschrieben? Ich bin ja so froh, daß sich die Sache mit den
50 M geregelt hat. Aber weg konnten sie ja nicht sein. Wer weiß, was für eine Nummer sie geschrieben hat, daß das Geld zurückgekommen ist. Mir jedenfalls fiel ein Stein vom Herzen.
Dein Gehalt kam am vergangenen Mittwoch an. Ich habe 157,70 M bekommen. Ist doch ganz schön, nicht? Außerdem bekomme ich die Woche jetzt von der Kasse 25 M. Nachher wird es aber weniger. Jetzt schreit Grete, ich soll zum Bohnenkaffee trinken kommen. Da will ich nur rennen, sonst wird er alle. So, das war ein Genuß, kleiner Mann, ich will das nur noch richtig genießen, denn hinterher darf ich sowieso keinen mehr trinken. Mit der Wäsche haben wir es soweit geschafft, ich bin wirklich froh. Nur noch plätten, und dann habe ich auch unsere Babywäsche soweit in Ordnung. Kommende Woche will ich nur noch das Bettchen fertig machen; und morgen will ich noch mal in die Stadt die restlichen Dinge kaufen als da sind einige Jüpchen, Gummihöschen, Gummiunterlagen, Roßhaarkissen, Bettinlett (Federn gibt es erst zu Weihnachten, da muß unser Kind eben die erste Zeit nur mit dem Kopfkissen zugedeckt werden). Und dann muß ich noch zwei Nuppel für die Flasche besorgen. Ich will sehen, daß das Kind sonst keinen Nuppel braucht. Sag mal, mit dem Lätzchen sticken, hast Du das wirklich für Ernst genommen? Ich glaube aber, wenn Du mir später, bei dem anderen Dutzend, die Arbeit abnehmen solltest, würdest Du Dich schön bedanken. Aber Papier ist ja auch wirklich geduldig. Aber beruhige Dich, dazu wird es nicht kommen. Zwei Kinder müssen es sein, aber auch erst dann, wenn das erste Kind ungefähr zwei Jahre alt ist. Denn für ein Kind ist es nicht schön, wenn es immer allein ist. Am Freitag habe ich erst alles sauber gemacht, dann zur Polizei, eingeholt und am Abend ins Kino. Zankst Du nicht mit mir, weil ich so oft renne? Aber sieh mal, wenn das Kind da ist, kann ich, solange ich stille, nicht gehen. ‘Die Nacht in Venedig‘ im Astoria. Musik von Johann Strauß und fabelhafte Aufnahmen aus der Lagunenstadt. Nicht schwer und mit großen Problemen, aber wirklich sehr nett und unterhaltend, so wie man es eben jetzt braucht. Gestern war nun Sonntag und haben wir da bis um 10 Uhr geschlafen. Am Nachmittag sind wir dann ein Stück spazieren gegangen, und am Abend ganz eisern Wäsche gestopft. ... Heute früh war ich mit Vater an der Theaterkasse und haben wir Karten für morgen für ‘La Traviata’ geholt. Vater, Mutter und Elli haben 3. Rang 1. Reihe, und Grete und ich 2.
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